Das Arrangement
eine Schaufensterpuppe verwandelte.
“Alison ist nicht die Einzige, die heute Abend schön aussieht”, sagte Andrew und kam zu ihnen herüber. Er streckte seine Hand aus, und Julia zögerte nur kurz, bevor sie sie ergriff. Ganz offensichtlich bemühte sie sich ernsthaft um Höflichkeit.
Andrews Kompliment klang echt, und zu Alisons großer Erleichterung lächelte Julia. Vielleicht würde der Aufenthalt in Sea Clouds doch nicht der erwartete Albtraum für sie. Nur Bret schien der Situation nicht gewachsen zu sein. Unbeeindruckt von dem Friedensangebot seiner Mutter war er aufgestanden und ins Haus gestürmt. Interessant, wie viel weniger bedrohlich er durch dieses Verhalten des aufsässigen kleinen Bruders wirkte.
“Bitte schön.” Rebecca brachte Julia einen Brandy Sour und einen Teller mit verschiedenen Appetithäppchen. “Versuch eine der Muscheln, mal sehen, was du dazu sagst.”
Alison entschuldigte sich und ging zum Rand der Terrasse, von der aus man einen wunderschönen Blick auf die saphirblaue Bucht hatte, die etwa zehn Meter unter ihnen lag. Dahinter erstreckte sich der Pazifik in die Unendlichkeit. Bei Flut krachten die Wellen donnernd gegen die Felsen, doch im Moment war alles ruhig.
Julia folgte ihr langsam und stellte sich dann neben sie, mit ihren perfekt manikürten Fingern umfasste sie den Stiel ihres Glases. Die Diamanten und Smaragde ihres Eherings funkelten in der Dämmerung.
“Der Ausblick hat sich nicht verändert”, bemerkte Alison. “Im Gegensatz zu diesem Haus. Es ist wunderschön.”
Julia zuckte die Schultern, als wäre das gar nichts. “Den Ausblick konnte ich kaum verbessern, aber im Haus musste etwas getan werden. Es war seit eurer Kindheit nicht mehr renoviert worden.”
Das musste mehr als zwanzig Jahre her sein. “Ich erinnere mich nicht”, sagte Alison, “aber ich kann mir nicht vorstellen, dass es schöner sein könnte als jetzt. Du hast die klassischen Formen bewahrt, aber es wirkt trotzdem sehr frisch und modern.”
Sie hoffte, das war genau das, was Julia hören wollte. Sie begann die Zwangslage der Anastasia zu verstehen, die entweder die rechtmäßige Erbin oder eine fremde Hochstaplerin war – ohne selbst genau zu wissen, was zutraf.
“Alison, sieh mal, was ich gefunden habe.”
Alison drehte sich um und sah Bret, der mit zwei gerahmten Fotos auf sie zukam. Die hielt er hoch über den Kopf wie ein Beweismittel. Er schien auf wundersame Weise nüchtern geworden zu sein.
“Weißt du noch, wo das aufgenommen wurde?” Er deutete auf eines der Fotos, die Aufnahme eines Leuchtturmes auf einem einzelnen Felsen. Er drehte das Bild sogar noch etwas, damit die anderen es auch sehen konnten.
Die Szenerie kam Alison nicht im Entferntesten bekannt vor. Andrew stand neben Rebecca und beobachtete die kleine Fairmont-Zusammenkunft. Alison blickte unauffällig zu ihm hinüber, doch er schüttelte den Kopf. Diesmal konnte er ihr nicht helfen.
“Tut mir leid, nein.”
“Nein?” Bret tat, als wäre er entsetzt. “Lass mich raten, Transiente Amnesie? Klingt wie eine ziemlich vergessliche Type.”
Alison erwiderte nichts darauf. Er wollte sie ködern. Seine Augen glitzerten, wie immer, wenn er mit sich zufrieden war. Seit ihrer Ankunft heute Abend war er misstrauisch gewesen, doch Alison fühlte sich im Moment nicht in der Lage, es auf einen Kampf mit ihm ankommen zu lassen. So angegriffen zu werden, hatte sie am meisten befürchtet.
“Lass mich mal sehen.” Julia riss Bret das Bild aus der Hand, nahm die Rückwand des Rahmens ab und zog das Foto heraus, um das Datum auf der anderen Seite zu lesen.
“Das Foto ist von
deiner
Reise zu den Britischen Inseln, Bret. Das war in dem Sommer, als du deinen Collegeabschluss gemacht hast. Ich habe das Datum und den Ort hinten aufgeschrieben, bevor ich es gerahmt habe.” Sie sah ihn vorwurfsvoll an. “Entschuldige dich bei deiner Schwester. Sie erinnert sich nicht an diesen Ort, weil sie nie dort gewesen ist.”
Brett zuckte nur lässig die Schultern, aber Alison war klar, dass er versucht hatte, sie reinzulegen. Gott sei Dank hatte sie nicht einfach irgendetwas geraten. Er wollte sie nicht nur testen. Er stellte ihr Fallen.
“Huch, mein Fehler”, sagte er. “Was ist mit dem hier? Das kleine Wunderkind wird doch nicht seinen großen Auftritt vergessen haben, was?”
Bret hielt das andere Foto hoch. Es zeigte Alison am Stutzflügel im Wohnzimmer des Hauses. Es war ihr sechzehnter Geburtstag gewesen, und
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