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Das Auge der Seherin

Das Auge der Seherin

Titel: Das Auge der Seherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Hanley
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Prinzessin, die ihr alle tot glaubtet!"
    Torina stand mit wehendem Haar am Rand der Tribüne. Von Freude überwältigt schrie Emid: „Willkommen daheim, Torina!"
    Überall im Schlosshof stimmten die Menschen in seine Worte ein, bis ein unermesslicher Jubel die Luft erzittern ließ. Emid sah in den Mienen der Archelder einen längst vergessenen Ausdruck von Glück. Ihm war, als strahle selbst der Himmel heller.
    Torina nahm die Hand ihrer Mutter. Dreea, ganz die Königin, nickte würdevoll und wartete, bis der Trubel sich gelegt hatte.
    Als wieder Ruhe eingekehrt war, ergriff Torina das Wort. „König Dahmis! Hört mein Zeugnis! Nicht Landen hat König Kareed ermordet! Lasst ihn frei!" Sie hatte den Gefangenen auf dem Schafott nicht vergessen. Emid sah das Leuchten in den Augen des jungen Mannes, als dieser Torina anschaute, es war, als strahlten zwei Sonnen auf. Und Emid sah die Liebe, die darin lag. Eine strahlende, starke Liebe. Die Stimme des Oberkönigs hallte von den Schlossmauern wider: „Lasst ihn frei!"
    Landens Wächter eilten, ihm die Fesseln zu lösen. Jungen drängelten sich um ihn und geleiteten ihn, der noch ein wenig hinkte, zum Oberkönig. „Bürger von Archeld! Hier steht der Held, der uns vor dem Einmarsch der Sliviiter gerettet hat!"
    Die Soldaten, die sich versammelt hatten, Landens Enthauptung beizuwohnen, jubelten ihm offen zu. Er schien sie nicht zu hören. Von seinem Platz aus reichte er Torina die Hand. Sie beugte sich von der Tribüne zu ihm herab und umschloss seine Finger. Emid hörte die begeisterten Rufe, die bis zur Küste widerhallten.

 
15. Kapitel
     
    Am nächsten Morgen spazierten Torina und Dreea durch ein Gewirr von Unkraut, wo einst ihr Garten gewesen war. Die junge Frau beugte sich zu einem Brennnesselgestrüpp hinunter, teilte es mit ihrer behandschuhten Hand und zeigte auf eine Blume, die daraus hervorlugte. In ihrem roten Haar verfingen sich die Strahlen der Sonne.
    „So viel Unkraut", seufzte Dreea. „Ich wollte hier nichts tun, solange du fort warst."
    „Auch wenn das Unkraut wuchert, die Blumen sind geblieben. Dieser Garten wird schöner denn je, jetzt, da ich endlich wieder daheim bin."
    Dreea fuhr mit dem Finger über einen grünen Stängel. „Ich habe immer daran geglaubt, dass du am Leben bist."
    Torina fasste die Mutter liebevoll an der Schulter. „Ich hörte deine Stimme vor der Tür und musste dich fortschicken, weil ich um dein Leben fürchtete." Dreea zitterte. „Die starken Drogen hatten mich so benebelt, dass ich nicht die Kraft hatte, deine Tür aufzubrechen." „Als ich in Desante lebte, schrieb ich dir so viele Briefe, die ich nie abgeschickt habe. Ich verbrannte sie vor meiner Abreise, damit sie nicht in falsche Hände gerieten. Du hättest gelacht, Mama, hättest du gesehen, wie ich als Bäuerin lebte und mich selbst versorgt habe." „Gott sei gedankt für das Glück, dass du bei guten Leuten Unterkunft fandest."
    „Glück ist das richtige Wort. Die Freundlichkeit, die ich in Desante empfing, ist nicht mit Worten auszudrücken. Die Familie Dirkson muss glauben, ich sei tot. Ich freue mich darauf, sie eines Besseren zu belehren." „Was sie wohl denken, wenn sie erfahren, dass hinter ihrem Haus eine Prinzessin gewohnt hat?" Als Dreea lächelte, meinte Torina, die schönste Frau im ganzen Königreich vor sich zu sehen. Sie hoffte, ihr eigenes Gesicht würde eines Tages ebenso viel Liebe und Güte ausstrahlen.
    „Endlich werden sie sich erklären können, warum ich von wichtigen Dingen wie Gartenarbeit und Kochen keine Ahnung hatte. Oh, werden sie sich wundern! Zum Glück haben sie alle eine gute Konstitution." Torina lachte.
    Sie standen in der Sonne und schwiegen. „Ich sollte ihm dankbar sein", dachte Torina laut. „Wem? König Dahmis?"
    „Nein. Ja - aber ich meine Vesputo. Ohne ihn wäre ich noch immer das dickköpfige, verwöhnte Kind von einst. Erst Vesputo hat mich den Wert vieler Dinge lernen lassen." Sie blickte sich in dem verwilderten Garten um. „Wie wenig wusste ich, als ich dachte, alles sei verloren." „Ich verstehe dich, Torina."
    Sie gingen weiter. Die Sonne wärmte die Erde unter ihren Füßen. „Gehst du mit mir zum Friedhof? Ich will Vaters Grab besuchen. Und das Grab eines anderen, dem Ehre gebührt." Torina dachte an Eric. „Natürlich." Sie gingen weiter.
    „Was für ein großartiger junger Mann Landen doch ist, Torina. Ich weiß immer noch nicht, wie ihr Euch kennen gelernt habt."
    „Das erzähle ich dir ein

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