Das Arrangement
doch gleichzeitig machten sich Schuldgefühle in ihr breit. Sie gab schließlich nur vor, jene Tochter zu sein, mit der Julia so offensichtlich eine Beziehung aufbauen wollte. Sie war froh, dass sie diese Seite von Julia kennengelernt hatte. Niemals wäre ihr in den Sinn gekommen, dass sie existierte, aber sie wollte die Dinge nicht noch komplizierter machen und ihren Schmerz noch verstärken.
Julia löste sich von ihr, und Marnie überkam ein trauriges Gefühl. Sie sehnte sich so nach einer engen, vertrauten Verbindung zu einem anderen Menschen. Deshalb vermisste sie ihre Großmutter und den Trost, den sie aus dieser ganz besonderen Beziehung schöpfte. Es war zwar ein fürstliches Leben, das sie führte, aber ein einsames.
“Tut mir leid”, sagte Julia. Schnell richtete sie sich auf, strich sich den Kimono wieder glatt und fuhr sich durchs Haar, um es zu ordnen. Es war ihr sichtlich peinlich.
Marnie trat einen Schritt zurück. “Möchtest du deinen Wein?”
“Ja, bitte.” Julia setzte sich und nahm das Glas entgegen, das Marnie ihr reichte. Als sie aufblickte, wirkte sie verdrießlich. “So was Albernes”, sagte sie. “Entschuldige bitte.”
“Warum denn, zum Teufel?”
Julia atmete tief durch und nahm darauf noch einen Schluck Wein. Sie schüttelte leicht den Kopf, als wolle sie sich für das Folgende sammeln. “Lass uns mal über dich reden, Alison”, sagte sie. “Jetzt, bitte, solange Rebecca noch weg ist. Ich mache mir Sorgen.”
“Warum das? Meinetwegen?”
“Du würdest es mir doch sagen, wenn irgendwas nicht in Ordnung wäre, oder? Als du heute Morgen in die Küche kamst, schienst du gar nicht du selbst zu sein.”
“Ich schlafe nicht besonders gut”, entgegnete Marnie. “Ich hatte eine schlechte Nacht hinter mir.”
Julia betrachtete sie forschend. “Ich weiß, du wirst es nicht gern hören, aber ich muss es sagen. Alle glauben, dass Andrew versucht hat, dich umzubringen, ich ebenfalls. Du kannst es auch eigentlich niemandem übel nehmen. Da war dieser Unfall und die Versicherungspolice, und ihr beide hattet euch nicht mehr verstanden. Warum wart ihr denn überhaupt bei diesem Unwetter draußen auf See?”
Marnie verstand endlich, warum Alison und Andrew nach Sea Clouds eingeladen worden waren. Julia machte sich wirklich Sorgen um das Erbe ihrer Tochter und die Motive ihres Schwiegersohnes. Wenn sie glaubte, dass er fähig sei, einen Mord zu begehen, dann war ihr Misstrauen ihm gegenüber wirklich sehr stark. Alison Fairmont und ihre Mutter mussten ganz von vorn beginnen, und Marnie würde etwas aus den Trümmern wieder aufbauen. Jetzt. Damit musste sie sofort beginnen, doch unglücklicherweise würde sie lügen müssen.
“Es war meine Idee, mit der Jacht rauszufahren”, sagte sie. “Andrew und ich hatten tatsächlich ein paar Probleme, und ich wollte aufs Meer raus. Ich dachte, wir könnten uns dort in Ruhe unterhalten. Er hat mich vor dem Unwetter gewarnt, aber ich habe darauf bestanden.”
Es war fast dieselbe Geschichte, die Andrew ihr erzählt hatte. Also nicht völlig erlogen. “Wirklich, es ist alles in Ordnung”, versicherte sie hastig. “Trink deinen Wein und lass uns über etwas anderes reden, irgendwas. Dieses Wickelkleid aus Seidenjersey, hat dir das gefallen?”
“Nein, lass mich das noch zu Ende bringen. Ich versuche dir das irgendwie zu vermitteln, seit ihr hier angekommen seid. Setz dich, bitte.”
Marnie tat wie ihr geheißen worden war, und Julia fuhr fort. “Du und Bret werdet jeder zu einer Menge Geld kommen, wenn ich nicht mehr bin”, sagte sie. “Aber, Alison, vergiss nicht, dass du jetzt bereits sehr wohlhabend bist. Der Treuhandfonds deiner Großmutter wird an deinem nächsten Geburtstag dir gehören. Er wurde von Jack Furlinghetti, unserem Vermögensberater, sorgfältig verwaltet, und es sind inzwischen mehr als fünfzig Millionen. Es ist wichtig, dass du darauf vorbereitet bist, um vernünftig damit umzugehen.”
Marnie war erstaunt. Andrew hatte gesagt, dass der Treuhandfonds womöglich doch noch an sie gehen würde, doch sie hatte vermutet, die Anwälte würden eine Möglichkeit finden, das zu verhindern.
“Natürlich”, sagte Marnie. “Ich bin sicher, Furlinghetti wird mich beraten.”
“Ich weiß, dass du überrascht bist. Das höre ich an deiner Stimme.” Julia drehte an ihrem Ring. “Ich war im vergangenen Februar nicht ehrlich zu dir. Ich sagte, du hättest gegen die Moralklausel verstoßen, indem du weggelaufen bist, und
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