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Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Das Auge der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Dekkard
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der Schrecken, den Leonard beim Öffnen der Gruft empfunden hatte. Stattdessen ergriff ihn rasch ein steigendes Fieber. Nach und nach wurde ihm die Bedeutung seines Fundes bewusst. Anders als erhofft war es nicht das Auge der Dunkelheit. Aber Captain Blackford Conley hatte den Kris einst besessen. Er existierte. Unter den Papieren befand sich eine Zeichnung, ähnlich der Radierung in Mahangirs Hotelzimmer. Im Gegensatz dazu jedoch viel detailgetreuer, plastischer. Sie bewies ein außerordentliches Talent des Zeichners. Die handschriftlichen Notizen sprachen von der Pracht, der seltsamen Aura, die von dem Dolch ausging. Wie Conley selbst den Zwang verspürte, seinen Fund niemandem anzuvertrauen , da er sonst seines nackten Daseins nicht mehr sicher sei.
Das konnte sich nur auf den Gegenstand selbst beziehen. Da Conley nirgendwo den Verlust des Dolches beklagte, musste er bis zur letzten Stunde in seinem Besitz gewesen sein. Er hatte den Kris nicht aus der Hand gegeben, trug Sorge, dass sein Geheimnis bewahrt wurde durch seine Geliebte, ihm in hündischer Treue ergeben. Sie hatte sich lieber selbst eingemauert, als es preiszugeben. Ein Stück Seidenpapier erwies sich als der Schlüssel. Dicht bemalt mit zarter Schrift, feiner geführt als die herrische des Offiziers, zudem in malaiischer Sprache. Da er es nicht selbst übersetzen konnte, ging er das Wagnis ein, es einem Fremden zu zeigen.
Als Leonard das Archiv zum zweiten Mal aufsuchte, erkannte ihn der Angestellte und grüßte freundlich.
„Ich habe noch etwas zu Conley gefunden. Er wird als im Kampf gefallen geführt.“
„Sie sagten gestern, der Krieg habe nur drei Monate gedauert und auf britischer Seite weniger Tote gefordert als ein Busunglück.“
„Das stimmt“, entgegnete der Angestellte. „Aber dem Krieg folgten jahrelange Aufstände. Auch Conleys Einheit wurde darin verwickelt. Er starb durch die Kugel eines Rebellen.“
Stimmte die Geschichte des malaiischen Barbiers, zumindest der realistische Teil, hatte aus diesem Grund seine Geliebte vergeblich auf seine Rückkehr gewartet.
„Etwas Genaueres über die Umstände ist leider nicht verzeichnet.“
Der Mitarbeiter teilte Leonard mit, in Burma gebe es noch Einrichtungen, die Dokumente über die koloniale Vergangenheit bewahrten, in Rangun oder Mandalay. Leider sei wegen der politischen Lage ein Austausch nicht möglich. Das dortige Militärregime schotte das Land hermetisch ab.
„Das einzige, was die Grenzen ungehindert passieren kann, ist Heroin“, sagte er bittersüß. „Und das Geld, das damit im großen Stil verdient wird.“
Damit spielte er auf Singapurs unrühmliche Rolle als Geldwäscher-Zentrum des Fernen Ostens an.
Heftig kehrte Leonards Fieber zurück, befeuert durch die Ahnung, die ihn beim Anblick des Seidenpapiers ergriffen hatte.
„Wären Sie so freundlich, dies hier für mich zu übersetzen?“
Der Angestellte sprach malay und erklärte sich bereit.
    Tausend Tränen habe ich vergossen. Alle Hoffnung ist dahin. Auf Erden werde ich dich, sayang, nicht wiedersehen. Du besaßest nur eine Träne, die dein Geheimnis blieb, dein Schatz. Nie sprach ich darüber, wie du es mir geboten hattest. Weil er mich sonst holt, der Unergründliche, der Unvermeidbare, der Unabwendbare. Kaum wage ich, es niederzuschreiben. Niemand solle je davon erfahren. Schon wagtest du selbst nur einmal in stiller Stunde, es auszusprechen. Und es würde in dein Grab sinken, bevor ein anderer eine Silbe davon erfährt. Wie bist du ihm verfallen, hat er dich gequält mit seinen süßen Verheißungen. Dein Schmerz, sayang, ist meiner. Ihn zu teilen ist mir versagt. Du kommst nicht wieder, so muß ich fürchten, daß geschah, was du gesehen hast. Er zu dir gekommen ist, der Unergründliche, der Unvermeidbare, der Unabwendbare. Und der treueste deiner Treuen dir mitgab in die letzte Zuflucht, wie du es bestimmt hast, dein Geheimnis, deine Träne, dein Schatz. Weh mir. Weh mir für das, was nun auf mich wartet.
    Mit der letzten Zeile deutete sie das unaussprechliche Grauen ihres eigenen Todes an. Die Worte erschütterten Leonard. Sie hatte sich diesem entsetzlichen Martyrium nicht freiwillig ausgeliefert. Womöglich befahl es ihr Conley für den Fall seines eigenen Todes. Leonard konnte kaum ermessen, wie sie ihrem Geliebten derart verfallen sein konnte, diesem Befehl Folge zu leisten.
Obwohl er weder die Verfasserin des Schriftstücks kannte, noch um dessen Bedeutung wusste, zeigte sich eine tiefe

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