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Das Aschenkreuz

Das Aschenkreuz

Titel: Das Aschenkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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können.»
    «Heraushelfen?» Heiltruds ohnehin mürrische Miene verfinsterte sich noch mehr. «Als ob die hohen Herren bei Gericht uns Frauen überhaupt anhören würden. Zumal wir bei der Obrigkeit keinen guten Stand haben, um’s gelinde auszudrücken.»
    Darin musste Serafina ihr recht geben. Die Schwestern Zum Christoffel gehörten zu den wenigen Sammlungen, die sich weder einem der hiesigen Klöster unterworfen hatten, noch einen städtischen Pfleger über sich dulden mochten. Im ersteren Falle nämlich hätten sie durch ein Leben in Klausur ihren Dienst am Nächsten aufgeben müssen; im zweiten Falle hätten die Stadtherren über Neuaufnahmen ebenso wie über die Wahl der Meisterin entscheiden dürfen und jederzeit Zutritt zu ihrem kleinen Konvent gehabt, um über die Einhaltung der Hausordnung zu wachen. So lebten sie, gegen erhebliche Widerstände, noch immer ganz im Geiste der Beginen, wobei heutigentags allein dieser Begriff schon Argwohn, ja Feindseligkeit bei Kirche wie Obrigkeit nährte. Fast war es zu einer Schmähung geworden, Begine genannt zu werden – auch wenn sie und die anderen Freiburger Schwesternsammlungen dieses Wort für sich mit einem gewissen Stolz und Trotz selbst benutzten.
    Catharina lächelte. «Dein Einwand, Heiltrud, ist gerechtfertigt. Wenngleich uns das nicht daran hindert, in der Stadt und im Umland ausreichend Fürsprecher für Barnabas zu finden. Das hat beim Blutgericht schon manches Mal über Leben und Tod entschieden, indem es die Richter dazu gebracht hat, nach Barmherzigkeit zu richten. So möchte ich jede von uns dazu aufrufen, in diese Richtung tätig zu werden, und zwar rasch. Ich fürchte, sehr viel Zeit bleibt uns nicht.»
    Grethe, die eben erst aus der Stadt zurückgekehrt war, warf ein: «Übrigens hat das Volk in den Gassen schon seine eigene Erklärung gefunden. Das Ganze wäre ein Fluch, der umgeht. Der Teufel selbst würde sich alle Todsünder holen und ihnen zum Hohn das Aschenkreuz auf die Stirn schmieren. Es wird schon darauf gewettet, wer als Nächstes an der Reihe ist.»
    Missbilligend schüttelte Catharina den Kopf. Dann ging ihr Blick zu Adelheid. «Die Stimmen aus deiner Familie hätten besonders viel Gewicht.»
    «Das weiß ich wohl, Mutter Catharina.» Sie zögerte. «Wer aber sagt uns, dass Barnabas unschuldig ist? Was wissen wir schon über ihn? Er haust in diesem elenden Loch am Waldrand, streunt durch die Gegend wie ein herrenloser Köter, und wenn er nicht gerade Unsinn daherbrabbelt, wettert er über die Geistlichkeit. Ich hab ihn mehr als ein Mal sagen hören, dass Pfaffen und Mönche das überflüssigste Geschmeiß unter der Sonne seien. Für solcherlei Respektlosigkeiten wäre er längst im Gefängnisturm gelandet, wenn ihn die Freiburger Bürgerschaft nicht bislang für harmlos und blöde gehalten hätte. Jetzt aber, wo ausgerechnet ein Mönch bestialisch ermordet worden ist …»
    «Hör auf», herrschte Serafina sie an. Dann stutzte sie. Was hatte Adelheid da gesagt? Sie hielt inne. Nicht nur war Bruder Rochus ein Mönch, auch Hannes konnte, als Ministrant und künftiger Priester, im weitesten Sinne der Welt der Geistlichkeit zugerechnet werden. Und beide Male war Barnabas am Tatort gewesen, völlig außer sich! Auch bei Hannes, denn dass er sie dort hingeführt hatte, schloss nicht aus, dass er nicht schon zuvor in der Abtsgasse gewesen war. Was also, wenn er aus irgendeinem Grunde, einem Veitstänzer gleich, die Beherrschung verloren hatte?
    «Wenn ich ehrlich bin», ließ sich nun Mette vernehmen, «mir hat er schon immer ein bisschen Angst gemacht, dieser Bettelzwerg. Allein, wie er einen manchmal anschaut. Als ob ein Dämon in ihm steckt.»
    «Jetzt ist aber endgültig Schluss mit diesem unseligen Geschwätz.» Catharina, die sonst stets die Ruhe selbst war, schlug aufgebracht die Hand auf den Tisch. «Barnabas würde keiner Fliege etwas zuleide tun. Nur weil der Herrgott ihn anders geschaffen hat als unsereins, gibt uns das nicht das Recht, ihn für einen Unhold oder gar Mörder zu halten. Wir haben uns gelobt, den Ärmsten und Schwächsten zu helfen, und ebendies erwarte ich jetzt von euch. Alles andere wäre eine Schande für unsere Gemeinschaft.»
    Eine Welle von Erleichterung durchfuhr Serafina. Ihre Zweifel verschwanden so plötzlich, wie sie gekommen waren. Wie hatte sie so etwas überhaupt nur denken können? Wo Barnabas doch fast schon verehrungsvoll von Hannes gesprochen hatte. Wie hatte er ihn genannt? Den feinen Hans mit

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