Das Arrangement
aufgefallen. Sie waren an dem Abend von Marnies Haar verdeckt gewesen. “Wann hat er dir die gegeben?”, wollte sie wissen. “Du kennst ihre Geschichte, oder? Das sind die Villard-Diamanten. Sie sind verflucht.”
“Ich glaube nicht an so was.” Marnie war vollkommen erschüttert, dass sie den Schmuck trug, den er zuvor bereits Regine geschenkt hatte. Warum hatte er ihr das nicht gesagt?
“Lies die Hintergrundinformation über Andrew”, drängte Julia. “Die Ohrringe haben seiner Mutter gehört. Sie war Opernsängerin und hatte offensichtlich eine vielversprechende Karriere vor sich, aber sie ist bei einem merkwürdigen Unfall ums Leben gekommen, als Andrew noch ein Teenager war. Er hat den Schmuck geerbt und ihn Regine geschenkt – und sie ist ebenfalls bei einem ominösen Unfall getötet worden. Und jetzt ist dir auch etwas passiert.”
Und der richtigen Alison.
Marnie hatte die Ohrringe
nach
dem Unfall bekommen, aber das konnte sie Julia nicht verraten. Andrew hatte nicht erwähnt, ob er Alison die Ohrringe gegeben hatte, bevor sie verschwunden war, aber er hatte betont, wie sehr sie Diamanten liebte, dass sie sie auch im Bett trug … als Einziges.
Marnie versuchte eine aufsteigende Übelkeit zu bekämpfen. Möglicherweise war sie bereits die vierte Frau in Andrews Leben, die den Villardschmuck trug. Die anderen davor waren tot oder vermisst. Das klang allerdings nach einem Fluch.
“Nimm sie ab”, sagte Julia. “Nimm sie bloß ab.”
Marnie entfernte die Ohrringe und warf sie in ihre Tasche.
“Jetzt lies den Polizeibericht”, drängte Julia. “Lies die ganze Akte. Du musst alles wissen.”
“Das reicht”, sagte Marnie. “Ich habe genug gehört.”
“Na gut, dann steck eben weiterhin den Kopf in den Sand und verdräng die Wahrheit. Das Schlimmste weißt du ja bereits. Du warst ja dabei, als sie ihn wegen Mordes angeklagt haben.”
Mord?
Marnie blieb fast die Luft weg, während sie auf die Papiere auf ihrem Schoß starrte. Er war angeklagt worden? Marnie hatte Andrews Behauptung, dass Regines Tod ein Unfall gewesen sei, nie angezweifelt. Sie war so mit ihrer Genesung und Verwandlung beschäftigt gewesen. Jetzt musste sie den Polizeibericht lesen. Sie musste herausfinden, wovon Julia redete – und sie musste das Ausmaß von Andrews Lügen erfahren.
21. KAPITEL
A ndrew kam aus der Dusche und trat auf den kühlen Marmorfußboden. Seine Haut war erhitzt und leicht gerötet, nachdem er sich ausführlich abgeschrubbt hatte. Zuerst warf er einen prüfenden Blick zum Badezimmerfenster, durch das fahles Licht in den Raum fiel. Es war blass gelblich, und an dem Winkel der Schatten konnte er erkennen, dass es die späte Nachmittagssonne sein musste. Wahrscheinlich war es ungefähr vier Uhr.
Dann nahm er sich ein Handtuch vom Regal. Er schlang es um seine Hüften, verknotete es und griff nach einem zweiten für seine tropfnassen Haare. Heute Mittag war er in einem Polstersessel eingeschlafen, während er darauf wartete, dass Marnie von ihrem Einkaufstrip zurückkam. Leider war er jedoch nicht durch ihr Eintreffen geweckt worden. Ein widerlicher Traum von Bret und Alison hatte ihn verschwitzt und übellaunig aufwachen und sofort unter die Dusche huschen lassen, wo er das Wasser so heiß wie möglich aufdrehte. Er hatte das Gefühl, von den Gedanken an dieses perverse Szenario vollkommen beschmutzt zu sein.
Er hätte gern geglaubt, dass es für die Fotos eine plausible Erklärung gab, fürchtete aber das Schlimmste. Bret war zweifellos ein durchgedrehtes Ekelpaket, aber was er von Alison halten sollte, wusste Andrew einfach nicht mehr. Er hatte ihr schon immer eine ganze Menge zugetraut, aber Inzest und Pornografie gehörten nicht dazu. Schlimmer noch, soweit er beurteilen konnte, brachte ihn diese Entdeckung in seiner Untersuchung kein Stück weiter, sondern hatte ihn lediglich mit Informationen versorgt, auf die er getrost hätte verzichten können. Trotzdem konnte er es nicht völlig außer Acht lassen. Wenn er es genau betrachtete, sollte er im Moment wahrscheinlich überhaupt nichts außer Acht lassen.
Andrew hatte sich gerade fertig rasiert und tupfte sich etwas Aftershave auf die Wangen, als er hörte, dass jemand das Schlafzimmer betrat. Er zog sich einen Bademantel über und ging zur Tür, um sie einen Spaltbreit zu öffnen. Es war Marnie, beladen mit Einkaufstüten. Sie und Julia schienen erfolgreich gewesen zu sein.
Er beobachtete sie, wie sie die Tüten aufs Bett fallen ließ, die
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