Das Arrangement
Fruchtsaft in ein zweites Glas. Die Flüssigkeit hatte ein tiefes dunkles Rot wie Granatapfel, und der Anblick machte Marnie durstig.
“So wie ich Julia einschätze, hat sie für alles bezahlt”, sagte er, nachdem er einen Schluck probiert hatte. “Ich hoffe, dass sie auf diese Weise
ihren
Schmerz mildern kann.”
Es sollte ein Witz sein, doch Marnie hatte gerade zu viel von Julias Problemen kennengelernt, als dass sie darüber hätte lachen können. Es war ein merkwürdiges Gefühl, dass plötzlich Andrew der Feind und Julia ihre Verbündete war. Das Leben konnte sich von einer Sekunde auf die andere vollkommen verändern, so plötzlich wie ein aufkommender Sturm. Und genauso war es mit den Menschen, die man kannte.
Andrew genoss seinen Drink sichtlich. Es hätte genauso gut Wein im Glas sein können, so wie er damit umging. Er beugte sich darüber und atmete das fruchtige Aroma ein. Dann ließ er die Flüssigkeit sogar noch etwas im Mund auf den Gaumen einwirken, ehe er sie schluckte. Marnie musste wider Willen feststellen, dass dieses Ritual sehr erotisch wirkte. Er umfasste den Stiel des Glases mit seinen langen, starken schönen Fingern, die eine Frau in den Wahnsinn treiben konnten.
Wie gut sie darüber Bescheid wusste – sie und mindestens noch zwei weitere Frauen.
Sie raffte ihre Bluse zusammen, weil sie sich plötzlich wieder so entblößt vorkam. Allein mit ihm in diesem Zimmer, fühlte sie sich nicht sicher. So verrückt es auch scheinen mochte, sie wünschte sich, irgendwo zu sein, wo man ihr Schreien hören könnte, von wo aus sie zur Not weglaufen konnte.
Marnies Reaktion zeigte Andrew überdeutlich, dass sie irgendetwas verstört hatte, dass sie noch mehr beschäftigte als die Sorge um ihre Großmutter. Er hoffte, sie würde seinem Vorhaben zustimmen oder zumindest ein offenes Ohr dafür haben. Es gab nur eine Möglichkeit, einen Patienten ohne Familienangehörige in irgendwelchen medizinischen Einrichtungen aufzuspüren. Er musste einen Detektiv engagieren.
“Ich wünschte, ich hätte bessere Neuigkeiten”, begann er. “Ich habe sie nicht gefunden, und es ist doch nicht so leicht, wenn man sich nicht so gut auskennt. Ich möchte jemanden anheuern, vorher wollte ich aber mit dir darüber sprechen.”
“Jemanden anheuern?”
“Wir brauchen jemanden, der sich professionell darum kümmert. Ich kann nicht die Fragen stellen, die ich möchte, ohne zu viel Aufmerksamkeit auf mich zu lenken. Das wäre für uns beide zu riskant. Für einen Privatdetektiv ist das kein Problem. Außerdem verfügt der über die entsprechenden Kontakte und hat Zugang zu den Akten und Datenbanken.”
“Kennst du so jemanden?”
“Wenn man in der Musikbranche arbeitet, muss man solche Leute kennen”, versicherte er ihr. “Rockstars brauchen oft diskrete Hilfe, und sie geben sich nur mit den Besten zufrieden.”
Sie schien nicht besonders begeistert von diesem Vorschlag. “Keiner auf dem Flohmarkt konnte dir irgendwas über Gramma Jo sagen?”
“Sie wollte womöglich nicht, dass die anderen wissen, wohin sie geht. Ich bin sicher, dass wir sie mithilfe eines Profis finden werden.”
“Meinst du nicht, es ist riskant, jemanden anzuheuern? Vielleicht schadet es Julia oder Bret. Und, Gott bewahre, Tony Bogart würde es erfahren.”
“Ein seriöser Privatermittler kümmert sich nur um seinen Fall. Die pikanten Einzelheiten des Privatlebens der Fairmonts interessieren ihn nicht. Das würde ihn nur ablenken.”
“Na gut”, sagte sie und seufzte. “War es das, worüber du mit mir reden wolltest?”
“Zum Teil.” Er machte sich immer noch Sorgen um sie. Sie hatte sich über irgendetwas aufgeregt, doch es blieb ihm nicht mehr genug Zeit, ihr auf den Zahn zu fühlen. In Bezug auf seine eigenen Nachforschungen trat er auf der Stelle. Inzwischen war er bei dem Rückzugsplan angelangt, doch auch der gestaltete sich schwierig. Es war unerlässlich, die Einzelheiten für sich zu behalten, nicht mal Marnie durfte davon erfahren. Er konnte ihr nicht alles verraten, trotzdem war er auf ihre bedingungslose Unterstützung angewiesen.
“Ich mache mir Sorgen um deine Sicherheit”, sagte er. “Und zwar seit dieser Pflanzenkübel dich fast getroffen hätte.” Er kam zu ihr herüber und setzte sich neben sie aufs Bett. “Bogart macht mir auch Sorgen. Ich dachte, er wäre nur eifersüchtig. Inzwischen bin ich mir nicht mehr so sicher. Der Typ ist gefährlich, Marnie, und wenn er herausfindet, dass ich weg bin,
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