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Das Babylon-Virus

Das Babylon-Virus

Titel: Das Babylon-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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letzten Einmündung, wo Alyssas Pfeil den Männern höhnisch entgegenblickte.
    Diesmal haben wir die falsche Wahl getroffen, dachte Rebecca. Ihre Hände zitterten. Sie hatte schon Menschen sterben sehen, mehr als einmal. Es war kein Anblick, an den man sich gewöhnen konnte. Nicht, wenn er so unvorbereitet kam, ohne jede Vorwarnung. Doch das war nicht richtig.
Mit Sicherheit hatte es eine Warnung gegeben: Hier war sie zu lesen, direkt vor ihren Augen, in kryptischen Symbolen in den Lehm geritzt.
    Und noch immer hatten sie keine Ahnung, was sie bedeuten sollten.
    Die Gesichter der Soldaten waren bleich wie Wachs; ein harter Kontrast zum rötlichen Lehm der verputzten Wand.
    Merthes war vor der Tafel stehengeblieben. Auffordernd streckte er Alyssa die Hand entgegen.
    Rebeccas Schwester verstand sofort, reichte dem Oberst ihren Edding. Merthes beugte sich vor, die Miene wie aus Stein gemeißelt. Mit einer knappen Bewegung strich er den Pfeil aus, zeichnete einen neuen ein, nach rechts.
    »Ich übernehme die Spitze«, erklärte er. »Major Reinold!«, wandte er sich an einen der Soldaten. »Falls etwas Unvorhergesehenes passiert, haben Sie das Kommando!«
    Unvorhergesehen?, dachte Rebecca. Dieses Spiel war russisches Roulette! Das Labyrinth war gespickt mit tödlichen Fallen! Kein Mensch konnte daran noch zweifeln. Und sie hatten keine Chance, diese Fallen im Voraus zu erkennen, solange sie nicht entziffern konnten, was auf den Tafeln stand. Sie würden sie immer erst dann entdecken, wenn es einen von ihnen erwischte!
    Doch was sollte sie sagen? Mit welchen Argumenten widersprechen? Sie hatten keine andere Wahl, keine Zeit zum Nachdenken, das Für und Wider abzuwägen.
    Das Zirpen, war das Zirpen eine Spur? Der Zug setzte sich in Bewegung, und Rebecca lauschte. Das Geräusch lag in der Luft, wurde einen Moment lauter, um dann wieder abzuschwellen. Nein, es kam nicht von hier, nicht aus dieser Gasse. Aus dem Nebengang? Lauerte dort eine neue todbringende Sperre der Babylonier? War da noch ein zweiter Laut, ein Geräusch wie - Schritte? Nein, die ISAF-Männer
bewegten sich leise, trotzdem war der Gang von Echos erfüllt. Es ließ sich nicht sagen.
    Zwei Biegungen, einmal rechts, zurück nach links, eine neue Gabelung und eine neue Tafel. Inzwischen erkannte auch Rebecca bestimmte Symbole wieder, doch ein System, ein Ansatz für irgendeinen Sinn … Sie schüttelte den Kopf.
    »Wo ist Schröder?« Die Stimme des semmelblonden Jungen schwankte. » Schröder? «, rief er mit nervöser Stimme.
    Merthes verharrte mitten in der Bewegung, drehte sich um. Sein Blick schoss über die Reihen seiner Männer.
    Rebecca hatte die Namen der Soldaten noch nicht im Kopf, doch sie brauchte nur Sekunden, um nachzuzählen.
    Fünfzehn Männer.
    Heute Morgen waren es siebzehn gewesen, dazu Merthes und die beiden Frauen. Minus einen, der jetzt zwei Gänge entfernt über einem Gitterrost hing. Es hätten sechzehn sein müssen.
    »Wer hat Schröder zuletzt gesehen?«, fragte der Oberst scharf.
    Betreten, unruhig blickten die Soldaten einander an.
    »Am Eingang war er noch dabei, Herr Oberst«, meldete sich eine Stimme aus den hinteren Reihen. »Ich hab gesehen, wie er sich den Stiefel zugemacht hat. Er meinte, der geht immer auf.«
    Immer?, dachte Rebecca. Vielleicht zwischendurch noch mal? Doch sie hatten an jeder Einmündung Pfeile angebracht. Es war eindeutig nachzuvollziehen, in welche Richtung sie sich jeweils gehalten hatten: zweimal nach links, beim dritten Mal dann nach rechts. So langsam, wie der Zug vorankam, hätte Schröder sie längst wieder einholen müssen - selbst wenn er auf Händen gelaufen wäre.
    »Kehrt, marsch!«, befahl Merthes. Die Soldaten wichen
beiseite, als er durch ihre Reihen stürmte, um sich wieder an die Spitze zu setzen.
    »Oberst!« Alyssas Stimme war geschliffener Stahl. »Dazu haben wir keine Zeit. Es tut mir leid um diesen Mann, aber wir dürfen keine Zeit verlieren!«
    »Wir werden keinen meiner Männer verlieren!«, blaffte Merthes zurück. »Keinen einzigen mehr, wenn ich das verhindern kann.«
    »Dann sind Sie exakt auf dem falschen Weg, Oberst. Sie werden alle Ihre Männer verlieren, wenn wir nicht weitergehen. Keiner von uns wird morgen oder übermorgen noch am Leben sein, wenn wir das Heilmittel nicht finden.«
    Merthes starrte sie an. Rebecca sah, wie es in seinem Gesicht arbeitete.
    »Reinold! Frerichs!«
    Die beiden Soldaten nahmen Haltung an.
    »Räuberleiter!«, befahl der Oberst. »Frerichs, Sie

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