Das Antlitz der Ehre: Roman (German Edition)
dem Terzel, eine von ihnen zu schlagen.
»Früher war das mein Leben«, sagte Albrecht beinahe erstaunt, als er wieder an ihrer Seite ritt. »Es scheint so unglaublich weit hinter dichtem Nebel verborgen. Dieser Hauch von Erinnerung fühlt sich fast ein wenig falsch an. Wie etwas, das ich mir genommen habe, obgleich es mir nicht zusteht. Nicht mehr zusteht.«
»Du meinst, weil du nun mit Haut und Haaren oder besser mit deinem Geist und deiner Seele der Kirche gehörst?«
Albrecht schüttelte den Kopf. »Nicht der Kirche; dem Land Franken und seinen Bewohnern«, verbesserte er.
»Erzähle mir von deinen Sorgen. Was ist mit der Kirchenversammlung in Basel und den Gesandten?«
Albrecht wehrte ab. »Ich will dich nicht mit meinen Sorgen und dem leidigen Hin und Her der Politik langweilen.«
Elisabeth schlug wütend die Beine gegen die Flanken ihres Pferdes, sodass der Wallach einen erschrockenen Satz machte. »Es langweilt mich nicht, es interessiert mich! Und ich bin – obwohl eine Frau – auch nicht zu dumm, die Zusammenhänge zu begreifen, wenn man sich die Mühe macht, mir von den Geschehnissen zu berichten.«
»Das habe ich auch nicht so gemeint«, beschwichtigte sie
Albrecht. »Gut, wenn du das ganze Elend hören willst, dann bemühe ich mich, es klar und in der richtigen Reihenfolge zu erzählen. Sollten dir Widersprüche aufstoßen, so liegt dies nicht an meinem Bericht. Die ganze Sache ist widersprüchlich, ja manches Mal gar irrwitzig!« Albrecht überlegte kurz, vermutlich wo er beginnen sollte, dann fing er an, die Ereignisse zusammenzufassen. Er sprach von den wichtigen Männern des Kirchenkonzils, die in Basel zusammengekommen waren, von den Schreiben, die er selbst gegen den Bischof und sein Treiben aufgesetzt hatte, und von dem, was ihr Vater dagegenhielt. »Neben der erneuten Huldigung der Städte Würzburg und Ochsenfurt, die sich ihm nach wie vor verweigern, ist das Hauptanliegen des Bischofs, den Marienberg zurückzuerhalten.«
Elisabeth fragte nicht, warum Albrecht ihrem Vater so vehement seinen gewohnten Palas verweigerte. Es ging hier nicht um die Bequemlichkeit von Gemächern oder um prächtige Hallen, um dort mit Gästen zu tafeln. Die Festung Unser Frauenberg war das Zentrum der Macht in Franken, symbolisch – mit seinen Büchsen, dem Zeughaus und der Mannschaft aber auch ganz konkret. Sie wunderte sich nicht, dass Albrecht in diesem Punkt nicht nachzugeben bereit war, würde dies doch bedeuten, dass der Bischof seine ganze Macht wieder in Händen halten könnte und das Amt des Pflegers allenfalls noch auf einem Papier bestehen würde. Nein, was sie alleine wunderte, war, wie Albrecht so unüberlegt und leichtgläubig einen Vertrag hatte aufsetzen können, in dem er den Bischof überhaupt wieder an der Regierung teilhaben ließ. War das nicht der Anfang allen Übels gewesen? War ihr Vater nicht zuvor friedlich auf dem Zabelstein verblieben, ohne dem Pfleger bei seiner schweren Arbeit Knüppel zwischen die Beine zu werfen?
Albrecht sprach weiter vom Concilium, sodass Elisabeth im Augenblick darauf verzichtete, diese drängende Frage zu stellen.
»Sie haben diverse Vertreter geschickt, mit deren vielen Namen ich dich nicht verwirren will, die sich ein Bild der Lage machen sollten. Nur, wie das so ist, waren sie ganz und gar nicht einer Meinung und, je nachdem, meiner oder der Sichtweise des Bischofs zugeneigt. Wobei erschwerend hinzukommt, dass auch die Domherren sich in verschiedene Gruppen aufteilen, mit dem Bischof oder mit mir sympathisieren oder ganz eigene Pläne verfolgen.«
Wie zum Beispiel der Probst von Grumbach, dachte Elisabeth. So wie sie ihn kennengelernt hatte, würde er sein Streben nach der Bischofswürde niemals aufgeben. Und dass er dafür bereit war, über Leichen zu gehen, hatte sie ja bereits leidvoll erfahren müssen.
»Jedenfalls sind der Bischof und ich nun unter Androhung einer empfindlichen Strafe in drei Wochen nach Basel vor die Kirchenversammlung geladen. Soweit es mir zugetragen wurde, hat der Bischof allerdings nicht vor, dem Aufruf zu folgen, und will stattdessen nur zwei seiner Ritter senden.«
Elisabeth zog die Stirn kraus. »Warum will er nicht gehen? Wäre das nicht die Bühne, die er sich wünscht, seine – wie er glaubt – gerechte Sache vor all den hohen Kirchenmännern mit eigenen Worten zu vertreten? Er ist doch ein mitreißender Redner, und das weiß er auch.«
Albrecht zog eine Grimasse. »Wie ich höre, sind seine Mittel derart
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