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Das Auge der Fatima

Das Auge der Fatima

Titel: Das Auge der Fatima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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Decke über Saddin breitete, seinen Freund. Sein Freund? Ali war nicht mehr überrascht. Vielleicht war Saddin sogar der einzige wahre Freund gewesen, den er je in seinem Leben gehabt hatte. Diese Erkenntnis kam spät, doch es war noch nicht zu spät. Noch konnte er etwas tun, um seine Freundschaft zu beweisen. Und er wollte nicht, dass ein Unbeteiligter dieses zarte Band durch seine Anwesenheit zerstörte. Ihnen blieb ohnehin nicht mehr viel Zeit. »Ich werde dich rufen, falls ich deine Hilfe doch noch benötigen sollte.«
    Ob Mahmud verstand, worum es hier ging, konnte Ali nicht sagen. Doch er verneigte sich widerspruchslos und ging.
    »Hast du Durst?«, fragte Ali.
    »Nein, mir ist nur kalt. Entsetzlich kalt.«
    Ali wickelte die Decke enger um ihn, obwohl er wusste, dass es nicht mehr viel nützen würde. Die Kälte, die der Nomade jetzt spürte, war ohne Zweifel eine Folge des Blutverlustes, einer der Vorboten des nahen Todes.
    »Ich bin so müde«, flüsterte Saddin. »So unendlich müde.«
    »Dann solltest du versuchen ein wenig zu schlafen.«
    Doch Saddin schüttelte heftig den Kopf. »Ganz gewiss nicht. Ich werde noch genug schlafen können«, sagte er, und seine Stimme klang beinahe wie sonst - klar und selbstbe- wusst. Doch es war offensichtlich, dass dies ein letztes Aufbäumen seiner Kräfte war. »Nein, ich will die Sterne sehen, solange ich dazu in der Lage bin. Ich will ihren Anblick dorthin mitnehmen, wohin ich bald gehen werde.«
    Ali spürte einen Kloß in seiner Kehle. Das Gesicht des Nomaden wirkte fast durchsichtig, so als würde er nicht einfach sterben, sondern allmählich vor seinen Augen verschwinden.
    »Gibt es etwas, dass du dir noch von der Seele reden möchtest?«
    »Beichten, solange ich noch dazu in der Lage bin?« Saddin lachte und verzog erneut das Gesicht vor Schmerz. »Nein. Allah hat mir ein reiches, ein erfülltes Leben geschenkt. Nie musste ich mich vor einem anderen beugen. Ich bereue nichts, keinen Augenblick. Was auch immer ich getan habe an Gutem oder Schlechtem, Allah wird mein Richter sein.«
    Ali nickte. Er konnte nichts mehr sagen. So gern er auch etwas für seinen Freund getan hätte, es gab nichts mehr zu tun. Er bettete den Kopf des Nomaden auf seinen Schoß, und schweigend blickten sie gemeinsam in den Sternenhimmel hinauf. Er spürte, wie Saddin mit jedem Atemzug schwächer und schwächer wurde. Es ging jetzt sehr schnell. Viel zu schnell.
    »Es ist so weit, Ali«, sagte Saddin nach einer Weile. Seine Stimme war kaum mehr zu hören. Und dann lächelte er. Es war ein so schönes Lächeln, dass Ali den Eindruck hatte, der Flügel eines Engels hätte seine Wange gestreift. »Hättest du jemals gedacht, dass ausgerechnet ich in deinen Armen sterben würde, so als wären wir zeit unseres Lebens Freunde gewesen?«
    Die Augen des Nomaden weiteten sich, als wollte er noch einmal den ganzen Sternenhimmel mit einem einzigen Blick umfassen. Sein Brustkorb hob sich in einer letzten, sanften Bewegung. Dann war er still. Ali schluckte.
    »Wir waren immer Freunde«, sagte er leise, obwohl Saddin es nicht mehr hören konnte. »Auch wenn wir beide das die meiste Zeit nicht gewusst haben.«
    Er strich dem toten Mann in seinen Armen das Haar aus der Stirn und sah ihm in die Augen. Sie wirkten nicht so starr und gebrochen wie bei den meisten Toten, die er bisher gesehen hatte. Und nicht so entsetzt wie die der beiden Fidawi. In den schönen dunklen Augen des Nomaden spiegelte sich das Licht der Sterne, als hätte er seinen Wunsch, ihren Anblick in den Tod mitzunehmen, erfüllt bekommen. Und ein Sternbild erstrahlte ganz besonders hell - es hatte die Form eines großen leuchtenden Auges.

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    5.
    N ur langsam und widerwillig kam Beatrice zu sich. Sie fühlte sich benommen, so als würde sie aus einer Vollnarkose erwachen. Sie wollte ihre Glieder strecken, sich bewegen, um dem Bedürfnis, wieder einzuschlafen, nicht nachzugeben. Doch etwas ungewohnt Hartes, Spitzes bohrte sich in ihren Rücken. Es fühlte sich an, als hätte ihr jemand aus Bosheit einen scharfkantigen Felsbrocken ins Bett gelegt. Überhaupt war die Matratze, auf der sie lag, ungewöhnlich hart und unbequem. Es erinnerte sie an den Futon, den Markus Weber bei sich in der Wohnung stehen gehabt hatte. Während jener drei Jahre, die sie mit diesem Mann zusammengelebt hatte, war sie jeden Morgen mit Rückenschmerzen aufgewacht. Und jedes Mal, wenn sie Markus davon erzählt und ihn gebeten hatte, seinen Futon doch

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