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Das Anastasia-Syndrom

Titel: Das Anastasia-Syndrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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wurde, zu qualmen angefangen haben. Es könnte immerhin möglich sein, daß wir einen Schnappschuß von demjenigen bekommen, der sie gerade am Denkmalssockel deponiert.«
    »Hoffentlich. Die Fotos von den blutüberströmten Kindern waren herzzerreißend.« Um ein Haar hätte Judith gesagt, daß sie sich dadurch an ihre Halluzinationen von dem Kind, das in einen Luftangriff geraten war, erinnert fühlte, hielt aber den Mund. Es fiel schwer, dem Mann, den sie so sehr liebte, zu verschweigen, daß sie glaubte, ihre wahre Identität herausgefunden zu haben.

    Es gab ein sicheres Mittel, ihr Geheimnis zu wahren. Sie rückte dicht an ihn heran und umarmte ihn.

    Deputy Assistant Commissioner Philip Barnes war Leiter der Anti-Terror-Abteilung von Scotland Yard. Ein schmächtiger, leise sprechender Endvierziger mit gelichtetem braunen Haar und haselnußbraunen Augen, glich er mehr einem Landpfarrer als einem höheren Polizeibeamten. Seine Leute hatten rasch mitbekommen, daß die sanfte Stimme schneidend scharf werden konnte, wenn sie wegen eines geringfügigen Vergehens oder eines haarsträubenden Fehlers heruntergeputzt wurden. Trotzdem empfanden sie nahezu ehrfürchtigen Respekt vor Barnes, und manche besaßen sogar den Mut, ihn aufrichtig zu mögen.
    An diesem Morgen war Commissioner Barnes einesteils auf-gebracht, andernteils zufrieden. Aufgebracht darüber, daß die Terroristen sich ausgerechnet ein so sinnloses Objekt wie das Reiterstandbild ausgesucht und obendrein einen Tag gewählt hatten, an dem es dort von Schulkindern und Touristen wimmelte; zufrieden, weil niemand getötet oder verstümmelt wurde.
    Außerdem war er auch frustriert. »Für die Libyer oder Iraner bringt es doch nichts, wenn sie sich auf die Statue stürzen«, meinte er. »Wenn die IRA ein Denkmal in die Luft jagen wollte, hätte sie sich Cromwell vorgeknöpft. Der war es doch, der ihr Land kujoniert hat, nicht der arme, alte Karl.«
    Seine Leute schwiegen – sie wußten, daß er keine Antwort erwartete.
    »Wie viele Fotos sind eingegangen?« erkundigte er sich.
    »Dutzende«, erwiderte Commander Jack Sloane, sein ranghöchster Assistent. Sloane war ein ziemlich farbloser Typ: lang und dünn, rotblond, hellblaue Augen, wetterfeste Haut des akti-ven Sportlers. Bruder eines Baronet und eng befreundet mit Stephen. Bindon Manor, der Landsitz seiner Familie, lag zehn Kilometer von Edge Barton entfernt. »Einige müssen noch entwik-kelt werden, Sir. Das geschieht gerade. Außerdem haben wir noch das Videoband, Sie können es sich jederzeit ansehen.«
    »Wie stehen die Ermittlungen wegen des Sprengstoffs?«
    »Vielleicht haben wir da bereits einen Hinweis. Der Aufseher eines Steinbruchs in Wales hat das Gelände nach einem fehlen-den Quantum Gelatinedynamit abgesucht.«
    »Wann hat er gemerkt, daß es abhanden gekommen ist?«
    »Vor vier Tagen.«
    Das Telefon läutete. Die Sekretärin von Commissioner Barnes hatte Anweisung, keine Anrufe durchzustellen, mit einer Ausnahme. »Sir Stephen«, sagte Barnes, bevor er den Hörer ab-nahm.
    Rasch informierte er Stephen über das fehlende Gelatinedynamit, die von Touristen aufgenommenen Fotos, das Videoband.
    »Wir wollen es uns jetzt ansehen, Sir. Ich berichte Ihnen, wenn sich irgendwelche Anhaltspunkte ergeben sollten.«
    Fünf Minuten später ließen sie sich in dem verdunkelten Raum das Band vorführen. Sie hatten das übliche unzulängliche Produkt eines Amateurfotografen erwartet und waren angenehm überrascht, einen klaren, scharf eingestellten Ausschnitt zu sehen. Das Panorama von Trafalgar Square. Die bereits niederge-legten Kränze und Blumensträuße.
    »Stop«, befahl Sloane.
    Der routinierte Vorführer hielt den Film sofort an.
    »Gehen Sie ein oder zwei Bilder zurück.«
    »Was sehen Sie denn?« erkundigte sich Commissioner Barnes.
    »Die Rauchfahne. Als dieses Bild aufgenommen wurde, war die Sprengladung bereits da.«
    »Verdammter Mist, daß die Kamera die Person und den Tat-hergang nicht mehr erwischt hat!« schimpfte Barnes. »Na schön.
    Weitermachen.«

    Die Schulkinder. Die Touristen. Die beiden Schüler, die den Kranz tragen. Die anfänglichen Hemmungen beim Rezitieren des Gedichtes. Der Polizist, der zum Denkmal rast, die Kinder zurückdrängt.
    »Der Polizist sollte für das Georgskreuz vorgeschlagen werden«, murmelte Barnes.
    Die sich zerstreuende Menge. Die Detonationen. Die Kamera-schwenks.
    »Anhalten.«
    Wiederum stoppte der Vorführer die Kamera und ließ den Film

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