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Das Auge der Seherin

Das Auge der Seherin

Titel: Das Auge der Seherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Hanley
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würden ihr fremdländisches Aussehen schnell zunichte machen.
    Als Nächstes verkaufte er seine sämtlichen Waffen, einschließlich eines selbst hergestellten, vorzüglichen Bogens.
    Ein alter Händler gab ihm eine Handvoll Münzen dafür und versteckte den Bogen und das Schwert ganz hinten in seinem Lager.
    „Schöne Handarbeit", bemerkte er und sah Landen neugierig an.
    „Hm. Ich hatte eine Pechsträhne, sonst würde ich ihn nicht verkaufen", antwortete Landen. „Könnt Ihr damit umgehen?", fragte der Alte und deutete mit einem Kopfnicken auf eine Sammlung von Pfeilen und Schwertern an der Wand. Landen nickte.
    „So ein junger, kräftiger Mann wie Ihr, der sich dazu mit
    Waffen auskennt, sollte sich mustern lassen."
    „Kann man sich hier als Soldat verpflichten?"
    „Nun ja, unter Umständen. Der König braucht immer
    einsatzbereite Krieger."
    „Unter Umständen?"
    „Also, wenn Ihr Eure eigenen Waffen tragt und vom Geschäft etwas versteht, habt Ihr vielleicht eine Chance." Der Mann ließ seinen Blick wieder über sein Waffenarsenal wandern.
    „Und wieviel verlangt Ihr für ein einfaches Schwert und einen Bogen?"
    Der alte Mann strich sich übers Kinn. „Nun, ich hätte da einen Kunden, der mir alles, was Ihr mir verkauft habt, abnehmen würde. Ich kann Euch also einen fairen Preis machen." „Wirklich?"
    „Schwerter aus Archeld sind hierzulande selten. Und sie sind bekanntlich aus erstklassigem Material geschmiedet. Und dieser Bogen, der ist ein wahres Meisterstück."
    Landen schluckte und widersprach nicht. Der Mann schien keinen Zweifel daran zu haben, woher das Schwert stammte.
    Ausgerüstet mit desantischen Waffen ritt Landen nach der nahen Hauptstadt. Die Zufahrtsstraße war lehmig, obwohl sie mit Kieselsteinen befestigt war. Durch die Tore der Stadt strömten lärmende Männer mit Barten,
    Frauen mit bunten Kopftüchern und schwer beladene Lasttiere. Die Wachen beachteten Landen kaum, der auf einem gewöhnlichen Pferd und in der landesüblichen Kleidung daherkam. Eine abgerissene Gruppe von Spielleuten ein paar Meter vor ihm erregte dagegen ihre Aufmerksamkeit.
    Also betrat der Flüchtling die Stadt und folgte neugierig um sich schauend dem Strom der Menschen. Die engen Straßen waren von einfachen, soliden Häusern aus Holz und Stein gesäumt. Die geschäftigen, lärmenden Menschen drängelten sich gutmütig aneinander vorbei. Landen blieb auf der Hauptstraße und lauschte auf die Wortfetzen, die an sein Ohr drangen. „Desante und Archeld müssen die gleiche Mutter gehabt haben", murmelte er vor sich hin und war froh, dass Sprache und Akzent sich stark glichen. Die einfachen Leute hatten eine rauhe, merkwürdig abgehackte Sprechweise. Die vornehmeren Leute hingegen sprachen ähnlich wie er.
    Er hielt da und dort an, um an einem Stand etwas zu Essen zu kaufen. Das Brot hier war würzig und derb. Am frühen Nachmittag erreichte er den Marktplatz, von dem mehrere Straßen mit überfüllten Gasthäusern und Schankstuben abgingen. Er mietete sich für die Nacht ein Zimmer und unterhielt sich mit dem Stallburschen.
    „Ihr wollt sicher zum Wettkampf, oder?", fragte ihn der Mann beiläufig.
    „Hm", antwortete Landen, denn er wollte sich nicht durch Fragen als Fremdling zu erkennen geben. „Dann solltet Ihr Euch beeilen. Die Stute ist bei mir in guten Händen."
    Der junge Mann trat rasch auf die Straße und ließ sich wieder von der Menge treiben. Direkt vor ihm eilte ein Junge an der Seite eines älteren Mannes. Landen belauschte ihre Unterhaltung.
    „Ob Tamand wohl gewinnen wird?", fragte der Junge.
    „Vielleicht, denn als Krieger darf er eine Lederrüstung
    tragen, der Verbrecher aber nicht."
    „Sie kämpfen aber beide mit Schwertern?"
    Ja. Wenn Tamand den Schurken tötet, bekommt er
    zwanzig Raschus in Gold! Mehr als wir beide in zwanzig
    Jahren verdienen würden, ohne Abgaben. Kein Wunder,
    dass die Krieger sich auf so einen Kampf einlassen."
    „Tamand ist sehr stark, nicht wahr, Papa?"
    „Angeblich. Und der Schurke soll ein Bär von einem
    Mann sein."
    „Und was bekommt er, wenn er gewinnt?" „Das ist sehr unwahrscheinlich, denn er hat keine Rüstung. Nur wer tötet, hat gewonnen. Doch gelingt es ihm, wird er begnadigt und kann sich als Söldner verdingen."
    „Begnadigt, obwohl er einen unschuldigen Krieger getötet hat?" Die verwunderte Frage des Jungen spiegelte Landens eigene Gedanken wider.
    „Nun, hätten sie nichts zu gewinnen, würden sie sich auf
    so einen Kampf niemals

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