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Das andere Ende der Leine: Was unseren Umgang mit Hunden bestimmt (German Edition)

Das andere Ende der Leine: Was unseren Umgang mit Hunden bestimmt (German Edition)

Titel: Das andere Ende der Leine: Was unseren Umgang mit Hunden bestimmt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia B. McConnell
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kleinen Söhne der Familie liebte und der Star der Hundeschule war. Sicher reagieren viele Hunde nicht aggressiv auf harsche Bestrafung und Bedrohung, aber der Rat, den man Scooters Besitzern gegeben hatte, machte seine Verteidigung von Gegenständen nur schlimmer und führte letzten Endes zu seiner Tötung. Das Traurigste an diesem Fall ist, dass Hunde, die Gegenstände verteidigen, aber ansonsten sanft und freundlich sind, mit einer extrem hohen Erfolgsrate behandelt werden können. Die meisten drei Monate alten Welpen lernen schnell, brav herzugeben, was sie gerade im Fang haben. Wenn sie begreifen, dass sie anschließend etwas besonders Tolles bekommen, wenn man ihren »Schatz« haben möchte, lernen sie schnell, sich auf den Handel einzulassen. Nach ein paar Monaten Training mit positiver Bestärkung und ohne Gewalt geben so gut wie alle Hunde auf Kommando jeden beliebigen Gegenstand her, egal ob Sie ein Leckerchen in der Hand haben oder nicht. Ich belohnte einmal einen fünf Monate alten Border Collie dafür, dass er mir ein halbverwestes Kaninchen hergab, indem ich ihm das Ding für ein paar Minuten wiedergab. Die zuschauenden Besitzer waren angeekelt, aber die Hündin war beeindruckt und vertraute mir von diesem Moment an.
    Ich wünschte, Geschichten wie die von Scooter oder Chester wären selten, aber sie sind es leider nicht. Genau wie man Menschen beigebracht hat »Wer sein Kind liebt, hält es unter der Rute«, so hat man ihnen auch jahrelang erzählt, dass sie »Herr über ihren Hund sein müssen«, und das bedeutete nur zu oft, aggressiv zu sein. Selbst die Mönche von New Skete, deren Buch How to be Your Dog’s Best Friend (Dt.: Wie Sie der beste Freund Ihres Hundes werden) mich und mindestens eine Million weiterer Menschen inspiriert hat, empfehlen Hundebesitzern, sich wie Wölfe zu benehmen und »Alphawürfe« anzuwenden – Hunde auf den Rücken zu werfen, um sicherzustellen, dass sie den Mensch als Leittier anerkennen. Der Hauptautor des Buches, Job Michael Evans, sagte später, dass er diese Empfehlung heute zutiefst bedaure.
    Gut sozialisierte, gesunde Hunde nageln andere Hunde nicht auf den Boden fest. Unterwürfige Individuen nehmen diese Haltung von selbst ein. Die Haltung ist ein Signal von einem Tier ans andere, eine Beschwichtigungsgeste, nicht das Ergebnis eines Ringkampfmanövers. Hunde in »unterwürfige Haltung« zu zwingen und ihnen ins Gesicht zu schreien, ist eine prima Methode, um Verteidigungsaggression zu provozieren. Es macht Sinn, dass ein Hund in dieser Situation beißt oder zumindest damit droht, es zu tun. Nach ihrem sozialen Verständnis benehmen Sie sich wie ein Irrer. Und nicht nur das, ein erwachsener Wolf würde nie einen Welpen angreifen, der schon etwas im Fang hat. Er würde vielleicht einen Welpen anknurren, damit er einen zwischen beiden liegenden Gegenstand in Ruhe lässt, aber sobald der Welpe den Gegenstand im Fang hätte, würde der Erwachsene ihm den lassen. Erwachsene Wölfe sind Welpen gegenüber erstaunlich tolerant: Sie lassen zu, dass diese ihnen Spielsachen stehlen, an der Rute zerren und sie gnadenlos belästigen. Davon abgesehen tun Wölfe auch eine ganze Menge Dinge, in denen wir ihnen nicht unbedingt nacheifern müssen, vom Fressen der Nachgeburt bis zum Töten von Besuchern aus anderen Rudeln. Menschen deshalb etwas als richtige Handlung empfehlen, nur weil Wölfe es auch tun, ist nicht ein wirklich überzeugendes Argument. Außerdem sind Hunde auch keine Verhaltenskopien von Wölfen. Das sind schon vier Gründe, warum Sie bei Ihrem Hund keinen Alphawurf anwenden sollten: Hunde sind keine Wölfe; Wölfe gebrauchen selbst keine Alphawürfe, um andere Wölfe zu disziplinieren; der Alphawurf provoziert Verteidigungsbereitschaft und manchmal Aggression; und er lehrt Ihren Hund, Ihnen zu misstrauen.
    Die Anweisung, über Einschüchterungen die Herrschaft über den Hund erlangen zu müssen, ist erstaunlich weit verbreitet. Überall haben Hundebesitzer und Hundetrainer sie verinnerlicht, genauso wie Tierärzte, Polizeihundeausbilder oder Ihr Nachbar um die Ecke. Ich halte es für nützlich, sich einmal zu fragen, warum eigentlich all diese Leute, die niemals ihr eigenes Kind schlagen würden, so schnell und gegen all ihre eigenen Instinkte den Rat von »Experten« befolgen und ihren Hund körperlich bedrängen, um »Dominanz« über ihn zu erringen. Ich vermute dass dies, wenn auch vage und ungenau, mit einer grundlegenden Wahrheit zu tun hat, die jeder

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