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Das Arrangement

Das Arrangement

Titel: Das Arrangement Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Forster
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wahrscheinlich hatte sie gerade “Für Elise” gespielt, das einzige Stück, das sie jemals auswendig gelernt hatte.
    Alison überkamen die merkwürdigsten Empfindungen, während sie auf das Bild starrte. Es war, als würden sich die tauben Partien ihres Gesichts auf den ganzen Körper ausbreiten, bis sie überall gefühllos war. Das war wirklich zu viel. Er würde nicht aufgeben, bevor er sie nicht in Stücke zerrissen hatte.
    Julia fauchte ihn frustriert an. “Bret, deine Schwester wäre fast an einem Hirntrauma gestorben, und sie ist nicht nach Hause gekommen, um zu deiner Unterhaltung Klavier zu spielen. Jetzt gib mir das Foto und hör auf, sie zu piesacken.”
    Bret reichte ihr das Bild. “Ich denke, du hast recht. Dir hat es sowieso nie gefallen, wie sie gespielt hat.”
    “Das habe ich nicht gesagt!”
    “Das hast du jedem gesagt, der es hören wollte. Du hast es auch ihr gesagt, stimmt es nicht, Alison? Mom hat nie geglaubt, dass du talentiert bist.”
    “Lass es sein, Bret”, sagte Julia drohend.
    Bret gab ihr irgendeine Erwiderung, aber Alison hörte nicht mehr zu. Sie wandte sich um und überließ die beiden sich selbst, während sie ins Wohnzimmer ging. Sie sah den Stutzflügel vorm Fenster an der hinteren Wand, und ihr Puls beschleunigte sich.
    Einen Augenblick später saß sie am Klavier und starrte auf die Tasten. Das Blut pochte in ihrem Herzen, ihre Hände zitterten. In ihrem Kopf summte es, und alles drehte sich vor ihren Augen. Sie konnte kaum Schwarz und Weiß unterscheiden.
    Vorsichtig legte sie die Hände auf die Tasten, eine Oktave voneinander entfernt. Drückte eine, dann eine weitere, versuchte erst einen Akkord, dann zwei, aber nichts wollte in ihr Gedächtnis zurückkehren. Sie konnte die Musik in ihrem Kopf hören, doch die Finger wussten nicht, was sie tun sollten. Sie schienen von der Verbindung abgeschnitten.
    Einen Augenblick schloss sie die Augen, bemühte sich um die Erinnerung, strengte sich an, doch ihr Gehirn war leer. Es schien aussichtslos. Sie wollte wieder aufstehen, als ihr Blick erneut auf die Tasten fiel. Frustriert schlug sie darauf. Der Lärm ließ sie zusammenzucken, doch ihre Finger öffneten sich und kamen in Bewegung. Es war keine bewusste Handlung ihrerseits, aber irgendetwas passierte. Sie traf eine falsche Note nach der anderen. Wand sich und verzog das Gesicht und versuchte es erneut. Nach und nach kam es zurück, ganz vorsichtig schlug sie eine Taste nach der anderen an und schon bald ertönte eine erkennbare Melodie. “Für Elise”.
    Sie spielte nicht besonders gut, aber sie spielte, und als sie aufblickte, stand die ganze Familie im Türrahmen und beobachtete sie. Julia, Andrew, Rebecca, sogar Bret. Andrew war derjenige, der ihr zuerst applaudierte.

6. KAPITEL
    A lison starrte in die Dunkelheit und konnte nicht glauben, dass sie tatsächlich neben ihrem Ehemann im Bett lag. Er hatte sich auf den Rücken gerollt und tat so, als schliefe er. Um sie herum war Stille. Nicht einmal ein Atemzug war zu hören. Aber zwischen ihnen knisterte es heftig.
    Alison wagte nicht, sich zu rühren, nicht einmal, um auf die Uhr zu sehen. Sie fürchtete, irgendeine Bewegung zu machen, die ihn veranlassen könnte, etwas zu sagen oder in irgendeiner Art auf ihre Gegenwart in diesem Bett zu reagieren. Gott bewahre, dass sie sich berührten.
    Sie hatten stets Wert darauf gelegt, zwei unabhängige Menschen zu bleiben. Wenn ihnen etwas heilig war, dann die Distanz, die sie zwischen sich aufgebaut hatten. Sie redeten kaum mehr miteinander, als notwendig war, um ihr Arrangement aufrechtzuerhalten … Alison empfand dieses Dasein als ziemlich trostlos.
    Sie hatte nie richtig verstanden, was sie für ihn empfand, doch heute Nacht war es ihr unmöglich zu leugnen, dass sie starke Gefühle für ihn hegte. Sie fühlte sich von ihm eingeschüchtert, verspürte aber gleichzeitig eine starke Neugier, die auch von ihrem wachsenden Zweifel und ihrer Angst nicht gedämpft wurde. Keine Frage, er war sehr attraktiv – welche Frau wäre nicht beeindruckt von diesem Mann mit dem dunklen vollen Haar und den Augen, die wie tiefe dunkle Seen wirkten? Wie könnte sie sich nicht wünschen, zu erfahren, wie sich seine Lippen auf ihren anfühlten? Doch Sex gehörte nicht zu ihrer Vereinbarung, und auch wenn es frustrierend für sie war, so musste sie sich doch damit abfinden. Sie hatte darauf bestanden, dass ihre Beziehung platonisch blieb. Darauf hatte sie genauso stark gepocht wie er, doch ihre

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