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Das andere Kind

Titel: Das andere Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das andere Kind
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deren gefrorenes Lächeln veränderte sich
    nicht.
    »Entzückend«, sagte sie. »Solche Sorgen um den guten Chad! Hat er dir Fionas E-Mails gegeben?
    Oder Jennifer?«
    »Colin war es. Er hat sie mir gegeben.«
    »Ich habe die Geschichte gut gestreut«, sagte Gwen selbstgefällig. »Irgendwie dachte ich mir
    schon, dass sie ihre Kreise ziehen wird, wenn ich erst einmal Jennifer einweihe.
    Die Geschichte wird auch bei der Polizei landen. Und dann wird ja klar sein, wer Fiona und Chad
    umgebracht hat.«
    »Semira Newton etwa?«, fragte Leslie. »Die sich selbst mit ihrer Gehhilfe kaum vom Fleck
    bewegen kann? Oder Brian Somerville? Der, wie ich gehört habe, in einer Pflegeanstalt auf dem
    geistigen Stand eines Kindes im Vorschulalter seinem achtzigsten Geburtstag entgegendämmert?
    Diesen beiden Menschen willst du ernsthaft zwei Morde anhängen? Und du glaubst, dass dir das
    irgendjemand abkauft?« »Es gibt so etwas wie Auftragsmorde. Schon gehört?« »Ja. Aber von den
    intellektuellen Fähigkeiten her, die man dazu braucht, wäre nur Semira dazu in der Lage, und
    abgesehen davon, dass sie kaum genug Geld zum Leben hat und man sich fragen müsste, womit sie
    den unbekannten Killer eigentlich bezahlt hat, ist sie auch überhaupt nicht der Typ.
    Ausgeschlossen. Das würde auch Valerie Almond sehr schnell merken.«
    »Ach, Valerie Almond«, sagte Gwen verächtlich. »Sie ist ziemlich einfaltig. Von Psychologie hat
    sie doch gar keine Ahnung. Mich hat sie auch völlig falsch eingeschätzt.«
    Wie wir alle offenbar, dachte Leslie, und unwillkürlich schauderte sie. Laut fragte sie: »Und
    wie passt Dave in das Bild? Angeschossen oder ertrunken, wie auch immer man ihn finden wird?
    Und ich? Falls du vorhast, mich auch abzuknallen. Wie passe ich in die Theorie, man habe es
    hier mit dem sehr verspäteten Racheakt einer alten Frau zu tun?«
    Gwen schien für eine Sekunde verunsichert, fasste sich aber rasch wieder. »Ihr seid dem Mörder
    eben in die Quere gekommen.«
    »Dave unten in der Bucht und ich hier? Gwen, du ... du läufst Amok. Das geht nicht gut für dich
    aus, glaub mir.«
    »Das hier geht nicht gut für dich aus«, erwiderte Gwen, »so herum solltest du das sehen, meine
    Liebe.«
    »Das denke ich nicht«, sagte Leslie, aber sie war nicht sicher, ob sie ihren eigenen Worten
    Glauben schenken sollte. »Wir sind immer Freundinnen gewesen, Gwen. Wir kennen uns, seit wir
    klein waren. Du gehst nicht hin und schießt mich einfach über den Haufen.«
    »Meinen Vater kenne ich noch länger als dich«, entgegnete Gwen, »und Fiona auch. Das bedeutet
    nichts für mich. Überhaupt nichts.«
    Leslie schluckte trocken. »Warum, Gwen? Ich verstehe nicht, warum?«
    »Klar verstehst du das nicht. Wie solltest du auch? Dein Leben ist doch immer glänzend
    verlaufen. Wie Menschen fühlen, denen es nicht so gut geht wie dir - davon hast du doch keine
    Ahnung!«
    »Mein Leben ist glänzend verlaufen?«, fragte Leslie perplex. »Wie kannst du das denn sagen? Ich
    bin geschieden, einsam und frustriert. Die Wochenenden bringe ich entweder im Notdienst oder
    mit zuviel Alkohol vor dem Fernseher herum. Meistens kräht kein Hahn nach mir. Meine
    Kolleginnen oder die Freundinnen, mit denen ich auf der Uni war und die ich häufig der Reihe
    nach anrufe, um mich mit ihnen zu verabreden, gehen ganz in ihren Familien auf und haben keine
    Zeit für mich. So sieht mein glänzendes Leben aus, Gwen. So und nicht anders.«
    »Du könntest es jederzeit ändern.« »Wie denn?«
    »Bei dir stehen die Männer doch Schlange. Mit Stephen hat es nicht geklappt, also heiratest du
    einfach den nächsten. Ist doch kein Problem für dich.«
    »Die Schlange ist mir bislang leider entgangen.«
    »Weil du sie nicht sehen willst!« Gwen fuchtelte ungeduldig mit ihrer Waffe. »Dave zum Beispiel
    fährt ganz schön auf dich ab. Erzähl mir nicht, du hättest es nicht gemerkt!«
    Leslie musste an die vergangene Nacht in der Küche ihrer Großmutter denken. Sie erwiderte
    nichts, aber Gwen mochte eine Veränderung in ihrem Gesichtsausdruck bemerkt haben, denn sie
    lachte. Es klang triumphierend. »Na bitte. Du weißt es genau. Und er ist nicht der Einzige.
    Außerdem würde sich auch dein Stephen fast umbringen, um deine Gunst zurückzugewinnen. Du
    müsstest nur mit dem Finger schnippen. Dir stehen eine Menge Wege offen, und wenn sich
    irgendwann deine Schockstarre gelöst hat, mit der du auf Stephens kleinen außerplanmäßigen Fick
    mit der Barbekanntschaft

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