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Das Anastasia-Syndrom

Titel: Das Anastasia-Syndrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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zivilisierter Staat die Todesstrafe abschaffen, wäre das endgültig, aber der heutige Tag hat zweifellos bewiesen, daß sie unerläßlich ist. Ich halte sie für ein Abschreckungsmittel.«
    »Vermutlich werden dir viele zustimmen, doch ich kann es leider nicht. Der Gedanke an Hinrichtung läßt mir das Blut in den Adern gefrieren.«
    »Vor zehn Jahren war ich genau der gleichen Meinung«, entgegnete Stephen ruhig. »Jetzt nicht mehr. Nicht wenn das Leben so vieler Unschuldiger ständig in Gefahr ist. Ich muß gehen, Darling. Ich will versuchen, daß es nicht zu spät wird.«
    »Du kannst jederzeit kommen, ich warte.«

    Reza Patel und Rebecca Wadley wollten gerade essen gehen, als das Telefon im Sprechzimmer klingelte. Rebecca nahm ab.
    »Miss Chase, wie schön, Ihre Stimme zu hören. Wie geht es Ihnen? Der Doktor sitzt neben mir.«
    Patel drückte automatisch auf die Knöpfe für die Konferenzschaltung und die Bandaufzeichnung. Gemeinsam mit Rebecca hörte er Judith zu, als sie von ihrer Entdeckung berichtete. »Ich brannte darauf, das loszuwerden«, sagte sie glücklich, »und dabei wurde mir klar, daß Sie und Rebecca die einzigen sind, die über mich Bescheid wissen und verstehen können, was da geschehen ist. Sie haben ein Wunder vollbracht, Doktor. Sarah Courtney Parrish. Ein sehr hübscher Name, finden Sie nicht?
    Mit den Geburtsurkunden bekomme ich auch eine Adresse. Ist es nicht unglaublich, daß Polly meine Zwillingsschwester war?«
    »Sie entwickeln sich zu einem hervorragenden Detektiv«, bemerkte Patel in bemüht heiterem Ton.
    »Recherchen«, lachte Judith. »Mit der Zeit lernt man, Spuren zu verfolgen. Aber ich muß die Sache jetzt ein paar Tage auf-schieben. Morgen muß ich unbedingt an der Schreibmaschine bleiben, und dann möchte ich mir eine Ausstellung in der National Portrait Gallery anschauen, mit einer Menge Bildern vom Hof Karls I. Dürfte interessant sein.«
    »Um welche Zeit werden Sie dort sein?« fragte Patel schnell.
    »Ich habe nämlich auch vor, sie zu besichtigen. Vielleicht könnten wir eine Tasse Tee miteinander trinken.«
    »Sehr gern. Paßt es Ihnen 15 Uhr?«
    Als er den Hörer auflegte, sprudelte Rebecca heraus:
    »Was hat es für einen Sinn, sich mit ihr in der Galerie zu treffen?«
    »Ich habe keinen Grund, sie noch einmal herzubitten, und möchte sehen, ob ich bei ihr irgendeinen Hinweis auf eine Persönlichkeitsveränderung entdecke.«

    Judith zog einen pfirsichfarbenen seidenen Hausanzug und passende Slipper an, löste den Nackenknoten, bürstete sich das Haar, damit es locker auf die Schultern fiel, legte frisches Make-up auf und besprühte die Handgelenke mit Joy Eau de Cologne.
    Sie machte sich einen Salat und Rühreier, kochte eine Kanne Tee und stellte alles auf das unvermeidliche Tablett. Sie aß geistesabwesend, während sie das Exposé für das nächste Kapitel skizzierte. Um 21 Uhr stellte sie eine Käseplatte, Crackers und Kognakschwenker bereit und setzte sich dann wieder an den Schreibtisch.
    Stephen erschien um 23 Uhr 15. Sein Gesicht war ganz grau vor Müdigkeit. Schweigend schloß er sie in die Arme. »Mein Gott, tut das gut, hier zu sein.«
    Judith massierte ihm die Schultern, während sie ihn küßte.
    Dann gingen sie eng umschlungen zu der mit kastanienbraunem Damast völlig überpolsterten Couch, die Lady Beatrice Ardsley offensichtlich hoch in Ehren hielt. Eine alte Decke war schützend darüber gebreitet und überall festgestopft, um das Pracht-stück zu schonen. Judith schenkte Kognak ein und reichte Stephen sein Glas. »Ich finde, ich sollte diese uralte Decke wirklich zu Ehren des künftigen Premierministers herunternehmen und darauf bauen, daß du nicht die Beine hochlegst und Lady Ardsleys kostbares Möbel entweihst.«
    Sie wurde mit dem Anflug eines Lächelns belohnt. »Vorsicht.
    Wenn ich die Augen zumache, verbringe ich garantiert die Nacht zusammengerollt auf dem guten Stück. Der Tag hatte es wirklich in sich, Judith.«
    »Wie ist die Besprechung mit Scotland Yard gelaufen?«
    »Zufriedenstellend. Zum Glück hat ein japanischer Tourist seine Videokamera laufen lassen, und wir kriegen den Film.
    Außerdem haben viele dort geknipst. Über die Medien ist die Aufforderung ergangen, sämtliche Bilder einzureichen. Es wird eine beträchtliche Belohnung ausgesetzt, falls eines davon zur Verhaftung und Verurteilung des Täters verhilft. Es gibt nämlich einen glücklichen Umstand: Die Sprengladung muß ein bis zwei Minuten, nachdem sie versteckt

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