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Das Auge von Tibet

Das Auge von Tibet

Titel: Das Auge von Tibet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliot Pattison
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hatte recht. Es ist gefährlich.«
    »Aber Laus Tod hat sich ereignet, während sie hier zu Besuch war, oder?«
    Jakli nickte.
    »Was bedeutet, daß sie hier Freunde hatte. Leute, denen sie vertraut hat.«
    Jakli nickte ein weiteres Mal.
    »Wenn Lau hier Freunde hatte, habe ich keine Angst«, behauptete Shan und hoffte, man würde seiner Stimme die Unsicherheit nicht anhören.
    Jakli schien etwas erwidern zu wollen, doch unversehens erregte ein anderes Ereignis ihre Aufmerksamkeit.
    Aus dem großen Gebäude trat ein Mann und ging zu dem Gehege. Er bewegte sich unsicher und schwankend, als sei er betrunken. Sie verfolgten aus dem Schatten, wie er hastig eines der Pferde sattelte, aufstieg und dann im Trab auf einen Pfad einbog, der Richtung Norden führte.
    Jakli schaute noch immer dem Reiter hinterher, während Shan bereits den Weg nach unten antrat und vorbei an den Hütten auf die Brettertür des großen Gebäudes zuging. Die Pferde blickten ihm stumm entgegen. Es roch ein wenig nach Rauch. An der Tür hielt Shan inne und drehte sich zu Jakli um, die nach wie vor auf dem Hügel stand und nervös die kleine Ansiedlung inspizierte, als sei sie letztendlich zu dem Schluß gekommen, daß es tatsächlich ein Fehler gewesen war, ihn herzubringen.
    Auf einmal barst die Tür nach außen auf, ein Mann stolperte ins Tageslicht und stieß mit Shan zusammen. Sie landeten beide im Sand, woraufhin der Fremde seine Hände um Shans Kehle legte und zudrückte. Shan keuchte kläglich auf und versuchte, den Mann abzuwerfen, was zur Folge hatte, daß der Angreifer von seinem Hals abließ, aber mit kleinen harten Fäusten auf Shans Brust einhämmerte.
    »Du Dieb!« brüllte der Mann mit schriller Stimme.
    Dann tauchten plötzlich zwei weitere Hände auf und packten den Mann an den Schultern, so daß Shan die Flucht ergreifen konnte. Jakli vermochte den Mann nur kurz aufzuhalten, dann entwand er sich ihrem Griff und kroch mit wildem und mordlüsternem Blick auf Shan zu.
    »Huf!« schrie Jakli. »Hör auf!« Sie verpaßte dem Mann einen Tritt in den Hintern, der jedoch zu keiner Reaktion führte. Dann trat sie noch einmal fester zu, so daß er bäuchlings auf dem Boden landete.
    Endlich kam der Mann zur Besinnung. Er hob den Kopf, sah sich verdutzt um, drehte sich dann langsam auf den Rücken, richtete den Oberkörper auf und starrte Shan und Jakli verwirrt an.
    »Ach, du bist das«, sagte der Mann namens Huf schwerfällig zu Jakli. Dann wandte er den Kopf in Richtung Tür. »Ich hab dich gar nicht gesehen«, murmelte er. Seine Verwirrung wich anscheinend einem anderen Gefühl.
    Er wirkt irgendwie enttäuscht, dachte Shan und spürte im selben Moment etwas Feuchtes an den Fingern. »Sie bluten ja«, rief er erschrocken und befürchtete, den Mann bei seinem Befreiungsversuch verletzt zu haben.
    Der Mann schaute auf seine verwundete rechte Schulter und sah dabei weniger beunruhigt als vielmehr entrüstet aus. »Erst beklaut und dann auch noch abgestochen!« nörgelte er lautstark. »Heute ist wirklich nicht mein Tag.« Er hatte eine große Nase und bleiche Haut, und die kleinen Flecke auf seinen Wangen schienen Sommersprossen zu sein. Sein kleines Gesicht belebte sich. »Niemand will dich hier«, sagte er mit einem merkwürdig hoffnungsvollen Unterton zu Shan.
    »Sie sollten diese Wunde säubern«, sagte Shan und suchte in seinen Taschen nach etwas, womit er dem Mann behilflich sein konnte.
    »Du mußt abhauen, bevor.« Der Mann hielt abrupt inne, als eine Gestalt im Eingang erschien, ein hochgewachsener Mann mit einer bestickten Kappe und einem leuchtendgrünen Hemd, dessen Ärmel abgerissen worden waren. Er hielt ein Glas in der Hand und wischte es soeben mit einem Stoffetzen ab.
    »Dich soll der Teufel holen, Osman!« kreischte Huf. »Irgendein Hundesohn hat meinen Beutel geklaut.« Als würde ihm nachträglich noch etwas einfallen, hob er eine Hand. Sie war rot von seinem Blut. »Und auf mich eingestochen. Man kann sich wirklich nirgendwo mehr sicher fühlen!»
    Der Mann, den er Osman genannt hatte, stieß ein nichtssagendes Grunzen aus. Dann sah er Jakli, und seine Augen begannen zu leuchten. Er hob lächelnd den Kopf und bemerkte Shan. Das Lächeln verschwand. Er warf Huf den Lappen zu und verschwand wieder im Gebäude.
    »Mistkerle!« fluchte Huf und schleuderte den Fetzen zurück Shan riß einen Streifen von seinem Unterhemd ab und verband damit die Wunde des Mannes, was dessen Wut merklich zu beschwichtigen schien. »Du mußt von

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