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Das Auge der Seherin

Das Auge der Seherin

Titel: Das Auge der Seherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Hanley
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unwahrscheinlichste Ort für eine Invasion war. Die Schiffe der Sliviiter würden eine große Bucht ansteuern, um ihre Kanonen möglichst effektiv einsetzen zu können und leichten Zugang zum Land zu haben. Das war seine Überzeugung gewesen und das hatte er seinen Generälen gesagt. „Die Männer von Hauptmann Medron?", fragte der König gepresst.
    „Ihr Lager liegt im Süden der Bucht, sie erwarten Eure Befehle, Herr." „Wie viele?" „Einhundert, Herr."
    Dahmis drehte sich nach Michal um. „Wie konnte der

Feind die Bucht von Schlossburg als Angriffsziel auswählen? Nirgendwo sind unsere Truppen schwächer und der Nachschub weiter entfernt! Als ob sie es wüssten." Er schwieg und dachte nach. Nur wenige kannten die Standorte sämtlicher Truppen. Die Könige. Und die Generäle. Undenkbar, dass irgendeiner von ihnen den Sliviitern Informationen zuspielen würde. Zuviel stand für jeden auf dem Spiel. Verwüstungen in Glavenrell oder Desante hätten eine Hungersnot zur Folge, die auch die anderen Königreiche betreffen würde. Wenn es eine Gemeinsamkeit gab, so war es der Wille, die Sliviiter zu besiegen.
    „Herr", warf der Soldat ein, „es heißt, Eure Wahrsagerin habe sich von Euch abgekehrt und helfe jetzt den Sliviitern."
    Dahmis wirbelte auf dem Absatz herum. „Unmöglich!"
    „Ich wiederhole nur, was ich gehört habe", sagte der Mann kleinlaut.
    Bilder von Vineda schossen dem König durch den Kopf. „Das wiederholst du nie wieder, verstanden? Und nun sag, wie lange wird es dauern, bis die Nachricht die anderen Truppen erreicht haben wird?" „Es wird alles getan, um sie zu informieren, mein Herr, aber sie sind von dieser Bucht sehr weit entfernt." Der König ging hastig zur Tür. „Michal, wir reiten zur Bucht von Schlossburg. Ich danke dir für das Überbringen der Nachricht, Soldat. Wenn du dich ausgeruht hast, folge uns. Wir brauchen jeden verfügbaren Mann."
    Der König und sein Freund hasteten durch die Gänge der Burg und teilten Befehle aus. In alle Winkel der Königreiche wurden Boten geschickt, um Truppen zu mobilisieren, die verbliebenen Wachen in der Burg mussten sich zum Abmarsch bereithalten und auch Bellanes wurde benachrichtigt.
    „Wir brauchen bei Gott mehr als Bellanes' fünfzehn Männer, um gegen diese Flut anzukämpfen", sagte der König.
    Als der Oberkönig das Lager von Medron erreichte, war es früh am Abend und schon recht kühl. Er befahl seinen Soldaten sich auszuruhen. Er selbst setzte sich mit Michal ans Feuer und hörte sich an, was Medron zu berichten hatte.
    Der Hauptmann bestätigte, dass die sliviitische Flotte draußen vor der Küste lag.
    Den Kopf auf die Hände gestützt dachte der König nach. Wie sollten die paar hundert Männer, die er hatte mobilisieren können, eine Armee von Tausenden in Schach halten? Er war so tief in Gedanken versunken, dass er erschrak, als Bellanes und Andris zum Feuer traten.
    „Bellanes. Gut, dass Ihr gekommen seid, mein Freund. Und auch Ihr, Andris." Bellanes hageres Antlitz sah aus, als habe er seit Tagen mit einem schrecklichen Feind gerungen. Er sah um Jahre gealtert aus und war von Trauer erfüllt.
    „Bellanes, wie Ihr seht, hat sich Eure Vorahnung bewahrheitet. Ihr wisst, was uns bevorsteht. Wie sollen wir eine Armee umzingeln, die vom Meer her angreift? Der Wind hat sich gelegt. Wahrscheinlich werden sie morgen angreifen, noch bevor unsere Verstärkung eintrifft. Diese Nacht, so fürchte ich, wird unser Schicksal besiegeln." „Die einzige Möglichkeit ist ein Überraschungsangriff, sagte Bellanes ruhig.
    ,Allein unsere Schwäche scheint niemanden zu überraschen - eine kleine Einheit, vom Nachschub weit abgeschlagen, steht der größten Piratenflotte aller Zeiten gegenüber." Die Stimme des Königs hatte jeglichen Glanz verloren.
    „Man muss ihre Schiffe zerstören, die so viele Soldaten transportieren können", sagte Bellanes ernst. „Aber meine Flotte liegt im Süden. Sie kann frühestens in zwei Tagen da sein und ist den sliviitischen Schiffen niemals gewachsen."
    „Schlossburg ist doch berühmt für seinen Teer?", fragte Bellanes ohne auf den König einzugehen. Verwirrt wandte sich Dahmis an Medron. Dieser nickte. Ja. Die Menschen hier stellen Teer her und verkaufen ihn als Herdanzünder bis nach Archeld." „Wie viele Männer kann ich bekommen?", fragte Bellanes den König.
    „Morgen früh vielleicht eintausend."
    „Ich brauche vierunddreißig zu den Männern meiner Bande. Ausdauernde, tapfere Männer. Und starke

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