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Das andere Kind

Titel: Das andere Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das andere Kind
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sie betrogen und ihr damit den Boden unter
    den Füßen weggezogen hatte?
    »Ich
    wollte ja gar nicht, dass er hierher kommt. Wie sollte es mich dann erschüttern, wenn er wieder
    geht?«
    Das
    Schwindelgefühl ließ nach. Langsam tappte sie in die Küche, ließ sich auf den Stuhl fallen, zog
    ihren Tee heran. Er duftete nach Vanille und Honig. Beruhigend und vertraut.
    »Wieso
    hat dich deine Wirtin jetzt vor die Tür gesetzt?«, fragte sie Dave, der ihr nachgekommen
    war.
    Er nahm
    ihr gegenüber wieder Platz. »Sie hält mich für einen Doppelmörder. Die Tatsache, dass mich
    gestern Mittag die Polizei schon erwartete, als ich nach Hause kam, hat sie endgültig in ihrer
    Ansicht bestätigt. Sie wollte mich keine Minute länger unter ihrem Dach haben. Der Umstand,
    dass man mich wohl kaum wieder hätte laufen lassen, hätte man etwas gegen mich in der Hand
    gehabt, konnte sie auch nicht überzeugen. Letztlich verstehe ich sie sogar
    irgendwie.«
    »Was
    wollten sie denn auf der Wache von dir?«
    Er
    machte eine abwinkende Handbewegung. »Es gab Ungereimtheiten wegen meines Aufenthalts in der
    vergangenen Samstagnacht. Ich habe das geklärt. Ich würde hier sonst nicht sitzen.«
    Sie war
    überzeugt. Natürlich war mit ihm alles in Ordnung. Die Polizei ließ Mörder nicht frei
    herumlaufen - zumindest nicht dann, wenn sie sie bereits in Gewahrsam gehabt hatte.
    Er
    neigte sich vor. Noch einmal fragte er: »Was ist los, Leslie? Was ist passiert? Du siehst
    entsetzlich mitgenommen aus. Womit quälst du dich herum?«
    Sein
    Gesichtsausdruck war besorgt. Vertrauenserweckend. Ein Freund, der sich Gedanken machte. Für
    einen Moment sah sich Leslie versucht, ihm alles zu erzählen, vom Krieg, von Brian Somerville,
    von Fiona und Chad und all dem Verhängnis, das sie angerichtet hatten, aber dann entschied sie
    sich dagegen. Das Gefühl, Fiona schützen zu müssen, war ausgeprägter als ihr Wunsch, sich
    jemandem anzuvertrauen. Daher sagte sie nur: »Ich glaube, ich quäle mich mit mir selbst herum.
    Mit meinem Leben. Ich weiß nicht, in welche Richtung ich in Zukunft gehen soll. Es ist so viel
    passiert.« »Wirst du diese Wohnung hier behalten? Sie gehört ja nun wahrscheinlich
    dir.«
    »Ich
    glaube nicht, dass ich sie behalte. Ich habe mich hier nie wohlgefühlt. Dieses kalte, riesige
    Haus, das immer halb leer ist ... Ich denke, ich werde sie verkaufen. Was ich mit dem Geld
    mache ... keine Ahnung. Vielleicht kaufe ich mir eine kleine Eigentumswohnung in London. Richte
    mir ein Nest ein, das mir allein gehört. Vielleicht ... finde ich dann das Gefühl, ein Zuhause
    zu haben. Einen Hafen, in den ich mich zurückziehen kann.«
    »Den
    hattest du bislang nicht?«
    »Wo
    sollte ich ihn haben? Ich bin fast vierzig. Meine Ehe ist gescheitert. Meine letzte lebende
    Verwandte ist tot. Ich bin ganz erfolgreich in meinem Beruf, aber das wärmt nicht.«
    »Eine
    kleine Eigentumswohnung in London«, wiederholte er, »das klingt so ... einsam. So gar nicht
    nach einem Mann, Kindern, einem großen Hund - was weiß ich. Nach etwas, das Wärme
    gibt.«
    Sie
    lachte, es klang gekünstelt und, wie sie entsetzt merkte, ziemlich verzweifelt. »Nein, danach
    klingt es nicht. Aber denkst du, ich müsste nur mit dem Finger schnippen, und schon ist der
    Mann da, der zu mir passt, der mich heiratet, mit dem ich drei wohlgeratene Kinder habe und der
    am Wochenende mit uns allen und dem großen Hund aufs Land zum Spazierengehen fährt? Diese Typen
    liegen nicht direkt auf der Straße. Ich jedenfalls bin noch nie über einen von ihnen
    gestolpert. Eigentlich ... bin ich in der gleichen verdammten Situation wie Gwen. Allein und
    hoffnungslos.«
    »Aber
    du bist nicht Gwen. Du bist erfolgreich, tatkräftig und zielstrebig. Im Unterschied zu Gwen
    weißt du recht gut, wie das Leben funktioniert. Du hast nur eins mit ihr gemeinsam: Ihr hängt
    zu sehr am Vergangenen. Und merkt vielleicht nicht, wie sehr euch das blockiert.«
    »Ich
    denke nicht, dass ich ... «
    Er
    unterbrach sie. »Schau dir Gwen an. Sie sitzt auf ihrer Farm und hält an einer Zeit fest, die
    es längst nicht mehr gibt. Eine Zeit, in der Frauen keinen Beruf erlernen. In der sie bei den
    Eltern bleiben, bis sie alt und grau sind. Es sei denn, ein Mann taucht auf und holt sie in
    sein Haus. Den vergöttern sie dann und ordnen sich ihm unter. Warum, glaubst du, klappt es bei
    ihr nie? Weil Männer eine solche Frau heutzutage nicht mehr wollen. Weil man eine Partnerin
    möchte. Eine

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