Das Areal: Thriller (German Edition)
Turner erfahren, dass drei von dessen Bekannten im vergangenen Jahr an der Beulenpest gestorben waren. Am verfluchten Schwarzen Tod. An einer Krankheit, wie Charlie erklärte, die allenfalls noch in der Dritten Welt oder in Geschichtsbüchern anzutreffen sei, stürben Menschen mitten in Amerika.
Als Turner über den Murdoch fuhr, waren noch immer keine Cops in Sicht, und da wurde ihm klar, dass auch keine mehr auftauchen würden. Die Brücke war flach und grau und wirkte so unfertig, wie sie vermutlich tatsächlich war. Auf den vier Brücken, welche das Areal mit dem Rest der Stadt verbanden, wurden so viele Selbstmorde verübt, dass man eine halbe Meile flussabwärts am Zusammenfluss der beiden Wasserläufe ein Netz aufgespannt hatte, um die Leichen einzusammeln.
Niemand kam auf die Idee, die Menschen daran zu hindern, von der Brücke zu springen.
Als er das andere Ufer erreichte, veränderte sich subtil die Atmosphäre. Die Luft, die durchs offene Wagenfenster hereinwehte, war feuchter und schmeckte nach Schmutz und Rost. Er schnupperte Holzrauch, angereichert mit langkettigen Kohlenwasserstoffen. Als er Harrys Karte folgend die Straße entlangfuhr, funkelten aus einer dunklen Gasse Hundeaugen hervor. Die Gegend war spärlich beleuchtet, und es herrschte Totenstille. Die vier Hochhäuser im Zentrum wirkten vergleichsweise klein neben dem sich undeutlich abzeichnenden Sanctuary Tower an der Flussseite des Areals, ein fauler Zahn vor dem Hintergrund des Nachthimmels, in dessen oberen Fenstern orangefarbene Feuer wie glühende Augen blitzten. Turner spürte die Anwesenheit von Menschen, verzweifelt und raubgierig.
Die Wohnung, deren Adresse Harry ihm gegeben hatte, lag in einem vierstöckigen Gebäude, vom Broad Street Canal nur einen Katzensprung entfernt. Auf der Eingangstür stand in abblätternder Farbe VERFLUCHT . Das Gebäude war eines jener Häuser, deren Bewohner niemals auszogen; entweder sie verpassten sich eine Überdosis, oder sie kamen bei einem Streit mit einem Nachbarn ums Leben. Fahles Neonlicht fiel eine Straße weiter aus einer Bar. In einer Lichtinsel auf der anderen Straßenseite saß am Bordstein ein Typ mit verschmiertem Clownsgesicht und einer SS -Uniform aus Latex, reglos, den Blick starr auf Turners neues Zuhause gerichtet. Nur zwei Klingelknöpfe waren mit Namen versehen. »B ray« konnte jeder x-Beliebige sein, und »K rystal« war vermutlich eine Nutte. Aus der Sprechanlage hingen lose Drähte und knisterten in der feuchten Luft.
Harry hatte recht gehabt: Sein Wagen würde in weniger als dreißig Minuten im Dschungel verschwinden. Turner warf einen Blick über die Schulter. Der Nazi-Clown hatte sich nicht von der Stelle gerührt. Er schloss die Haustür auf und trat ins Innere.
Auf dem Betonboden des Korridors lagen alte, rattenzerfressene Zeitungen, die Wände waren mit Graffiti beschmiert. Es gab eine Reihe von altmodischen Briefkästen, allesamt aufgebrochen. Auf einem lag eine benutzte Spritze. Die einzige funktionierende Lichtquelle befand sich am Ende der Treppe, sodass nur schmale, gelbe Streifen bis zu Turner heruntersickerten. Hinter der gegenüberliegenden Tür brabbelte ein Fernseher, vielleicht weinte auch jemand.
Die Wohnung war halb leer und heruntergekommen. Das Spülbecken der Kochecke war verdreckt, die Decke hatte Wasserflecken. Als Turner ans Fenster trat und zur Straße hinuntersah, stand der BMW noch da, dafür war der Clown verschwunden. Jemand hatte NICHT HINSEHEN in die Fensterscheibe geritzt. Das Schlafzimmer war klein, hätte aber schlimmer aussehen können. Er bezweifelte, dass er sich im Schlaf eine schreckliche Krankheit einfangen würde. Er hatte keine Ahnung, wie er sich Harrys Zuflucht im Areal vorgestellt hatte, aber er hätte es sehr viel schlechter treffen können.
Als Turner ins Bad sah, entdeckte er das Mädchen.
8
K nightly lenkte den Van in den alten Reparaturschuppen hinein und schaltete den Motor aus. Das niedrige, schräg abfallende Dach überdeckte die eine Hälfte des Schrottplatzes, und den Rest nahm eine verfallene Werkstatt ein, die Fensterhöhlen gespickt mit Glasscherben, die an Zähne erinnerten. Am Zaun stand ein ausgebrannter, verrosteter Wagen auf seinen Achsen. Am eingedrückten Kühlergrill klebte etwas, das die Überreste einer Katze sein mochten. Die erlegte Beute eines urbanen Raubtiers, das die besten Teile gefressen hatte und den Rest verwesen ließ.
Kate stieg in die hartnäckige Hitze hinaus und bedauerte, keine Waffe
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