Das Amulett der Seelentropfen (Seelenseher-Trilogie) (German Edition)
zurecht. Vielen Dank Sebilia.«
Die prächtige Löwin neigte ihren Kopf und schloss für einen kurzen Moment ihre bernsteinfarbenen Augen. Dann war sie mit einem eleganten Satz von der Wurzel gesprungen und auch schon in dem hohen Gras verschwunden. Ich versuchte ihr noch mit den Augen zu folgen, aber bereits nach wenigen Minuten hatte ich sie verloren. Hier gab es kein Alleinsein. Nichts stand oder ging alleine, alles gehörte zusammen. Alles bildete erst das Ewige Tal. Ich brauchte Unmengen an Zeit um mich loszueisen, aber schließlich siegte meine Neugier und die tiefe Entschlossenheit das Amulett zu finden. Erst jetzt bemerkte ich die Öffnung im Stamm des Baumes. Es sah aus wie ein Riss, der bewusst und dennoch auf natürliche Weise entstand. Vorsichtig trat ich in das Innere des Baumes. Er war hohl. Ich stand in dem Inneren eines Baumes, in dem bequem neun Einfamilienhäuser Platz gehabt hätten.
Dieses Tal und dieser Baum waren definitiv nicht von dieser Welt. Ich war umgeben von dem frischen Geruch des Holzes und erkannte auch jedes Muster, das sich unter meinen Füßen und um mich herum erstreckte. Um die Jahresringe zu zählen, würde man vermutlich Jahre brauchen. Das Alter des Baumes war wahrscheinlich nicht einmal mit einer Zahl zu beschreiben.
Langsam schritt ich durch den Raum, bis ich verwundert stehen blieb, als mein Blick auf eine Art Holzrampe fiel, die sich langsam aber sicher in die Höhe schraubte. Es war der einzige Weg, der außer der Öffnung hinter mir, aus diesem Raum hinaus führte. Ich folgte der Rampe und bemühte mich, nicht über den Rand zu sehen. So genau musste ich nicht wissen, wie tief ich fallen könnte. Wieder schien die Zeit nicht den üblichen Regeln zu folgen. Es hätte ein Tag sein können oder nur wenige Sekunden, die ich brauchte, bis ich in den nächst- höheren Raum kam. Er war nicht größer als der letzte, aber etwas unterschied ihn ganz massiv.
Ich spürte eine ungeahnte Unruhe in mir aufsteigen. Mein Herz pochte immer schneller gegen meine Rippen und wurde zu einem unüberhörbaren Dröhnen in meinen Ohren. Ich spürte, wie etwas an meiner Seele zerrte. Unwillkürlich glitt ich in die Seelensicht, um zu überprüfen, dass meine Seelenenergie noch war, wo sie hingehörte. Das war sie, aber ihre Farbe hatte sich geändert. Es war nicht mehr das reine vertraute Blau. Es war ein wildes Durcheinander von Farben. Ich dachte jede erdenkliche Farbnuance erkennen zu können und selbst welche, für die ich keinen Namen hatte. Noch stand ich am Ende der Rampe und sah nur verwirrt in den Raum und dann wieder an mir herunter. Vorsichtig tat ich einen Schritt vor und mit einem Mal war ich umgeben, von schwirrenden, blassen Gestalten. Es waren keine Seelengeister. Da war ich mir sicher.
Sie strahlten nichts halbwegs Lebendiges mehr aus. Ihre Gesichter waren alle auf mich gerichtet, dennoch war ich mir sicher, dass sie mich nicht sahen. Nicht direkt. Unbeholfen lief ich langsam weiter in den Raum hinein. Die Wesen wichen zur Seite, sobald ich einem von ihnen zu nahe kam. Sie bildeten eine Gasse, die nur einen einzigen Weg zuließ. Den Weg direkt zum Zentrum des Raumes. Erneut blieb ich stehen, als ich eine winzige hölzerne Säule erkannte. Sie war umgeben von einem bunten Flirren, das nicht eine einzige Lücke aufwies. Die Säule und die bunte Lichtkugel, die sie umgab, zogen mich wie in einem Bann immer weiter zu sich heran.
Ich versuchte die Gesichter um mich herum zu erkennen, denn ich hatte das unerklärliche Gefühl jeden Einzelnen von ihnen zu kennen. Sie waren keine Seelengeister, das hatte ich ja schon festgestellt, aber jeder von ihnen war irgendwann mal real gewesen. Sie waren Erinnerungen. Erinnerungen der Seelengeister meiner Vorfahren. Mitglieder des Ordens. Und wie es aussah, Hüter des Amuletts. Denn das würde ich auf der Säule finden.
Das Amulett der Seelentropfen. Es war nur wenige Meter von mir entfernt. Wenige Momente. Wenige Atemzüge, dann würde ich meine Hand um den einen Gegenstand legen, in den ich all meine Hoffnungen setzte. Vor der bunten, flirrenden Lichtkugel blieb ich stehen. Für einen Moment wusste ich nicht, was ich tun sollte. Die Augen meiner Vorfahren bohrten sich in meinen Rücken und warteten auf das Bevorstehende. Ich konnte bereits die Umrisse des Amuletts erahnen. Mehr ließ die Lichtkugel nicht zu. Vorsichtig und nicht ganz sicher, ob es das Richtige war, streckte ich meine rechte Hand aus und berührte die flirrende Kugel. Ein
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