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Das alte Königreich 03 - Abhorsen

Titel: Das alte Königreich 03 - Abhorsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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Schrei zu vernehmen, worauf ein Tumult loszubrechen schien – Gebrüll, Geschrei und das Klirren von Säbeln.
    Zitternd öffnete Kerrick das Raketendepot und zerrte eine Leuchtrakete heraus. Die Abschussvorrichtung war auf dem Geländer montiert, und wenngleich er es Hunderte Male geübt hatte, wollte es seinen fahrigen Händen diesmal nicht gelingen, die Rakete einzulegen. Als sie endlich startklar war, zog er zu schnell an der Kordel, um sie zu zünden, so dass er sich die Hände verbrannte, als sie in den Himmel schoss.
    Schluchzend vor Schmerz und Furcht holte Kerrick die nächste Rakete heraus. Hoch über ihm sprühten rote Feuerblüten über den Himmel.
    Kerrick wartete nicht drei Minuten, bis er die nächste Rakete abfeuerte und wieder die nächste.
    Er schoss noch immer Raketen in den Himmel, als die Totenhände durch die Falltür heraufstiegen. Der Nebel umschloss den Leuchtturm nun völlig. Nur Kerrick, seine Raketen und der Lampenraum waren noch über der feuchten, wallenden Masse. Die Nebeloberfläche sah wie fester Boden aus, als könnte man darauf gehen; deshalb überlegte Kerrick nicht lange, als das tote Wesen durch die Glastür stapfte und Hände nach ihm ausstreckte, an denen zu viele Finger waren, die überdies in blutigen fleischlosen Knochen endeten.
    Kerrick sprang, und ein paar Schritte weit schien der Nebel ihn tatsächlich zu tragen. Er lachte schrill, während er lief. Doch er verschwand rasch in der Tiefe. Die Totenhände sahen ihm nach, einem winzigen Funken Leben, der gleich darauf erlosch.
    Doch Kerrick war nicht umsonst gestorben. Die roten Raketen wurden im Süden und Osten gesehen. Und im Lampenraum kam Colonel Drewe zu sich und erhob sich schwankend, als Kerrick in die Tiefe stürzte. Er sah die Toten und legte einer Eingebung folgend den Hebel um, der die Ölzufuhr und den Zünder aktivierte.
    Licht flammte an der Spitze des Leuchtturms auf, tausendfach verstärkt von den besten Linsen, die von den Glasmeistern in Corvere je geschliffen worden waren. Das grelle Licht strahlte nach zwei Seiten und nahm die Toten auf dem Balkon gleichsam in die Zange. Sie kreischten und versuchten ihre verwesten Augen zu schützen. Verzweifelt schaltete der junge Marineoffizier auf das Uhrwerk um und stemmte sich in die Winde, um die Lampe in Drehbewegung zu versetzen. Es war für den Fall konstruiert worden, dass die Mechanik ausfiel, aber nicht, um von einem einzelnen Mann bedient zu werden.
    Verzweiflung und Furcht verliehen ihm die nötige Kraft. Das Licht drehte sich und bannte die Toten in seinem grellweißen Strahl. Es vermochte ihnen zwar nichts anzuhaben, doch sie hassten es, zogen sich zurück und sprangen wie Kerrick hinaus in den Nebel. Im Unterschied zu Kerrick überstanden die Toten den Sturz, obgleich ihre Körper zerschmettert wurden. Langsam richteten sie sich wieder auf und begannen mit gebrochenen, zersplitterten Knochen erneut den langen Aufstieg über die Treppe. Dort oben gab es Leben, und sie gierten zu sehr danach, um sich vom Licht abhalten zu lassen.
     
    Nick erwachte bei Donner und Blitz. Wie jedes Mal in letzter Zeit war ihm schwindlig, und er wusste nicht, wo er sich befand. Der Boden schwankte unter ihm, und er brauchte einen Moment, bis ihm klar wurde, dass er auf einer Bahre lag, die von vier Männern getragen wurde. Normalen Männern, keinem der leprösen Grubenarbeiter, die Hedge seine Nachtmannschaft nannte.
    »Wo sind wir?«, fragte er. Seine Stimme war rau, und er spürte den Geschmack von Blut im Mund. Zögernd betastete er seine Lippen und spürte das verkrustete Blut. »Ich möchte einen Schluck Wasser.«
    »Meister!«, rief einer der Männer. »Er ist wach!« Nick versuchte sich aufzusetzen, hatte aber nicht die nötige Kraft. Er sah lediglich die dunklen Wolken und die Blitze, die irgendwo vor ihnen einschlugen. Die Hemisphären! Jetzt erinnerte er sich wieder. Er musste dafür sorgen, dass die Halbkugeln sicher waren!
    »Die Hemisphären!«, rief er mit einem stechenden Schmerz in der Kehle.
    »Sie sind sicher«, antwortete eine vertraute Stimme. Hedge beugte sich plötzlich über ihn. Er ist größer geworden, dachte Nick verwirrt. Und dünner, irgendwie… auseinander gezogen. Und obwohl es noch vor kurzem so ausgesehen hatte, als bekäme er eine Glatze, hatte er jetzt wieder Haare. Oder war es nur ein Schatten, der über seine Stirn fiel?
    Nick schloss die Augen. Er konnte sich nicht erinnern, wo er sich befand oder wie er hierher gekommen war. Offenbar

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