Das Amulett der Seelentropfen (Seelenseher-Trilogie) (German Edition)
die winzigen roten Punkte mehr. Mit jedem schien sich auch mein Herzschlag zu beschleunigen.
Ich fühlte mich an die rote Welle erinnert, die Keira und mich in Solem überrannt hatte. Dieses Mal würde aber Keira nicht hier sein, um sich selbst zu opfern. Ich musste durch die Mauer brechen, bevor sie sich schloss und den Ring um mich immer enger zog.
»Janlan, was sagst du mir nicht?«, erklang Craigs vorwurfsvolle Stimme von dem Sitz hinter mir. Ich biss mir auf die Lippen und suchte in meinen Gedanken nach einer ausweichenden Antwort. Er würde es nicht gutheißen, wenn ich wissentlich in einen brennenden Ameisenhügel hinein fuhr.
»Nun ja…«, setzte ich zögernd an. »Der Zirkel weiß wohl auch von der Wintersonnenwende… Es sind einige Seelenjäger in der Nähe.«
Craig hob misstrauisch eine Augenbraue hoch und sah mich weiter unverwandt vorwurfsvoll an.
»Gibt es etwas, das ich sagen kann, damit du umkehrst?«
Er kannte meine Antwort schon und hatte sie gewusst, bevor er überhaupt seine Frage gestellt hatte.
»Ich habe keine andere Wahl, das weißt du. Und außerdem, noch haben sie mich nicht entdeckt. Vielleicht kann ich ja unbemerkt an ihnen vorbei.«
»Glaubst du, dass das eine gute Idee ist?«
Ich zuckte mit den Schultern.
»Es ist immer noch besser, als durch eine Welt der lebenden Toten zu wandern. Craig, du weißt doch, was passiert, wenn ich es nicht wenigstens versuche. Anscheinend ist das, was ich hier gerade mache, die Aufgabe, auf die meine Familie seit Generation hinarbeitet. Irgendwas an mir ist anders und deshalb kann nur ich das Amulett benutzen. Ich weiß vielleicht noch nicht wie, aber ich finde einen Weg. Ich muss. Ich bin dafür geboren. Und wenn es zu gefährlich wird, möchte ich, dass du gehst. Hast du verstanden, Craig? Ich möchte, dass du gehst, wenn auch nur irgendwo der Schatten eines Seelensammlers auftaucht. Okay?«
Ich sah ihn streng im Rückspiegel an und wartete auf seine Proteste. Sie kamen sofort. Geduldig ließ ich sie alle über mich ergehen und sagte dann nur, »Du gehst, wenn ein Seelensammler auftaucht. Egal wohin, aber du gehst.«
Die silbrig-blaue Gestalt seufzte schließlich und ich wusste, dass ich gewonnen hatte. Ich wagte es nicht mehr, die Seelensicht zu verlassen. Damit ging ich zwar das Risiko eines Unfalls ein, aber blind in ein Nest voller Hornissen zu fahren, war nicht wirklich besser. Mehr als einmal musste ich von meiner Straße abweichen, um den Anhängern des Zirkels auszuweichen. Umwege, die ich als Raub meiner Zeit betrachtete. Je länger ich hatte, um auf der Spitze herauszufinden, was ich tun musste, umso besser konnte es nur für mich sein. Der Zirkel schien diese Gleichung aber ganz und gar nicht zu mögen. So kam es, dass ich für einen Weg, der normalerweise nur noch zwei Stunden gedauert hätte, ganze fünf in Anspruch nahm.
Ich fluchte mehr als einmal, als eine erneute Ansammlung von Jägern mich zu einer Änderung zwang. Der Berg Alverall ragte wie der Urahne aller Berge in den Himmel. Er war weitaus beeindruckender als die unheimlichen Berge Turians. Ich hatte die Sonne bereits hinter mir gelassen und war in den Schatten des Berges eingetaucht. Ich war dem Berg so nahe, dass ich schon die Struktur im Fels sehen konnte. Sie war weicher und ganz anders als die von den Turian Bergen. Der Fels war heller und schien mehr Brauntöne zu enthalten. Auch glänzten die Stellen, die tatsächlich von der Sonne berührt wurden, seltsam vertraut. Sie erinnerten mich entfernt an das Licht das Craig umgab. Es war die reinste Slalomfahrt, jedem Jäger auszuweichen. Dennoch gelang es mir irgendwie.
Als es gerade mal sechs Uhr war, erreichte ich die mehr als baufällige Straße, die sich langsam aber stetig den Berg Alverall hinauf wandte. Ich konnte nicht am Fuß des Berges auf den nächsten Tag warten, dazu waren mir viel zu viele Anhänger des Zirkels in der Nähe. Auch wenn ich es bis jetzt geschafft hatte ihnen zu entkommen, war das keine Garantie, dass sie so dumm waren und ein parkendes Auto übersahen. Der Berg thronte bedrohlich über mir, als ich den Wagen langsamen den Weg hinauf quälte. Es würde wohl kein Auto geben, das eine solche Steigung so einfach bewältigte. Mehr als einmal stotterte der Wagen und drohte auszugehen. Ich war in diesen Momenten mehr als froh, dass es auch noch die Handbremse gab. Der Weg war so schmal und ungeschützt, dass ein entgegenkommendes Fahrzeug eine undenkbare Katastrophe gewesen wäre. Auch
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