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Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Das Auge der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Dekkard
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erste Fürst der Pyu bezeichnet. Von seinem Tempel ist die Rede.“
Thian-o-Li. Eine von Conleys Notizen erwähnte den Namen. Es entging Leonard aber, wo sich da für die anderen die Sensation versteckte. Der Museumsleiter nutzte den Moment, das Zepter wieder zu ergreifen.
„Die frühesten, bisher entdeckten Bauten der Pyu stammen aus dem fünften, nachchristlichen Jahrhundert. Thian-o-Li aber lebte rund sechs- oder sogar siebenhundert Jahre früher. Existiert sein Tempel noch, oder, was wahrscheinlicher ist, Reste davon, so ist das einfach ...“
„Eine absolute Sensation“, übernahm Ellen wieder. „Das älteste Zeugnis dieser Kultur überhaupt. Vielleicht warten dort Antworten auf ungeklärte Fragen. Woher sie kamen, zum Beispiel.“
Zum ersten Mal schaltete Namdring sich ein.
„Womöglich auch eines der ersten Zeugnisse des Buddhismus in diesem Land.“
Eine Glut sprang auf Leonard über. Aber sie unterschied sich von Ellens, von der des Museumsleiters, von Namdrings. Wenn man bei dessen in sich ruhender Gelassenheit von Glut sprechen konnte. Die anderen interessierte der geschichtliche Aspekt, die Möglichkeit, Außergewöhnliches für die Fachwelt zu entdecken. Conley hatte ein anderes Feuer in ihm entzündet. Und Ellen goss noch Öl darauf.
„Vermutlich ist es das, worauf er hinweist.“
„Worauf wer hinweist?“, mischte sich Ruud ein.
„Möglich“, wiegelte Leonard ab. „Sagt die Inschrift, wo dieser Tempel zu finden ist?“
„Da wird es schwierig“, gab der Museumsleiter kleinlauter zu. „Die Pyu siedelten hier bis ins Jahr 850. Dann wurden sie von den vorrückenden Burmesen unterworfen und assimiliert. Ihre Kultur verschwand einfach.“
Seiner Aussage nach stammten alle noch existierenden Tempel und Pagoden aus der Zeit danach.
„Kein einziger verrät die Handschrift von Pyu-Baumeistern. Dass die Stele das Gegenteil behauptet, ist ja gerade die Sensation.“
„In der Inschrift gibt es einen merkwürdigen Satz“, sagte Ellen. „Das Licht spiegelt die Dunkelheit.“
„Was bedeutet das?“, fragte Leonard.
„Namdring, möchten Sie?“
Der Mönch winkte mit den Händen ab, doch Ellen insistierte. „Erzählen Sie es. Es ist Ihre Entdeckung.“
„Wie Sie wünschen.“
Die Inschrift, so erklärte der Mönch, deute einen alten Kult an, von dem er selbst nie gehört hatte. Man hatte sich alle Mühe gegeben, ihn geheimzuhalten. Weniger aus Machtanspruch, wie Namdring vermutete, sondern mehr zum Schutz.
Der Kult bediente sich in allem einer Umkehrung der Symbolik. Der Satz, den Ellen erwähnte, bezog sich auf die Architektur des Tempels. Man bezeichnete ihn als die Dunkelheit . Statt über der Erde gebaut wurde er in die Tiefe gegraben. Da er ein Geheimnis verhüllte, sollte er nicht entdeckt werden. Das Licht interpretierte Namdring als einen Tempel, der als Spiegelung darüber errichtet wurde. Erst später, nach der Eroberung durch die Burmesen.
„Dafür kann es nur einen Grund geben. Die burmesischen Herrscher fingen an, eine Pagode nach der anderen zu bauen. Sie sehen ja, wie eifrig sie dabei waren. Die Pyu fürchteten, ihr uraltes Heiligtum würde dabei zufällig entdeckt. Und so errichteten sie selbst einen Tempel, um es für immer darunter zu verbergen.“
„Leider wird sich der sichtbare Teil darüber kaum von den anderen Bauten unterscheiden“, ergänzte Ellen. „Als perfekte Tarnung bedienten sich die Pyu des Baustils ihrer Eroberer. Deshalb wurde auch nie ein Hinweis auf einen Pyu-Tempel in Bagan gefunden.“
Dies musste das Heiligtum sein, auf das das Auge der Dunkelheit durch die Zeit hindurch seinen Schatten warf.
„Das ist alles, was auf der Steintafel steht?“, fragte Leonard.
Der Museumsleiter kratzte sich am Hinterkopf.
„Die einzige ortsbezogene Angabe deutet leider nicht auf die Lage, sondern nur auf etwas im oder an dem Tempel selbst. Hinter dem 5. Tag der Woche wachen die 9 über die 15. Und dieser eine führt ins Licht. “
Wie die anderen setzte auch Leonard ein dummes Gesicht auf. Selbst der Mönch verzog in gespielter Enttäuschung die Mundwinkel, bevor er antwortete.
„Man könnte annehmen, ein Chinese hätte sich das ausgedacht. Die sind ganz vernarrt in diesen Zahlen-Hokuspokus.“
„Mister Ryland. Glauben Sie nicht, dass wir ein Anrecht auf eine Erklärung haben?“
Der scharfe Ton des Holländers verblüffte alle bis zur Sprachlosigkeit.
„Was ist mit euch los, Leute?“, drängte er. „Das Foto, das euch zu dieser tollen

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