Das Arrangement
war. Es fühlte sich gut an, sich darüber keine Gedanken mehr machen zu müssen. Das war das einzig Gute, was sie dieser Situation abgewinnen konnte.
32. KAPITEL
A ls Marnie ihrem vom Gericht bestellten Pflichtverteidiger gegenüber an dem Tisch im Besucherraum saß, konnte sie nicht anders, als sich zu fragen, ob die Tinte auf seinem Universitätsdiplom wohl schon trocken war. Paul Esposito sah kaum älter als Mitte zwanzig aus. Offensichtlich hatte er kein großes Interesse an ihrem Fall. Alles deutete darauf hin, dass sein einziges Ziel darin bestand, ihren Fall so schnell wie möglich für immer abzuschließen, selbst wenn das bedeutete, sie den Löwen zum Fraß vorzuwerfen.
“Die Staatsanwältin verlangt die Todesstrafe”, erklärte er in einem Tonfall, als sprächen sie gerade über das Wetter. “Ich denke, wenn wir uns kooperativ zeigen, wird sie auf lebenslänglich ohne Bewährung runterkommen.”
“Lebenslänglich, das ist eine ganz schön lange Zeit.”
Paul zuckte die Schultern, und Marnie wurde klar, dass jede Ironie bei ihm verschwendet war. Sicher auch jeder Versuch, ihn für ihren Fall zu gewinnen. Natürlich ging er davon aus, dass er es mit Alison Fairmont zu tun hatte, gegen die eine drückende Beweislast sprach und die ohne finanzielle Unterstützung dastand. Aber wahrscheinlich wäre sie ihm auch egal gewesen, wenn er gewusst hätte, wen er tatsächlich vor sich hatte.
“Wie lautet also ihr Plan?”, erkundigte sich Marnie.
“Sie bekennen sich im ersten Fall schuldig, und die Staatsanwaltschaft wird beim zweiten auf Totschlag plädieren. Ich werde dafür sorgen, dass sie die zweite Anklage fallen lassen. Es gibt nicht genügend Beweise dafür.”
“Und ich verbringe dann den Rest meines Lebens im Hochsicherheitstrakt?”
“Das ist besser als die Todeszelle.” Wieder zuckte Paul die Schultern. Jemand sollte ihm sagen, dass das eine unvorteilhafte Geste war.
“Sind Sie sicher? Haben Sie da Erfahrung?” Warum verschwendete sie überhaupt ihren Atem an ihn?
Er schloss ihre Akte und schob sie in seine Aktentasche, alles ganz ordentlich. Aus den Augen, aus dem Sinn. Was ihn betraf, so war sie bereits zu einer lebenslangen Haft verurteilt. Mit dieser Ansicht stand er scheinbar nicht allein da.
“Kann ich dann der Staatsanwältin sagen, dass der Deal steht?” Er sah sie fast hoffnungsvoll an.
“Lassen Sie mich mal darüber nachdenken.” Sie hatte nicht vor, ihn so einfach zu entlassen, nachdem er ihr den Tag versaut hatte – und vermutlich auch die restlichen ihr verbleibenden. So leicht würde sie ihn nicht davonkommen lassen.
“Ich habe eine Frage”, sagte sie schließlich. “Gestern früh habe ich eine Reportage im Fernsehen gesehen, in der von einer Leiche die Rede war, die man an der mexikanischen Küste gefunden hat.”
“Ja, das habe ich auch gesehen.” Paul schloss die Aktentasche und rückte seine Krawatte zurecht. “Offensichtlich waren sie nicht in der Lage, die Leiche zu identifizieren. Der Kiefer war rausgebrochen. Sie wissen nicht, ob es bei einem Unfall passiert ist oder ob sie jemand unkenntlich machen wollte. Keine schöne Art, zu gehen.”
Marnie erwidert nichts. Sie fühlte sich, als wäre die Decke auf sie heruntergestürzt, kraftlos ließ sie den Kopf hängen. Paul war ihre Verzweiflung nicht entgangen. Er hielt mitten in der Bewegung inne und musterte sie interessiert. So viel Anteilnahme hatte er während des ganzen Gesprächs nicht gezeigt.
“Warum fragen Sie danach?”
Marnie zuckte die Schultern. Nun war sie an der Reihe. “Nur so. Mein Mann ist dort auf Geschäftsreise, und ich habe mir Sorgen gemacht.” Darauf wollte sie es beruhen lassen, aber wie es schien, hatte sie mit ihrer Anspielung etwas in dem jungen Mann ausgelöst, das sie nicht vorhergesehen hatte. Paul Espositos Interesse war geweckt.
“Mrs. Fairmont, wann kommt Ihr Mann denn wieder? Hatte seine Geschäftsreise irgendetwas mit Ihrem Fall zu tun?”
Ob
Andrew wiederkam, war wohl eher die Frage. Jetzt, wo sie seine ganze Aufmerksamkeit hatte, kam Marnie der Gedanke, dass sie vielleicht die Möglichkeiten des Pflichtverteidigers dafür nutzen konnte, Andrew zu finden. Er schien bereit, auf ihr Zeichen hin die Spürhunde loszuhetzten. Aber Marnie war noch nicht bereit, diese Entscheidung zu treffen. Immer noch scheute sie die Folgen, die das für Andrew und auch für Julia hätte. Nicht zu glauben, dass sie sie nach wie vor schützen wollte!
Es schien beinahe so, als
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