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Das Babylon-Virus

Das Babylon-Virus

Titel: Das Babylon-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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DumDum-Projektilen, die beim Eintritt in den Körper nur eine nadelfeine Punktwunde verursachten, im Innern aber in mehrere Teile zerplatzten und beim Austritt einen widerlichen Krater ins Fleisch rissen. Wenn sie überhaupt wieder austraten. Natürlich war diese Munition international geächtet, aber ebenso natürlich war sie mörderisch beliebt in Terroristenkreisen: ein im wahrsten Sinne des Wortes todsicheres Mittel, ein menschliches Ziel auszuschalten, auf schmutzige, aber effektive Weise.
    Nein, dieser Feind war kein Wer auch immer . Dieser Feind hatte strähniges blondes Haar und trug einen speckigen
Jeansanzug, wenn er seine Garderobe inzwischen nicht gewechselt hatte.
    Jean-Lucien Verholen hatte Witterung aufgenommen, und er hatte Verstärkung mitgebracht.
    Verstärkung, dachte Rebecca. Steffen Görlitz?
    Doch Görlitz war auf Amadeo angesetzt gewesen. Wenn er jetzt bei seinem Herrn und Meister war, bedeutete das nicht …
    Rebeccas Finger waren eiskalt, als sie die Wahlwiederholung drückte, zum zehnten oder zwölften Mal an diesem Morgen. Sie brachte das Handy ans Ohr, ohne den Blick von Merthes zu nehmen, der sich, geduckt wie ein Panther, der nächsten Einmündung näherte, der nächsten kryptischen Hinweistafel.
    Ihr Ruf ging raus … Irgendwo erklang jetzt der Chor der Gefangenen. Deaktiviert war Amadeos Handy nicht, so viel war klar. Der Anrufbeantworter hätte sich dann sehr viel schneller melden müssen.
    Nach einer Minute sprang die automatische Ansage an. Rebecca drückte die Taste mit dem kleinen roten Telefon.
    Sie war im Begriff, das Handy in ihre Tasche zurückzupacken, doch - es war ein Impuls, eine Eingebung. Rebecca klickte sich durch die Einträge in ihrem Telefonbuch und verharrte beim H.
    Sie wusste, dass Amadeo den Professor tags zuvor nicht erreicht hatte, aber genauso war ihr klar, dass er es weiterhin versuchen würde. Was, wenn es ihm doch noch gelungen war? Nicht, dass sie sich große Chancen ausrechnete, aber den Versuch war es …
    »Aphrodite höchstpersönlich muss es sein, die heute Morgen über den Wellen des Äthers wacht! Bei allen Göttern des Olymp! Frau Steinmann, welch freundlicher elektronischer Wind weht Sie zu mir?«

    »Professor!«, flüsterte Rebecca.
    »Sie haben tatsächlich meine Stimme erkannt?« Der alte Mann klang heiser. Vor allem klang er geschmeichelt. Krank klang er nicht.
    »Ich habe Ihre Nummer gewählt.«
    »Diese Worte schon bedeuten dem fiebernden Ohre Erquickung«, kam es blechern aus der Hörmuschel. »Wie geht es Ihnen?«
    »So lala«, murmelte sie. »Mein Gott, Professor! Seit wann sind Sie wieder im Institut? Wo waren Sie die ganze Zeit? Amadeo hat versucht, Sie …«
    »Ich hatte das Mobiltelefon dabei!«, verteidigte sich Helmbrecht. »Es wollte nur dauernd Dinge von mir, die ich ihm nicht geben konnte. Strom zum Beispiel.«
    »Und wo waren Sie?«
    Schweigen. Dann ein Räuspern. »Ich hatte etwas zu erledigen. Die Salzkekse waren alle«, gestand der alte Mann. »Ich hatte Hunger.«
    »Sie haben neue Kekse geholt? Achtundvierzig Stunden lang?«
    »Ich glaube nicht, dass Savonarola schon ein Handy hatte«, brummte der Professor. »Aber wenn er mobile Inquisitionsprozesse geführt hätte, hätte er genau Ihre Fragen gestellt. - War auf Usedom«, murmelte er undeutlich. »Hab meine Frau geholt. Jetzt gibt’s wenigstens wieder zu essen.«
    Rebecca stand der Mund offen.
    »Wer ist das?« Merthes sah sie aus zusammengekniffenen Augen an.
    »Ein alter Freund«, sagte sie leise. »Ein sehr alter Freund.« Sie hatte den Professor erst letztes Jahr kennengelernt, doch uralt war er auf jeden Fall. »Ein Wissenschaftler. - Entschuldigung«, murmelte sie ins Handy.

    »Versteht er was von alten Schriften?«, brummte Merthes. »Sonst plaudern Sie nächste Woche weiter, falls Sie dann noch nicht tot sind.«
    Genervt winkte Rebecca ab. Helmbrecht sagte etwas, laut und blechern, doch auf einmal …
    Versteht er was von alten Schriften?
    Rebecca keuchte.
    »Gesundheit!«, kam es aus dem Handy. »Hat es Sie jetzt doch erwischt?«
    »Professor«, flüsterte sie. »Wir haben hier etwas, das Sie sich unbedingt ansehen müssen.«

Der Himmel über Afghanistan
    Sophokles.
    Euripides.
    Homer.
    Amadeo starrte auf die zweite Hälfte des Papyrus, die Görlitz ihm schließlich doch noch ausgeliefert hatte - mit dramatischer Geste. Amadeo hatte einfach nur bitte sagen müssen. Höflichkeit, hatte die Narbenvisage ihm eingeschärft, Höflichkeit gehörte einfach dazu, wenn

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