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Das andere Kind

Titel: Das andere Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das andere Kind
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über das Leben
    erzählen?
    »Wenn Männer nicht zum Zug
    kommen«, sagte sie aggressiv, »dann reden sie eine Menge Zeug, das vielleicht besser ungesagt
    bliebe. Vielleicht solltet ihr irgendwann einmal andere Wege suchen, sexuelle Frustration zu
    kompensieren.«
    Er lächelte,
    nicht verächtlich, eher resigniert. »Glaub mir, ich kann durchaus damit umgehen, nicht zum Zug zu kommen, wie du es nennst.
    Alles, was ich gerade gesagt habe, diente in keiner Weise irgendeiner Kompensation. Ich wollte
    nur erklären, wie ich dich und deine Situation einschätze. Aber du hast recht, vielleicht war
    das ein Übergriff.«
    »Ich habe es jedenfalls so
    empfunden«, erwiderte sie. »Es tut mir leid«, sagte er.
    Plötzlich standen sie
    einander fast gehemmt gegenüber. Es war alles gesagt. Es war nichts passiert.
    Leslie
    fühlte sich müde und einsam. »Ich gehe schlafen«, sagte sie. »Du kannst das Gästezimmer haben.
    Stephen braucht es ja nicht mehr.« »Danke. Ich werde mir morgen natürlich eine neue Unterkunft
    suchen.« »Lass dir Zeit.« Sie sah ihm nach, als er die Küche verließ. Sie dachte, dass sie
    Erleichterung spüren müsste, weil sie das Richtige getan hatte. Stattdessen war sie bedrückt
    und unsicher. Sie setzte sich, zog ein Zigarettenpäckchen heran, zündete sich eine Zigarette
    an. Am Ende hatte sie wieder falsch reagiert. Hatte die Blockade um sich herum verf estigt. Die Mauern höher gezo gen. Ihre eigene
    Abschottung vorangetrieben. Warum hatte sie nicht einfach getan, wonach ihr der Sinn stand?
    Ohne an das Danach zu denken. War sie tatsächlich kaum mehr fähig, einfach zu
    leben?
    Gedankenverloren sah
    sie den Rauchkringeln nach, die durch die hell erleuchtete Küche zogen und sich irgendwo in
    ihrer Mitte in nichts auflösten.
    Sie würde nur schwer
    Schlaf finden in dieser Nacht.
    Obwohl Valerie sehr
    spät erst ins Bett gekommen war, war sie früh aufgestanden und kam gerade aus dem Bad, als ihr
    Handy klingelte. Das Handtuch um ihren Körper geschlungen, lief sie in ihr Schlafzimmer
    hinüber, wo das Handy am Ladegerät in der Steckdose hing.
    »Ja?«, meldete sie
    sich. Es war Sergeant Reek, der offenbar grundsätzlich schon vor sieben Uhr früh seinen Dienst
    antrat. »Bin ich zu früh?«, fragte er besorgt. »Ich bin schon beim Frühstück«, schwindelte
    Valerie. »Was gibt es denn?«
    »Leider nichts, was
    Sie besonders freuen wird, Inspector. Ich habe gestern sehr spät noch die Eltern von Stan
    Gibson in London erreicht. Sie haben erklärt, dass ihr Sohn das letzte Wochenende bei ihnen in
    London verbracht hat, zusammen mit Miss Witty, die er seiner Familie als seine Lebensgefährtin
    vorstellen wollte. Aber ich vermute, auch Miss Witty selbst wird das bestätigen. Gibson ist
    nicht so dumm, uns in einem derart leicht zu überprüfenden Punkt zu belügen.«
    »Gibson ist leider
    überhaupt nicht dumm, Reek, darin besteht eines unserer vielen Probleme. Erscheinen seine
    Eltern glaubwürdig?«
    »Ja. Sie sind völlig schockiert, aber sie würden deswegen nicht lügen. Dafür sind sie
    im Moment auch viel zu durcheinander. Sie können sich nicht vorstellen, dass ihr Sohn ein
    Verbrechen begangen haben soll. Sie beschreiben ihn als liebenswürdig, zuverlässig und
    hilfsbereit. Allerdings hatte er wohl immer sehr rasch wechselnde Beziehungen, was seine Mutter
    natürlich den Frauen in die Schuhe schiebt, die nicht in der Lage sind, die Qualitäten dieses
    Mannes zu würdigen. Meiner Ansicht nach hält es keine lang bei ihm aus, und über die Gründe
    könnte sicher Miss Witt y näher Auskunft geben. Aber… «
    » ... aber das
    bringt uns in der eigentlichen Sache nicht weiter«, vollendete Valerie den Satz. »Nicht, was
    den Mord an Amy Mills angeht.«
    »Offensichtlich
    können wir ihn jedenfalls für das Verbrechen an Fiona Barnes nicht verantwortlich machen«,
    fasste Reek zusammen.
    »Sieht so aus«,
    erwiderte Valerie resigniert.
    »Ich fahre
    jetzt hinauf in die Filey Road und versuche erneut mein Glück bei Karen Ward«, sagte Reek. Es
    klang, als wolle er sagen: Kopf hoch, wir haben ja noch andere Eisen im Feuer! »Gestern ist sie
    nicht mehr in der Wohnung dort aufgetaucht, aber vielleicht ist sie irgendwann nachts noch
    erschienen.«
    »Waren Sie noch
    im Newcastle Packet?«
    »Klar. Aber
    gestern hat sie dort nicht gearbeitet. Ihre Mitbewohner hatten auch keine Ahnung, wo sie ist.
    Was interessant sein könnte: Sie berichteten, Dave Tanner habe gestern Abend zweimal

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