Das Auge der Seherin
alle Länder auseinander und das Bündnis war für die Katz. Außerdem bin ich stärker." Michal schwenkte seinen Arm.
„Der Stärkste von allen", bestätigte Dahmis lächelnd. Larseid beugte sich vor. „Der Oberkönig ist als stattlicher Mann mit braunem Haar bekannt." Er zeigte auf Michal. „Für einen Fremden, der den König noch nie gesehen hat, könnte Michal gut als König durchgehen. Das braune Haar stimmt, Herr, und Eure Kleider könnten ihm auch passen."
Dahmis sagte streng: „Ich werde niemals zulassen, dass du dich für ein Amt in Gefahr begibst, das nicht das deine ist, Michal."
„Ich bin hartnäckiger als du, König Dickkopf", antwortete Michal.
„Hier geht es nicht um irgendeine Kinderei!", brüllte Dahmis.
Ihre lauten Stimmen tönten noch bis tief in die Nacht. Schließlich stimmte Dahmis zu, dass Michal die Kleider des Königs tragen und mit dem vermeintlichen Abgesandten sprechen durfte - falls wirklich ein Abgesandter käme.
Denn Vesputo hatte keine Nachricht vorausgeschickt.
König Dahmis in der Uniform eines Soldaten von niederem Rang und Michal in königlichem Ornat standen unweit des Schlosses auf einem freien, an einen Wald angrenzenden Feld. Michals stattliche Gestalt war wie geschaffen für diese Rolle. Dahmis lächelte über die Ähnlichkeit. Nervös trat er von einem Fuß auf den anderen.
Die Sonne stand tief. Um diese Zeit sollte es geschehen, hatte sie gesagt.
„Wenn sich das alles als großer Schwindel herausstellen sollte ...", sagte er und beugte sich zu Michal vor. „Halt! Komm mir mit deinem gewöhnlichen Kopf nicht so nah!", rief Michal verschmitzt und verzog scheinbar angewidert das Gesicht. Dahmis lachte. „Du Schuft!" „Wenn diese Wahrsagerin noch mehr zu prophezeien hat, möchte ich meine Zukunft auch erfahren." „Vergiss nicht, mein Freund, wenn sie Recht hatte, ist diese Verkleidung sehr gefährlich für dich." „So ist es, aber sieh doch! Da kommt Larseid mit einem Fremden, der genau auf die Beschreibung passt." Die beiden Männer sahen Larseid gespannt entgegen, der neben einem großen, breitschultrigen Mann in der Kleidung Archelds ging.
„Nun, Michal. Sei ein König." Dahmis trat schnell einen Schritt zurück
Larseid kam näher, sein Gesicht glänzte vor Schweiß. Die zwei Männer blieben wenige Schritte vor Michal stehen.
„König Dahmis, dieser Mann ist ein Abgesandter König Vesputos", verkündete Larseid.
Michal trat einen Schritt vor. „Ich begrüße Euch. Welch unerwartete Ehre."
„Ich begrüße Euch, mein Herr. Ich habe eine dringende Botschaft von König Vesputo zu überbringen, die nur für Eure Ohren bestimmt ist. Vielleicht könnt Ihr mich am Abend noch empfangen."
„Schade, dass Euer Besuch nicht angekündigt wurde", sagte Michal. „Heute Abend ist es mir leider nicht möglich Euch zu empfangen." Er runzelte die Stirn, als dächte er nach, dann deutete er zum nahen Wald. „Doch jetzt hätte ich einen Augenblick Zeit, wenn Ihr von der Reise nicht zu müde seid."
Der Besucher aus Archeld lächelte unheilvoll. Dahmis Herzschlag beschleunigte sich. Der Bursche sah gefährlich aus. Als Michal auf diesem Plan bestand, hatte er wohl nicht mit einer ernsthaften Bedrohung gerechnet.
Die beiden Männer gingen auf den Wald zu und verschwanden zwischen den Bäumen. Dahmis und Larseid folgten in einigem Abstand. Alles war still, nur das leise Rauschen des Windes und gedämpfte, ruhige Stimmen drangen durch das Blattwerk der Bäume. Dahmis und Larseid blieben stehen und warteten. Ein Schrei - sie stürzten vorwärts und brachen durch das dichte Laub. Michal und der Archelder kämpften um ein langes Stilett. Vesputos Mann hielt es nur wenige Zentimeter von Michals Hals entfernt, doch Michal drückte die Hand fort. Beide Männer zitterten vor Anspannung.
Als der Fremde sie sah, riss er sich von Michal los und rannte davon. In diesem Augenblick stürmten fünf von Dahmis' treuesten Kriegern hinter den Bäumen hervor und überwältigten den Mann mitten im Lauf. Er ging zu Boden und wurde vorsichtig entwaffnet. König Dahmis gab ihnen ein anerkennendes Zeichen, dann eilte er zu Michal.
Heftig atmend streifte sich sein Freund den Königsmantel ab und warf ihn Dahmis zu. „Hier, da hast du deine Königswürde wieder, danke schön", fluchte er laut. „Hat er dich verletzt?", fragte Dahmis besorgt.
„Nicht einen Kratzer."
Dahmis griff sich an die Brust, sein Herz raste, als wolle es davongaloppieren.
„Mein Herr, wer auch immer dich
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