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Das Babylon-Virus

Das Babylon-Virus

Titel: Das Babylon-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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dabei gewesen.
    »Und wie kommst du hierher?«, fragte er. »Nach Weimar?«
    »Genau wie du. Erst der Flieger, dann ein Mietwagen.«
    Er verdrehte die Augen. »Du weißt genau, was ich meine. Warum bist du hier? Meinetwegen? Woher weißt du, dass ich nach Weimar wollte? Das hab ich keiner Menschenseele erzählt.«
    Ein leichtes Lächeln zeigte sich auf ihren Lippen. »Der älteste Trick der Welt: mit dem Bleistift über die Zettel aus deinem Papierkorb schrabbeln: Helmbrecht. Weimar. Krankenhaus? Dazu deine Flugverbindung und ein paar Telefonnummern. Hab ich alle probiert: ist kein Mensch rangegangen.«
    »Da meldet sich schon seit gestern Vormittag niemand«, brummte er. »Höchstens im Krankenhaus. Da hab ich’s noch nicht versucht.«
    Rebecca schüttelte den Kopf. »Alle Krankenhäuser durchtelefoniert, in der ganzen Stadt. Da ist er nicht, es sei denn, sie haben im Grippe-Chaos den Überblick verloren. Ist es denn die Grippe beim Professor?«
    Amadeo zögerte. »Ich weiß es nicht«, gab er zu. Er holte Luft und begann zu berichten, was sich seit gestern Morgen ereignet hatte, angefangen mit seinem Albtraum und dem
ominösen Schreiben des Professors: Lesen! Lösen! Herbringen! bis zu dem Punkt, an dem Amadeo die Lösung in der Hand gehalten hatte: die Koordinaten im Petzinsee.
    »Verstehst du?«, fragte er. Er sah ihr in die Augen und wusste im selben Moment, dass die Frage überflüssig war. Sie war Rebecca Steinmann, die Frau, die er liebte, und doch noch so viel mehr. Rebecca war der einzige Mensch, mit dem er so offen über seine wahren Beweggründe sprechen konnte. Speziell der Traum, der ganz am Anfang gestanden hatte, der unheimliche Schatten, den dieser Traum auf alles, was seitdem geschehen war, gelegt hatte … Dinge, die der Logik und dem analytischen Denken nicht zugänglich waren und die zu akzeptieren ihm selbst schwerfiel, waren für Rebecca mit ihrer nebelhaften südamerikanischen Vergangenheit ein selbstverständlicher Bestandteil des Lebens.
    Sie musste nichts sagen. Ihr Blick genügte, der aufmerksam auf ihm ruhte, während er seine Geschichte erzählte - ohne den leisesten Hauch von Zweifel.
    »Ich musste einfach nach Deutschland«, sagte er schließlich. »Zu Helmbrecht. Nachdem ich jetzt wusste, wo sich Einsteins Depot befand. Ich weiß, er hat eine ruppige Art manchmal, aber für mich ist er eben auch irgendwie wie ein …« Er schüttelte den Kopf. »Ich denke, du verstehst mich«, sagte er leise.
    Sie nickte knapp. »Und jetzt bist du in Weimar. Demnach hast du das Depot gefunden. Es war also an der Stelle, die im Code beschrieben wird?«
    »Seltsamerweise war es das nicht.« Er öffnete die Aktentasche und nahm die Blätter vorsichtig heraus, Einsteins Seiten und die vergilbten Papiere mit der Handschrift Goethes. »Aber ich habe es trotzdem. Jemand hatte es geborgen, auf Einsteins Anweisung, ohne zu wissen, was es zu bedeuten hat. Fernwaldt. Robert Fernwaldt, ein alter Mann, dessen
Familie mit Einstein befreundet war, sogar im Kalten Krieg noch. Er hat mich für einen KGB-Agenten gehalten.«
    Erst bei diesen Worten sprach der erste Hauch von Zweifel aus ihrer Miene. »KGB?« Sie nahm die Seiten entgegen, überflog sie. »Auf den älteren hier kann ich kein Wort lesen.«
    Er schüttelte den Kopf. »KGB oder der moderne Nachfolger. Federallala sonstwas.«
    » Federalaia Slushba Benopanosi «, murmelte sie automatisch. »FSB.« Sie zögerte. »Aber das ist unwahrscheinlich.«
    »Jetzt schau dir doch erst mal an, was das ist! - Das ist nicht einfach nur unwahrscheinlich! Das ist undenkbar ! Diese Texte haben nichts mit irgendwelchen Geheimdiensten zu tun. Das ist eine spannende Sache, aber eben nur für Leute wie Helmbrecht und mich - oder Goethe und Einstein. Das ist ein Gelehrtenspielchen, da gibt es jahrhundertealte Traditionen. Schon im Mittelalter hat man sich gegenseitig solche Rätselaufgaben gestellt, und das wurde dann weitergegeben von Kloster zu Kloster: Wie berechnet man den Flächeninhalt eines gleichschenkligen Dreiecks? Wie viele Engel haben auf einer Nadelspitze Platz? Haben Frauen eigentlich eine Seele?«
    Ihre Augen verengten sich um eine Winzigkeit. »Und?«, fragte sie. »Haben wir?«
    Er biss sich auf die Lippen. »Ich glaube, am Ende hat man die Frage mit einem Ja beantwortet. Aber genau das meine ich: So ein Rätsel ist auch das hier, ein Spielchen unter Intellektuellen - seit ein paar hundert Jahren. Nichts mit Agenten und Geheimdiensten und irgendwelchen Leuten,

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