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Das andere Kind

Titel: Das andere Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das andere Kind
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versucht,
    Miss Ward in ihrer Wohnung zu erreichen. Er ist außerdem am Abend ebenfalls im Newcastle Packet
    aufgekreuzt und hat sich nach ihr erkundigt, wie man mir dort sagte. Er scheint ziemlich darauf
    aus gewesen zu sein, mit ihr zu sprechen.«
    »Das ist nicht
    ungewöhnlich. Er unterhält noch immer eine intime Beziehung zu ihr.«
    »Jedenfalls
    hake ich Tanner nicht ab, ehe die Ward seine Aussage nicht bestätigt hat. Ich war gestern
    außerdem noch im Golden Ball. Man erinnert sich an die beiden. Allerdings sind sie nur recht
    kurz da gewesen. Gegen zehn Uhr haben sie das Pub schon wieder verlassen. Insofern kann uns
    diese Aussage nicht reichen.«
    Dankbar dachte
    Valerie, dass sie in Reek einen Mitarbeiter von unschätzbarer Qualität hatte. Er machte
    Überstunden ohne Ende, und noch nie hatte sie ihn deswegen jammern gehört. »Sie machen Ihren
    Job wirklich gut, Reek«, sagte sie anerkennend, und sie konnte ihn durch das Telefon hindurch
    förmlich strahlen sehen.
    »Ich kläre
    jetzt die Sache mit der Ward«, sagte er knapp, dann beendete er das Gespräch.
    Valerie zog
    sich an, wobei sie merkte, wie schwerfällig und müde ihre Bewegungen waren. Sie fühlte sich wie
    das Gegenteil des hellwachen, vor Tatendrang vibrierenden Sergeant Reek. War es nur die
    Enttäuschung? Darüber, dass sie nicht zwei Fälle auf einen Streich gelöst hatte?
    Hatte sie überhaupt einen Fall
    gelöst?
    Sie
    schlich in die Küche, schaltete die Kaffeemaschine ein. Einen Kaffee, mehr wollte sie nicht.
    Nicht einmal auf ihr geheiligtes Frühstück hatte sie heute Lust.
    Sie hatte
    am gestrigen Abend noch beinahe zwei Stunden mit Stan Gibson gesprochen, ohne dass sie seine
    gute Laune auch nur ein einziges Mal hatte erschüttern können. Er hatte jede ihrer Fragen
    lächelnd beantwortet, höflich, geduldig, ohne das geringste Anzeichen von Ärger oder
    Gereiztheit.
    Ja,
    selbstverständlich hatte er von dem Mord an Amy Mills gehört und gelesen, ganz Scarborough
    hatte ja im Sommer kein anderes Thema mehr gekannt. Schrecklich, eine ganz furchtbare
    Geschichte. Dass Menschen so etwas tun konnten! Natürlich hatte er sich persönlich sehr
    betroffen gefühlt. Amy hatte ihm viel bedeutet, allerdings hatte er nie den Mut gefunden, sie
    anzusprechen. Er erschien Valerie nicht als ein Mann, der schüchtern war gegenüber Frauen? Da
    sollte sie sich mal bloß nicht täuschen! Er war nie in persönlichen Kontakt mit Amy
    getreten.
    Ja, das
    Fernrohr. Die Bilder! Klar wusste er, dass man so etwas eigentlich nicht tat. Aber direkt
    verboten war es auch nicht, oder? Er hatte sie so hübsch gefunden. Wann er sie zum ersten Mal
    gesehen hatte? Mal überlegen, das musste im Januar gewesen sein. Einfach so zum Zeitvertreib
    hatte er ein bisschen in die Wohnungen ringsum gespäht, und da hatte er sie bei Linda Gardner
    entdeckt. Sie hatte sich mit dem Kind beschäftigt, und ihre welligen Haare waren ihm wie ein
    Heiligenschein erschienen. Er hatte begonnen, sich für sie zu interessieren, ja und, wer wollte
    ihm denn einen Vorwurf daraus machen?
    Besessenheit?
    Das konnte er nicht beurteilen. Okay, er war ihr oft heimlich gefolgt, soweit es seine knappe
    Freizeit zuließ. Sie hatte viele lange Spaziergänge unternommen, allein. Sie war ihm sehr
    einsam erschienen. Selten hatte sie mal mit einer Kommilitonin einen Kaffee getrunken oder
    geplaudert, wirklich selten. Meist war sie für sich geblieben.
    Ob er
    sich ihr genähert hatte? Zurückgewiesen worden war? Ob ihn dies wütend gemacht hatte? Nein,
    nein, da war Inspector Almond aber gründlich auf dem Holzweg. Er hatte sie nie angesprochen,
    das sagte er ja bereits. Insofern hatte er sich auch keine Abfuhr geholt. Im Übrigen konnte er
    mit so etwas umgehen. Er pflegte Frauen nicht zu erschlagen, die ihm einen Korb gaben. Wobei er
    darauf hinweisen müsse, dass er eigentlich noch nie einen Korb bekommen hatte. Nie! Er hatte
    keine Schwierigkeiten mit Frauen. Vor allem nicht damit, sie für sich zu gewinnen. Also, wenn
    er ehrlich sein sollte, er wusste gar nicht, wie es sich anfühlte, als Mann abgewiesen zu
    werden.
    Und so
    war es die ganze Zeit über gegangen. Immerzu hatte er gelächelt. Und alle Sinne Valeries, jeder
    Nerv, ihre Intuition, ihre Erfahrung, ihr Bauchgefühl, was immer man anführen mochte, alles
    hatte ihr gesagt, dass er es getan hatte. Dass der grinsende Typ vor ihr Amy Mills auf dem
    Gewissen hatte.
    Während
    sie darauf wartete, dass der Kaffee durchlief, fragte sich

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