Das Band der Wünsche: Roman (German Edition)
heute Abend in ein schönes Restaurant einladen, was hältst du davon?«, sagte Nathan. »Nur wir beide.« Nathan trommelte mit den Fingern auf die Bordsteinkante. Er und Max hatten kräftige Hände wie Bauern. Lucas hatte die gleichen langen, feingliedrigen Künstlerhände, die Juliette von ihrem Vater geerbt hatte.
»Du bist doch gerade erst gekommen«, sagte Juliette. »Wir sollten die Jungs heute Abend nicht allein lassen.«
Sie hatten noch nicht darüber gesprochen, wo er schlafen sollte. Ihre Eltern hatten reichlich Gästezimmer, aber Juliette wollte ihn bei sich im Bett haben. Gleichzeitig wehrte sie sich gegen diese Sehnsucht. Sehnsucht nach Nathan machte sie schwach.
»Dann lade ich euch eben alle zum Essen ein.« Nathans Schulter streifte die ihre. »Es sei denn, es ist dir lieber, wenn nur wir beide mit den Jungs ausgehen.«
»Lass uns zu Hause essen. Du kannst ja was kommen lassen. Ich glaube, das würde den Jungs am besten gefallen. So ist es entspannter.«
»Und später? Haben wir nach dem Essen ein bisschen Zeit für uns zwei?« Nathan wollte ihre Hand nehmen, machte aber im letzten Moment einen Rückzieher, sodass seine Hand nur flüchtig ihre Haut berührte.
»Das sehen wir dann.« Sie wandte sich wieder der Parade zu, ehe sie ihrem Impuls nachgeben konnte, Nathans Wange zu streicheln. Eine Gruppe alter Männer mit geschulterten Gewehren marschierte vorbei. Ihre Uniformen waren ihnen an den Schultern zu weit und spannten über ihren dicken Bäuchen.
Ein Leben ging schnell vorüber.
Juliette fragte sich, ob sie nicht doch besser ausgegangen wären. Alle waren völlig verkrampft. Sie würde schreiend rauslaufen, wenn ihr Vater weiter so angestrengt versuchte, der ganzen Familie zu zeigen, dass er sich amüsierte, vor allem den Jungs: Seht her, wie sehr ich mich freue, dass euer Vater wieder da ist!
Ausgelassenheit lag ihrer Mutter nicht, aber sie besaß durchaus Charme, und heute Abend versprühte sie ihn im Übermaß. Zuerst hatte sie es geschickt so eingerichtet, dass Juliette und Nathan nebeneinandersaßen, und jetzt unterhielt sie alle mit witzigen Bemerkungen. Kerzenlicht, der Duft der Rosen, die ihre Mutter überall verteilt hatte, und die Hoffnung der Jungen ließen die Luft im Zimmer knistern.
Nathan presste sein Bein gegen Juliettes Schenkel – was wahrscheinlich dem Wunsch ihrer Mutter entsprach, als sie dafür gesorgt hatte, dass die beiden nebeneinandersaßen. Er drückte ein bisschen fester, und sie zog ihren Schenkel nicht weg.
»Echt lecker, Dad.« Max packte sich noch eine Portion Rindfleisch in Orangensoße auf den Teller. »Und das Drehtablett ist cool, Mamie. So was sollten wir uns auch besorgen.« Er begann, das Tablett wie verrückt zu drehen, bis Nathan es anhielt.
»So ein Ding brauchen wir unbedingt«, sagte Nathan. »Damit es am Tisch noch unruhiger wird.«
»Das Essen ist wirklich lecker«, sagte Juliette. »Ich wünschte, es hätte China-Restaurants in der Stadt gegeben, als ich klein war.« Das Essen war ihr schnurz, aber sie wollte nicht, dass Nathan weiter von wir redete und die Jungs noch auf die Idee kamen zu denken: Gott sei Dank, Dad kommt wieder nach Hause .
Nathan, ihr Vater, ihre Mutter, die Kinder – sie alle versuchten, sie sanft, aber bestimmt in die von ihnen gewünschte Richtung zu drängen. Trotzdem war es erleichternd zu sehen, dass sich die Jungs endlich wieder normal verhielten. Lucas zerknüllte eine leere Strohhalmhülle und schnippte sie in Max’ Richtung, der seinen Bruder daraufhin mit Reiskörnern beschoss. Max versuchte heute Abend nicht, das superbrave Kind zu spielen, und Lucas hatte sein loses Mundwerk wiedergefunden.
»Es reicht, ihr zwei«, sagte Nathan. »Mamie möchte nachher nicht das Essen von den Wänden kratzen. Wenn ihr fertig seid, könnt ihr den Tisch abräumen.«
»Nein!« Max legte die Arme um seinen Teller. »Ich hab noch Hunger.«
»Du siehst auch ganz verhungert aus«, schnaubte Lucas.
»Sei nett zu ihm, Lucas. Probier mal das hier«, sagte Nathan und tat ihm eine Portion Krabben in Hummersoße auf den Teller.
Auf dem Drehteller waren mittlerweile nur noch Reste übrig. Das Essen, das Nathan bestellt hatte, hätte für drei Familien gereicht, aber sie hatten alle ordentlich zugelangt. Selbst Juliettes Mutter knabberte an einem Hähnchenschenkel.
Es war nach Mitternacht, als Juliette und Nathan schließlich in den ersten Stock hochgingen.
Die anderen waren schon lange im Bett, offensichtlich bemüht, die
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