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Das andere Kind

Titel: Das andere Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das andere Kind
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erkannte man,
    dass sie recht attraktiv war. Gwen stellte sie einander vor. »Jennifer Brankley. Jennifer, dies
    sind Ena Witty und Stan Gibson.« Ena Witty lächelte schüchtern und murmelte eine Begrüßung. Sie
    hatte eine sehr leise Stimme. Stan Gibson hingegen strahlte Jennifer an. »Hallo, Jennifer. Gwen
    hat schon viel von Ihnen erzählt. Und von Ihren Hunden. Sind sie wirklich so riesig, wie sie
    behauptet?«
    »Noch größer«, antwortete
    Jennifer, »aber lammfromm. Man darf das kaum laut sagen, aber ich fürchte, sie würden sogar
    einen Einbrecher noch schwanzwedelnd begrüßen und ihm freundlich die Hände lecken.«
    Stan lachte. »Ausprobieren
    würde ich das lieber nicht.« »Ich mag Hunde sehr gern«, sagte Ena.
    Jennifer dachte, dass Ena Witty
    genau dem Typ Mensch entsprach, den sie in diesem Trainingsprogramm vermutet hätte, Stan Gibson
    jedoch überhaupt nicht. Er war kein besonders gutaussehender Mann, aber er hatte eine
    sympathische, offene Ausstrahlung und schien keineswegs mit Schüchternheit und Ängsten kämpfen
    zu müssen. Was hatte er hier während der letzten Monate zu suchen gehabt?
    Als könne sie ihre Gedanken
    lesen, erklärte Gwen plötzlich: »Stan war übrigens nicht in unserem Kurs. Die Schule hat im
    August und September einige Räume total umbauen lassen, und Stan arbeitet für die Firma, die
    damit beauftragt war. Mittwochs war er jedes Mal noch hier, wenn unser Kurs begann. Dadurch hat
    er Ena kennen gelernt.«
    Ena blickte scheu zu
    Boden.
    Die reinste
    Partnerschaftsvermittlung, diese Friarage School, dachte Jennifer. Gwen hat hier den Mann fürs
    Leben getroffen. Diese Ena Witty hat einen Freund gefunden ... Wenn das so weitergeht, kann die
    Schulleitung dafür noch Geld nehmen!
    »Da ich nun zu Ena gehöre,
    durfte ich heute an dem Abschlussfest teilnehmen«, sagte Stan, »und in den letzten Wochen habe
    ich oft auch mit Gwen geplaudert. Wie ist es, Ena, wollen wir Gwen und Jennifer nicht
    irgendwann einmal zu uns einladen?«
    »Zu uns?«, fragte Ena überrumpelt.
    »Schatz, nun machst du wieder ganz große Augen. Ich denke, es ist klar, dass du jetzt
    irgendwann zu mir ziehst, und dann laden wir liebe Freunde natürlich zu uns ein!« Er lachte laut und herzlich, wandte sich dann
    an die beiden anderen Frauen. »Für Ena geht das alles wahrscheinlich etwas zu schnell. Dabei
    brechen wir morgen früh nach London auf und bleiben bis Sonntagmittag dort bei meinen Eltern.
    Ich möchte, dass sie Ena kennen lernen.«
    Gwen und Jennifer
    warfen sich einen kurzen Blick zu. Beide hatten sie den Eindruck, dass Ena nicht recht
    glücklich mit Stans Planung war, dass sie ihr Unbehagen jedoch nicht zu artikulieren
    wagte.
    Dann jedoch
    lächelte sie plötzlich. »Es ist schön, nicht mehr allein zu sein«, sagte sie, und Jennifer
    erkannte die Einsamkeit dieser Frau und begriff, dass dies der rote Faden war, der sich durch
    die Gruppe zog, weit mehr als Probleme wie Schüchternheit, Selbstzweifel oder irgendwelche
    Phobien. Die Menschen, die sich in Kursen wie diesem trafen, verzweifelten in erster Linie am
    Alleinsein. Frauen wie Ena, die allein blieben, weil sie niemandem auffielen und es nicht
    gelernt hatten, der Welt ihre Talente, Begabungen, Qualitäten zu zeigen. Frauen wie Gwen, die
    in eine Rolle gerutscht waren, von der sie blockiert wurden, und die irgendwann begriffen, dass
    das Leben in immer schnellerem Tempo an ihnen vorbeizog. Sie sehnten sich danach, den langen,
    stillen, schwermütigen Wochenenden zu entkommen und den endlosen Abenden in der Gesellschaft
    des Fernsehers.
    »Wir rufen noch
    einmal an wegen der Einladung«, sagte Stan.
    Sie verabschiedeten
    sich voneinander, dann setzten sich Jennifer und Gwen Richtung Bushaltestelle in Bewegung. Das
    Hundefutter wog schwer, aber Gwen, die beim Tragen half, beschwerte sich nicht. Sie hätten
    Chads oder Colins Auto haben können, aber Gwen, obwohl sie den Führerschein besaß, fuhr nicht
    gern und setzte sich nur im Notfall hinter ein Steuer.
    Und Jennifer
    ...
    »Was, wenn du es
    einfach einmal wieder versuchst?«, hatte Colin am Mittag gefragt. »Es klappt vielleicht besser,
    als du denkst.«
    Sie hatte den Kopf
    geschüttelt. »Nein. Kann ich nicht. Es geht nicht. Es ist ... ich traue es mir einfach nicht
    mehr zu, und es kann so viel dabei passieren ... «
    Er hatte nicht
    insistiert. Sie wusste, dass er sich wünschte, sie würde aktiver daran arbeiten, ihr altes
    Selbstvertrauen wieder aufzubauen, aber manchmal

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