Das Band der Wünsche: Roman (German Edition)
einfach, was passiert ist«, sagte die Nonne.
»Darauf stoßen wir an!« Michael Dwyer hob sein Glas. »Jetzt gehörst du also wieder zur arbeitenden Bevölkerung!«
»Auf Tia!«, riefen alle wie aus einem Mund. Moira, Deirdre und Michael hatten sich bereits in Fianna’s Bar versammelt, als Tia und Bobby eintrafen.
»Also, ich hätte mich erst nach einer Stelle umgesehen, wenn sie mir das Arbeitslosengeld gestrichen hätten«, sagte Moira. »Ich bin schwer beeindruckt.«
Moiras Schwester hob ihren Bierkrug. »Prost. Das hast du gut gemacht. Übrigens, wenn der Laden von den Sisters of Notre Dame geführt wird, dann hat der Zukunft. Die Nonne, die dich eingestellt hat, hat einen guten Ruf. Das hat mir meine Tante erzählt.«
Moira und Deirdre glaubten, ihr Platz im Himmel wäre ihnen gesichert, weil sie eine Tante hatten, die Nonne war. Sie erwähnten sie jedes Mal, vielleicht, damit Gott es nur ja nicht vergaß. Trotzdem freute sich Tia über den Kommentar.
»Auf jeden Fall fährst du mit der besser als mit dem Mistkerl, der dich gefeuert hat.« Bobby legte beschützend einen Arm um Tias Schultern. »Ich bin stolz auf dich. Außerdem liegt dieser Seniorentreff in einem schönen Viertel.«
»Das Viertel, in dem ich vorher gearbeitet hab, war auch schön«, sagte Tia.
»Sicher. Rechts ein Gericht, links ein Friedhof und vorne eine Kreuzung. Großartig.« Als Bobby Michael zuzwinkerte, wäre sie am liebsten aufgestanden und gegangen.
Er würde es wortreich abstreiten, aber Tia spürte den rassistischen Unterton in seiner Bemerkung. Es gefiel ihm nicht, dass sie in einem Viertel wohnte, wo die verschiedenen Kulturen und Ethnien eine so bunte Mischung bildeten, dass es nicht einmal eine erkennbare Mehrheit gab. Bobby hatte nichts gegen einen Schmelztiegel, solange die Mischung überwiegend weiß war.
»Dieser Friedhof ist eine Oase.« Tia bezweifelte, dass Bobby jemals dort gewesen war. Khalil Gibran, E. E. Cummings und Anne Sexton waren nur einige der Schriftsteller, die dort begraben lagen. Windspiele, zu Skulpturen geschnittene Bäume und verwitterte Statuen säumten die Wege, und einige Krypten waren so opulent gestaltet, dass einem der Tod gar nicht mehr so schrecklich erschien, wenn man die Ewigkeit in einer davon verbringen konnte.
»Da hast du recht, der Friedhof ist wirklich beeindruckend«, sagte Michael. Er ließ gern alle wissen, wie gut informiert er war, seit er bei der Stadtverwaltung arbeitete. Mit seinem Kommentar verlieh er Tias Einschätzung ein amtliches Gütesiegel.
»Meinetwegen, aber die Kreuzung ist echt ein schwarzes Loch«, insistierte Bobby.
»Was willst du denn damit sagen, Bobby?«, fragte Tia. »Dass es da nicht genug Weiße gibt?«
»Dreh mir nicht die Worte im Mund herum.« Bobby drückte sie an sich. »Das ist nicht nett.«
Er wiederholte nur, was so geredet wurde, mehr nicht. Im Grunde war es nicht böse gemeint. Davon war sie überzeugt. Bobbys gutes Herz zeigte sich nicht in seinen Worten, sondern in seinen Taten. Im Gegensatz zu Nathan, der einem seine Überzeugungen darlegte, bis einem schwindelig wurde. Aber hatte Nathan jemals so bedingungslos zu ihr gestanden, wie Bobby es tat?
Moira und Deirdre lächelten Bobby und Tia liebevoll an. Irgendwie waren sie, ohne dass jemand es mitbekommen hatte, zum Paar geworden. Nach Jahren der Freundschaft.
»Besorgst du mir noch einen Drink, Bobby?«, sagte Tia mit einem gezwungenen Lächeln.
»Wir bestellen uns noch einen beim Essen«, erwiderte er. So wie er das Wir betonte, hätte sie ihn am liebsten geohrfeigt.
»Wollen wir alle zusammen essen gehen?«, schlug Michael vor.
Bobby hob eine Hand. »Heute Abend nur wir beide. Nimm’s nicht persönlich.«
»Kein Problem, Kumpel. Das junge Glück muss man hegen und pflegen.«
Schon als sie noch halbe Kinder waren, hatte Michael sich in ihrer Clique aufgeführt wie der Pate höchstpersönlich. Bobby sagte Tia immer wieder, sie solle sich Michaels Sprüche nicht so zu Herzen nehmen. Er meint es gut, er will nur nett zu den Leuten sein, verteidigte Bobby ihn jedes Mal. So wie er alle in der Clique verteidigte.
Bobby schaute sie an, als hätte er das große Los gezogen. »Wieso jung?«, sagte er zu Michael. »Wir kennen uns doch schon ewig. Jetzt muss ich nur dafür sorgen, dass mir das Glück erhalten bleibt.«
Sie fuhren zu einem Restaurant an der Uferpromenade. Auf weißen Tischdecken standen Kerzen und Körbe mit drei Sorten Brot. Tia versuchte, es nicht mit den Restaurants
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