Das Areal: Thriller (German Edition)
um irgendeinen Deal. Tauchte in der Menge unter und verschwand.
»G efällt’s Ihnen bei mir?«, fragte Melligan und kratzte sich. Sein Akzent ließ sich schwer einordnen, ein polyglottes Stimmenmischmasch, das sich anhörte, als wäre seine Kehle mit Kies verkleidet. »G ucken Sie Filme?«
»K lar, manchmal.«
»H ier gibt’s alles Mögliche zu sehen. Da ist bestimmt auch was für Ihren Geschmack dabei. Komödien, Liebesfilme …«
»T atsächlich?«
Als Melligan sich vorbeugte, konnte Turner seinen Haschischatem riechen. Schwarze Krümel klebten zwischen seinen Zähnen. »D ie Kids«, sagte er, »d ie wollen immer nur Gewalt sehen. Wird in den ersten zehn Minuten niemand geköpft, und es quellen niemandem die Augen raus wie blutige Weintrauben, beschweren sie sich. Die lassen einfach nicht mit sich reden. O Mann«, stöhnte er, »i ch hätte gern mal Erwachsene hier, die sich einen Film mit Julia Roberts ansehen. Dann würde ich Popcorn machen. Oder was mit John Cusack. Die Kids wollen nicht mal Grosse Pointe Blank sehen. Kleine Monster.«
Turner bemühte sich, ihn nicht anzustarren. Seine Augen schwebten wie rohe Eier über seinen rot geäderten Säuferbacken.
»I ch hab Ausschlag«, sagte er tief bekümmert. »D as kommt von den Filmen. Hab den Ausschlag von Takashi Miike bekommen, und jetzt pellt sich mir in einem fort der Bauch.«
Ghost kam mit einem in Zeitungspapier eingeschlagenen Paket zurück und reichte es wortlos Melligan. Er drückte es mit feuchten Augen an seine Brust und nannte ihr eine Adresse.
»D as dürfte ein paar Tage lang reichen«, sagte er. »D ann weiß ich auch nicht weiter. Ich ruf ihn an, sag ihm, dass ihr kommt. Seid vorsichtig – im Moment suchen eine Menge Leute nach Digger, mehr als sonst.«
»W egen der Sache mit der Nadel, über die alle reden?«, fragte sie.
Melligan zuckte mit den Schultern, und sie wandten sich zum Gehen. Melligan neigte sich noch einmal zu Turner vor und sagte: »I ch hab ein paar Maggie Gyllenhaals auf Lager. Könnte mal eine lange Nacht veranstalten. Wie wär’s?«
»W er war das?«, fragte Turner, als sie den verrosteten Container hinter sich gelassen hatten.
»E in alter Freund. Aber er ist einer der Mittelsmänner für jeden, der mit Digger sprechen will.«
»D em Tunnel-Typen?«
»J a. Ist ständig auf Achse; eine Menge Leute würden ihn gern mal aushorchen, denn es könnte ja einen Tunnelausgang unter ihrem geheimen Lager geben oder so, und wenn’s so wäre, wüsste er das. Nur wenige Leute kennen seinen Aufenthaltsort, und wenn jemand mit ihm reden will, muss er sich an die wenden.«
»W omit hast du ihn bezahlt?«
Sie lächelte. »I n der Stow gibt es eine Frau, die stellt eine Creme her, die ist angeblich gut für die, äh, Kondition. Soviel ich weiß, besteht das Zeug aus Vaseline und irgendeinem Scheiß, aber er steht drauf.«
Die Adresse führte sie zu einem verrammelten Industriekomplex in der Nähe des Tissky, einem längst stillgelegten oder nie in Betrieb gegangenen Fertigbau, der errichtet worden war, kurz bevor man die Stadt als Produktionsstätte abgeschrieben hatte. Jetzt war sie mit verblassten Graffiti bedeckt. Auf einer Wand waren bizarre Flusswesen dargestellt, die von Lovecraft hätten stammen können. Fette schwarze Krähen kämpften an der gegenüberliegenden Ecke im Rinnstein, hackten aufeinander und auf die Beute ein. Als Turner gegen die Stahltür hämmerte, flogen die Vögel schimpfend auf. Rötliche Fleischfetzen hingen ihnen aus den dunklen Schnäbeln. Ghost schüttelte sich mit einer Hand die Locken aus, die andere hatte sie in die Tasche gesteckt. Die Vögel beachtete sie gar nicht.
Er klopfte ein zweites Mal, dann knirschte der Riegel im Schloss, und die Tür öffnete sich mit einem durchdringenden metallischen Kreischen. Im Eingang stand ein Mann in schwarzer Bikerhose und zerlumptem Pullover. Er hatte das Gesicht eines halb toten Farmköters. Musterte sie beide und brummte dann: »S eid ihr die Typen, die mit Melligan gesprochen haben?«
Turner blickte Ghost an, doch sie schwieg. Er sagte: »J a. Bist du Digger?«
Der Mann spähte an ihnen vorbei auf die Straße, dann machte er ihnen Platz. »D er bin ich. Wir unterhalten uns drinnen.«
Das Gebäude war eine leere Hülle voller Glasscherben, Schutt und Taubendreck. Phantomspuren von Produktionsanlagen, Bohrlöcher im Boden, Rahmenkonstruktionen an der Decke, doch ansonsten war nichts mehr da. An der einen Wand war ein Bereich für Büros oder
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