Das Amulett der Seelentropfen (Seelenseher-Trilogie) (German Edition)
zurück.
»Genau! Du hast nicht nachgedacht! Du denkst viel zu oft nicht nach.«
Langsam reichte es.
»Keira, bitte kannst du mich morgen oder übermorgen weiter anschreien?«
Anschreien war übertrieben, aber dennoch, ich wollte das Gespräch nicht weiterführen. Ich verstand kaum, was sie als Nächstes murmelte.
»Lenster hatte recht gehabt. Ich hätte das nicht erlauben dürfen. Ich hätte es ahnen müssen…«
Ich musste unbedingt dahinter kommen, was sich in Keira verändert hatte. Sie war schon immer auf eine Art und Weise meine Beschützerin gewesen, aber ihr Verhalten hatte sich in der letzten Woche in eine übertriebene Form entwickelt. Lenster erwartete uns am Rand der Lichtung. Am liebsten hätte ich ihn angebrüllt und gesagt, er solle verschwinden, aber das schien mir keine gute Idee zu sein. Außerdem konnte ich im Moment eh nicht schreien. Ich grummelte nur etwas Unverständliches, um meinem Verdruss Ausdruck zu verleihen. Keira zog eine Augenbraue hoch und sah mich vorwurfsvoll an. Ich wollte ihr die Zunge rausstrecken, aber auch das war nicht angebracht.
»Ihr seid zurück.«
Schlauer Luchs, dachte ich bissig. »Wie ich sehe, gab es einen Zwischenfall. Ihr hättet sie ihr nicht folgen lassen dürfen, Keira Kanterra.«
Jetzt reichte es aber.
»Das war nicht Keiras Entscheidung!«
Ich zischte wie eine Schlange und funkelte ihn wahrscheinlich genauso giftig an.
»Janlan«, rief mich Keira leise zur Vernunft. »Lass gut sein.«
Von wegen.
»Nein, lasse ich nicht.«
Lenster unterbrach unser leises erneutes Streitgespräch. »Ich wollte euch nicht aufregen, Janlan Alverra. Verzeiht.«
Jetzt entschuldigte er sich. Und es nervte, dass er immer meinen Familiennamen sagte. Wäre ich mir nicht so sicher gewesen, dass Lenster noch Einiges wusste und uns helfen konnte, wäre ich in meinen Mustang gestiegen. Ich fixierte den Luchs zornig.
»Lenster, ich glaube, du weißt noch viel mehr als du uns erzählt hast.«
Es war eine unausgesprochene Aufforderung, uns freiwillig zu erzählen, was er bis jetzt verschwieg.
»Jetzt ist nicht die Zeit.«
Was! Dieser kleine… ich überlegte mir die schönsten Schimpfwörter, behielt sie aber alle für mich.
»Janlan, er hat recht. Du solltest erstmal etwas essen und dich aufwärmen. Du zitterst immer noch.«
Jetzt wo sie es sagte, fiel es mir auch auf. Das musste uns ja alles so kurz vorm Herbst passieren. Vor ein paar Wochen war der Boden sicher noch schön trocken gewesen.
»Na schön.«
Brummte ich mehr, als dass ich die Wörter richtig aussprach. Ich ließ mich von Keira zum Mustang führen und kuschelte mich unter unsere beiden Schlafsäcke auf die Rückbank, während Keira das Zelt aufbaute.
»Ich kann dir helfen«, bot ich erneut an.
Keira winkte nur ab.
»Bleib einfach mal, wo du bist und, wo ich dich im Auge behalten kann.«
Okay, dann half ich ihr halt nicht. Von mir aus. Ich tat so, als würde ich schlafen. Ich hatte keine Lust auf einen erneuten blöden, unnötigen Streit, und der würde ansonsten gleich kommen. Ab und zu durchfuhr mich eine Erinnerung an den Schmerz. Ich zuckte dann unwillkürlich zusammen, als würde ich ihn erneut durchleben. Jedes Mal erntete ich einen besorgten Blick von Keira. Es schien, als hätte ich die Berührung doch noch nicht ganz abgeschüttelt. Ich wusste, dass Keira sich die Schuld an meinen Schmerzen im Wald gab und jetzt erst recht an denen, die mich noch heimsuchten. Ich versuchte fortwährend es zu verhindern, aber das gelang mir so gut wie nie. Noch ein Grund mehr mich schlafend zu stellen, dann konnte ich ihren besorgten und schuldbewussten Blicken ausweichen. Ich war tatsächlich eingeschlafen, denn Keira weckte mich sanft.
»Janlan, wie geht es dir?«
Das war sicherlich nicht der Grund, warum sie mich weckte. Wenn doch, war ich sauer.
»Gut.«
Ich lächelte sie an, und hoffte, dass sie wie durch ein Wunder diese absolut durchsichtige Lüge glauben würde. Sie glaubte sie natürlich nicht. Allerdings sagte sie nichts dazu und ließ es so stehen.
»Ich hab dir eine Suppe warm gemacht.«
Gut, das ich im Keller so viel Dosenessen gefunden hatte.
»Danke.«
»Ich bring sie dir. Im Auto ist es wärmer.«
Bevor ich auch nur sagen konnte, dass mir nicht mehr kalt war und ich durchaus rauskommen konnte, war Keira schon verschwunden. Sekunden später stand sie mit einer dampfenden Schüssel vor mir und reichte mir dazu einen Löffel.
»Lenster ist bereit, einige deiner Fragen zu beantworten.
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