Das Amulett der Pilgerin - Roman
Schlüsselcode zu der Liste aus?«, fragte Melchor Thorn, als sie in einem kleinen Gasthaus Rast machten.
»Es ist ein Stück Pergament mit Zahlen und Buchstaben, und wenn man die Namen auf der Liste mit den Buchstaben des Schlüsselcodes vergleicht und sie dann in die richtige Reihenfolge bringt, hat man die echten Namen.«
»Wer hat Sie geschickt, Viviana?«
»Das kann ich Ihnen nicht sagen. Noch nicht«, fügte sie hinzu, als sie sah, dass sich sein Gesicht verfinsterte.
»Wer ist dieser Verbündete in London?«
»Ich kenne seinen richtigen Namen nicht, ich kenne ihn nur unter dem Namen Meister Hektor«, log Viviana. Sie musste Melchor ablenken, ehe er immer weiter Fragen stellte, auf die sie keine Antwort hatte. Zudem kannte sie sich in London nicht gut aus und konnte sich nicht auch noch irgendwelche Adressen ausdenken. Sie saßen im Garten der Schenke. Die Tische und Bänke waren rot gestrichen, genau wie der Zaun, der den Garten von der Straße abtrennte. Es war ein lauschiges Plätzchen, und die Büsche schirmten die Gäste von dem Leben auf der Straße ab. Wo hatte Thorn die Liste versteckt? Die lederne Rolle dürfte noch bei dem Glatzkopf sein. Viviana stand auf, ging um den Tisch herum und setzte sich dicht neben ihn.
»Ich finde es erstaunlich, dass ein so fähiger Mann wie Sie keine Frau hat«, gurrte sie und strich mit dem Zeigefinger über seine Brust. Unter der Jacke fühlte sie etwas Glattes, Festes. Das konnte das Pergament sein. Melchor nahm ihre Hand und drückte seine dünnen Lippen auf ihren Handrücken.
»Wie sieht es mit Ihnen aus, Mademoiselle Viviana? Sind Sie tatsächlich Jungfer oder doch Matrone?«
»Ist das denn wichtig?«
»Sie sind außerordentlich schön, aber ich weiß nicht, ob ich Ihnen trauen soll.«
»Wollen Sie mir denn trauen?« Mit beiden Händen strich sie über seine Brust, die sich etwas heftiger hob und senkte. Er hielt ihre Hände fest.
»Du wirst mich doch nicht betrügen?« Sie sah eine Spur von Misstrauen in seinen Augen. Viviana ging zum Angriff über. Sie antwortete nicht, sondern nahm seine Hände und legte sie auf ihre Brüste. Melchor keuchte. Während er sein Glück noch nicht recht fassen konnte und bemüht war, seiner Erregung nicht augenblicklich nachzugeben, konnte Viviana ihn in Ruhe weiter abtasten. Er hatte etwas um den Hals hängen, das verborgen unter seinem Hemd lag. Die Liste, wenn es denn die Liste war, steckte zwischen Hemd und Jacke auf der linken Seite. Außerdem hatte er einen flachen Dolch an seiner rechten Seite verborgen. Melchors Finger kneteten ihre Brüste. Viviana lächelte und entzog sich Melchor mit einem kleinen Kichern.
»Wir sollten das nicht hier tun. Es könnte jederzeit jemand vorbeikommen.«
Melchor starrte sie an wie ein hungriger Hund seinen Knochen. Er atmete gepresst, und seine harte Männlichkeit drückte sich gegen die Hose. Viviana ordnete ihr Dekolleté.
»Sollten wir nicht aufbrechen?«, fragte sie mit provozierend unschuldigem Augenaufschlag.
»Du Hexe, du machst mich verrückt.«
Es wurde dunkel, und sie hatten London fast erreicht. Viviana zermarterte sich den Kopf, wie sie es anstellen könnte, Melchor zu überführen. Außer Emmitt kannte sie keinen der anderen Männer des Kardinals und wusste außerdem nicht, wie sie mit ihnen in Verbindung hätte treten können. Julian hatte einen Freund in London erwähnt, einen Mann namens Simeon. War auch er ein Agent des Königs?
»Wie kannst du dir so sicher sein, dass der Kardinal deine Geschichte von Julians Verrat glauben wird?«, fragte Viviana.
»Wieso willst du das wissen?«
»Weil ich ihn in Shaftesbury kennengelernt habe und er ein gescheiter Mann ist.«
Melchor Thorn schüttelte den Kopf.
»Der Kardinal ist kein gescheiter Mann?«
»Doch, durchaus. Aber er wird den Tatsachen glauben, und die deuten auf White.«
»Ich kann mir nicht helfen, aber so ein sauberer Kerl wie White wird doch Unterstützung von seinen Freunden haben?«
»Er ist zwar beliebt, aber eher ein Einzelgänger. Ich weiß nicht, ob er Freunde hat.«
»Er hat aber einen erwähnt, einen Simeon.«
Melchor lachte gehässig.
»Ein Bauer ist das. Hat sich hochgeheiratet, und rate mal, wohin?«
Viviana zuckte mit den Schultern.
»In eine Handwerkerfamilie!«
Viviana lachte, obwohl sie nicht wusste, was daran so komisch sein sollte.
»Kann kaum lesen oder schreiben, hat es aber in den Dienst geschafft.«
»Eine Handwerkerfamilie?«
»Simeon Cartwright nennt er sich. Er sollte
Weitere Kostenlose Bücher