Das Amulett der Macht
Jäger. »Vor etwa zwei Stunden habe ich außerdem über Funk eine interessante Nachricht erhalten. Scheint, als seien zwei unserer Angestellten ziemlich übel zugerichtet am Tor zum Park aufgetaucht, völlig zerkratzt, weil sie durch Dornensträucher gerannt sind, und fast zu Tode entsetzt. Ich nehme nicht an, dass einer von euch beiden etwas darüber weiß?«
»Warum sollten wir etwas darüber wissen?«, fragte Lara.
Theibolt gluckste ob ihres übertrieben unschuldigen Tonfalls, dann wandte er sich an Oliver. »Wie lange brauchst du den Wagen?«
»Nur ein paar Stunden«, sagte Oliver. »Ich lasse ihn am Flugplatz stehen.«
»Es könnte Stunden dauern, ihn auf dem Parkplatz dort zu finden«, beschwerte sich Theibolt.
»Wilson Airport, nicht Kenyatta.«
»Oh, dann geht’s in Ordnung«, sagte Theibolt. »Weißt du noch, als das der einzige Flugplatz in ganz Ostafrika war?«
»Ja«, sagte Oliver. »Wahrscheinlich gibt’s noch ein paar von uns, die sich daran erinnern.«
29
»Wegen der verdammten Düsenflugzeuge geht dort das Geschäft kaum noch«, sagte Theibolt. »Außerdem gab’s dort auch eine der besten Bars der Stadt. Da konnte man sitzen, ein paar Gin Tonics trinken, während man darauf wartete, dass der Flieger landete, seine Kunden abholen, sie durch den Nairobi-Park fahren, damit sie einen ersten Blick auf das Wild werfen konnten, das sie jagen würden, und dann schaffte man sie zum Norfolk oder zum New Stanley. Jetzt geht’s nur noch um Düsenflieger und Computer und so weiter.« Er schüttelte traurig den Kopf. »Die Zeit hat sich an uns rangepirscht, als wir nicht aufgepasst haben, und uns überholt, Malcolm.«
»So geht es früher oder später jedem«, antwortete Oliver. »Wir haben zumindest noch Arbeit.«
»Aus sechzig Yards Entfernung auf Elefanten zeigen und den Touristen erklären, warum sie nicht hingehen und einen streicheln können«, schnaubte Theibolt. »Ach, na ja, ich lebe in einem Land, das ich liebe, und ich werde bezahlt für das, was ich tue. Macht wohl nicht viel Sinn, mich selber zu bedauern.« Er reichte Oliver einen Schlüsselbund. »Hier, bitte. Es ist der Safariwagen mit den Zebrastreifen.«
»Ich hasse diese Streifen«, sagte Oliver angewidert. »Den Tourführer, der sich das ausgedacht hat, würde ich mir gerne mal vorknöpfen.« Er schnitt eine Grimasse. »Diese Streifen sind einfach durch und durch hässlich. Wenn sie dem Wild überhaupt auffallen, dann rennt es in die andere Richtung.« Er wandte sich an Lara. »Bist du fertig?«
»Ja.«
»Dann lass uns gehen.«
Er führte sie zum Wagen.
»Was ist das da im Heckraum?«, fragte Lara, durchs Fenster ins Wageninnere blickend.
»Sieht wie ein Zelt aus«, antwortete Oliver. Er öffnete die hintere Tür. »Ja, stimmt. Wenn die Ranger es nicht schaffen, vor Einbruch der Dunkelheit zurückzukehren, ist es sicherer, ein Zelt aufzuschlagen, als zu riskieren, bei Nacht mit einem Tier zusammenzustoßen.«
Lara verstaute ihre Pistolen im Rucksack, sie stiegen ein, und zwanzig Minuten später passierten sie das Tor, und der Park lag hinter ihnen. Oliver fuhr nach Süden, in Richtung Nairobi. Als sie noch ein paar Minuten von der Stadt entfernt waren, wandte sich Lara ihm zu.
»Es ist erst halb neun«, sagte sie, »und wir sind aufgebrochen, ohne etwas zu essen. Haben wir Zeit, um irgendwo zu frühstücken?«
»Ja, wir haben ein paar Stunden. Am Wilson Airport ist nie viel los. Die meisten Flieger sind kleine, fünfsitzige Chartermaschinen, und gelegentlich bringt eine DC-3 Touristen zur Masai Mara.« Er hielt nachdenklich inne. »So lange wir Zeit haben, könnte ich dich ja in mein hiesiges Lieblingslokal einladen.«
»Ich dachte, das sei das Carnivore.«
»Ich sagte ›hiesig‹ – damit meine ich, wo ich wohne.«
Kurz darauf waren sie auf der Ngong Road und hielten wenig später vor einem sehr britisch aussehenden Gebäude im Tudorstil.
»The Horseman«, verkündete Oliver und stieg aus dem Wagen. Er zeigte auf ein Geländer an der Vorderseite des Gebäudes. »Das stammt noch aus der alten Zeit, als man nur zu Pferde hierher gelangen konnte. Ich glaube, die Yankees nennen es ›hitchingpost‹.«
Sie betraten das Restaurant. Die Wände waren mit burgunderrotem Stoff bedeckt, und die Vorhänge wurden von Messinghaken offen gehalten. Überall waren Bilder von Pferden zu sehen. Die meisten Gäste waren ausgewanderte Briten, die in dieser Gegend lebten.
»Ein hübsches Plätzchen, wenn man vom
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