Das Arrangement
Alisons Tod einleiten, wenn sie denn überhaupt tot war. Wer weiß, was ihn erwartete, wenn die Staatsanwaltschaft erst einmal beschloss, Anklage gegen ihn zu erheben? Jemand musste Alisons Fingerabdrücke ausgetauscht haben, und wer hatte dafür ein besseres Motiv als er?
Marnie hatte keine Ahnung, wo er gesteckt hatte, aber sie verstand jetzt, was es ihn gekostet haben musste, bei dieser Anhörung zu erscheinen. Sein Gesicht sah eingefallen aus, als hätte er tagelang nicht geschlafen oder gegessen.
Immerhin hatte er bisher seine Freiheit gehabt, rief sie sich in Erinnerung. Plötzlich stieg eine rasende Wut in ihr auf. Sie wusste nicht, was sie zu ihm sagen sollte. Überhaupt nicht.
Glücklicherweise redete er für sie und drückte das aus, was sie nicht sagen konnte.
“Wahrscheinlich würdest du mich jetzt am liebsten erwürgen”, sagte er so leise, dass nur sie ihn verstehen konnte. “Bitte gib mir die Gelegenheit, dir alles zu erklären, bevor du dich auf mich stürzt.”
Marnie konnte immer noch nichts darauf erwidern. Wie benommen setzte sie sich in Bewegung, ließ ihn einfach stehen. Das alles war zu viel für sie, viel zu viel. Das Einzige, was sie jetzt wollte, war diesen Gerichtssaal verlassen, aus dem Gebäude gehen und nachsehen, ob die Sonne noch schien.
33. KAPITEL
A lso
hier
war er gewesen?
Marnie versuchte erst gar nicht zu verbergen, wie schockiert sie war, als sie sich in dem malerisch schönen Strandhaus umsah, das Andrew in den letzten Wochen als Versteck benutzt hatte. Das im Landhausstil gestaltete Gebäude hatte mehrere Terrassen, die zum Ozean hinauszeigten, und eine warme, rustikale Einrichtung. Man musste sich einfach in den Anblick dieser Räume mit den Zedernholzwänden, den gemütlichen Sofas und dem altmodischen Kamin verlieben.
“Kann ich dir etwas bringen?” Andrew deutete zur Küche. “Ich könnte dir ein Omelett machen. Das Essen wird ja sicher nicht besonders gut gewesen sein.”
“Das Essen im
Gefängnis
, meinst du?”, entgegnete sie scharf. Diese schützende Taubheit hatte sich gelegt, und nun lagen ihre Nerven blank. Sie war wütend, dass er sie im Stich gelassen hatte, wütend, dass sie all dies ohne ihn hatte durchstehen müssen, wütend, dass er sie nicht früher erlöst hatte.
“Marnie, du kannst doch nicht annehmen, dass ich dir das alles mit Absicht zugemutet habe.”
Sie warf abwehrend ihren Kopf zurück. “Also hier warst du die ganze Zeit – in einem wunderschönen Strandhaus. Während man mich in einen Betonbunker gesperrt hat, wo ich wählen durfte zwischen Verhungern oder Spülwasser.
Gutes Essen?
Andrew, ich war in der Hölle und hab dem Tod ins Auge gesehen. Was hast
du
derweil getan?”
“Versucht, dich aus dem Betonbunker herauszuholen.” Er ging zur Küchentheke, öffnete den Kühlschrank und holte eine Dose Red Bull heraus.
“Wirst du mir erklären, was passiert ist?”
Andrew zog den Dosenverschluss auf und nahm einen langen Schluck. Er hielt das Getränk weiterhin fest umklammert, als er es auf die Theke stellte, den Rücken zu Marnie gewandt. “Der ursprüngliche Plan war eigentlich, den Killer aufzuscheuchen. Ich habe ihm eine Falle gestellt und wollte sehen, ob er nach dem Köder schnappt. Aber ich konnte natürlich nicht ahnen, dass LaDonna ermordet wird und du im Gefängnis landest. Ich brauchte einfach noch ein bisschen mehr Zeit.”
“Nun, ich bitte vielmals um Entschuldigung, dass ich deine Pläne durchkreuzt habe.” Am liebsten hätte sie ihm eine Ohrfeige verpasst. Das Gefühl ohnmächtiger Wut, das zuvor von ihrer Verzweiflung gedämpft worden war, kam jetzt zum Vorschein. Sie konnte sich nicht mehr zurückhalten.
Er wandte sich um und lehnte sich gegen den Tresen, die Arme vor der Brust verschränkt. “Ich habe dich hierher gebracht, um dir alles zu erklären. Ganz ehrlich. Wirst du mir zuhören?”
Sie verschränkte ebenfalls die Arme vor der Brust. “Dann beginn bitte mit der Anhörung zu meinem Schuldbekenntnis. Woher wusstest du davon? Das kann ja kein Zufall gewesen sein, dass du ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt in den Gerichtssaal geplatzt bist.”
“Ich habe Diego Sanchez gebeten, täglich die Liste der Verhandlungen zu überprüfen. Das ist der Detektiv, den ich ursprünglich zu deinem Schutz engagiert hatte. Dummerweise gefiel Bret sein Gesicht nicht, und er hat ihn gefeuert, aber Diego konnte sich daraufhin anderweitig nützlich machen. Seine Beziehungen zum Kriminalgericht ermöglichten ihm, mich
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