Das Amulett der Zauberin: Roman (German Edition)
Anteil daran wie jeder andere auch. Sie war ein Rädchen im Getriebe, und nach allem, was sie wusste, war es ihre Pflicht als Rädchen, die Macht, mit der sie geboren worden war, einzusetzen, um Allison zu helfen. Vielleicht war es ihre Aufgabe, den Fehler eines anderen Rädchens zu beheben. Wenn sie den Mut dazu fand.
Sie erinnerte sich an das, was Gran darüber gesagt hatte, dass die Prophezeiung nur eine Möglichkeit war, dass man immer eine Wahl hatte. Auch hier musste sie eine Wahl treffen.
Sie bekam Kopfschmerzen. Und die Zeit lief ihr davon. Wenn sie etwas unternehmen wollte, sollte sie es besser bald tun. Eve schien es, als sollte jemand, der um einiges weiser und erfahrener war als sie, diese Entscheidung treffen, aber außer ihr war niemand da. Ihre Stimme war die einzige, die zählte, und sie stimmte dafür, Allison die Chance zu geben, die sie verdiente.
Nachdem sie ihre Entscheidung getroffen hatte, verdrängte Eve alle weiteren Gedanken und konzentrierte sich auf das Licht über Dr. Abrams linker Schulter, bis sie nichts anderes mehr wahrnahm.
Als ihre Gedanken sich beruhigt hatten, beschwor sie vor ihrem inneren Auge das Bild von Allison, wie sie auf dem Foto in ihrem Büro aussah. Bewusst langsam füllte sie ein Detail nach dem nächsten aus, bis das Bild in ihrem Kopf so nah wie nur irgend möglich an dem war, wie Allie an diesem Tag ausgesehen haben musste. Das Kinn erwartungsvoll gehoben, ihre Wangen vom Lachen gerötet. Als sie das Bild fest im Kopf hatte, sammelte Eve ihre Macht tief in sich und ließ sie frei, um sie zu Allison zu schicken. Sofort fühlte sie eine Veränderung in der Luft zwischen ihnen.
»Bin das nur ich, oder wird es hier drin warm?«, fragte Allison und bewies damit, dass auch sie etwas spürte. Es war das erste Mal, dass sie sprach, seit der Arzt seine Arbeit begonnen hatte, und ihre Stimme zitterte.
»Das sind nur deine Nerven, Liebes«, beruhigte sie ihre Mutter. »Versuch, dich zu entspannen.«
»Hör immer auf deine Mutter«, zog Dr. Abrams sie auf, ohne die Augen von den Verbänden abzuwenden. »Und wage es nicht, mir in Ohnmacht zu fallen.«
»Das werde ich nicht«, versprach Allison. »Ich habe mich nur eine Sekunde lang seltsam gefühlt. Ich nehme an, ich bin doch ein wenig nervös.«
»Das ist normal«, versicherte ihr der Arzt. »Denk nur daran, worüber wir gesprochen haben. Heute ist nur der nächste Schritt auf einem langen Weg. Wir erwarten nicht, Perfektion unter diesen Verbänden zu finden, nur einen Fortschritt. Es mag Dinge geben, die wir anpassen müssen, oder vielleicht sogar neu machen.« In leichterem Tonfall fügte er hinzu: »Mach dir keine Sorgen. Ich habe jede Menge Zaubertricks im Ärmel.«
Damit sind wir schon zu zweit, dachte Eve trocken.
»Eve?«
»Ich bin hier, Allison.«
»Würde es dir etwas ausmachen … könntest du meine Hand halten?« Sie hielt ihre Hand mit der Handfläche nach oben über den Behandlungstisch.
»Natürlich.« Eve nahm ihre Hand und fühlte, wie die körperliche Berührung den unsichtbaren Energiefluss verstärkte. Ihre Konzentration war klar und stark und rein. Ihr einziger Wille war, ihre Macht einzusetzen, um die natürliche Ordnung der Dinge wiederherzustellen.
Lass wieder sein, was einst war, dachte sie wieder und wieder.
Die Worte waren gleichzeitig einfach und bedeutungsschwer. Sie konnte nicht alles zurückholen, was Allie verloren hatte. Sie konnte ihr nicht geben, was sie sich am meisten wünschte. Sie konnte Cassie nicht zurückholen. Das Beste, was sie ihr geben konnte, war ein wahres Bild von sich selbst – und ihrer Schwester –, wenn sie in einen Spiegel sah, und den Seelenfrieden, den es ihr in den kommenden Tagen und Jahren vielleicht bringen würde.
Im Raum herrschte Schweigen. Jeder war sich der Bedeutung der nächsten paar Augenblicke bewusst. Beiläufiges Geplauder wäre unpassend gewesen.
Schließlich hob Dr. Abrams die Kompresse auf Allisons Stirn, und ließ sie in die stählerne Schale neben sich fallen. Er stand sehr still und blinzelte ein paar Mal. Dann tauschten er und die Krankenschwester an seiner Seite einen Blick, der alles hätte bedeuten können.
Allison bemerkte es ebenfalls. »Was?«, verlangte sie zu wissen. »Was ist los? Stimmt etwas nicht?«
»Überhaupt nicht«, versicherte Abrams ihr. »So weit, so gut.«
»Halt still, Allie«, wies die Krankenschwester sie an.
Danach arbeitete er schneller. Wahrscheinlich gespannt, zu erfahren, was unter den
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