Das Band der Wünsche: Roman (German Edition)
von denen wir wünschten, wir hätten sie nie gedacht? Manchmal sagen wir Dinge, die zu schlimm sind, um sie in Erinnerung zu behalten.« Caroline schob sich die Haare aus der Stirn. »Wenn wir Glück haben, erfahren die Menschen, die wir lieben, nie, was wir gesagt, gedacht oder getan haben. Das Glück hatte Nathan nicht.«
Es läutete an der Tür.
»Lucas! Max! Kann einer von euch aufmachen?«, rief Juliette aus der Küche.
» Ich mach auf ! «, brüllte Max. » Ich mach auf!«
»Mir doch egal!«, brüllte Lucas zurück.
Vorsichtig goss Juliette den Pfannkuchenteig so in die Pfanne, dass der Buchstabe Y enstand. Dann wartete sie, bis die Ränder anfingen zu brutzeln. Das Schwierigste beim Pfannkuchenbacken war, die Geduld aufzubringen, bis der Teig auf der Oberseite fast trocken war. Wenn man den Pfannkuchen zu früh umdrehte, fiel er auseinander, und man konnte alles vom Pfannenboden kratzen und von vorne anfangen. Und wenn man zu lange wartete, war die Unterseite verbrannt.
Das war ihr am Donnerstag nach dem Gespräch mit Caroline klar geworden. Sie hatte auf den richtigen Moment gewartet, um sich von ihrem Schmerz und ihrer Enttäuschung zu befreien. Es war wichtig für sie gewesen, ihn eine Zeit lang nicht zu sehen, nicht den Nathan zu sehen, der diese Katastrophe heraufbeschworen hatte, der Entscheidungen getroffen hatte, die sie so tief verletzt hatten.
Aber wenn sie zu lange wartete, würde ihre Ehe nicht mehr zu retten sein. Davon war sie überzeugt. Sie würden ihren Rhythmus verlieren. Alles Gute, das sie hatten, nährte sich von dem Gefühl der Zusammengehörigkeit. Und die beinhaltete so viel Wunderbares. Die Kinder. Die beiden zusammengewürfelten Familien. Wohlbehagen, Vertrauen, Begierde, all das war durchströmt von der Verbindung zwischen ihr und Nathan.
Das wollte sie nicht verlieren.
Sie fürchtete, dass sie womöglich schon zu weit gegangen waren.
Caroline wirkte so perfekt, so umsichtig. Damit würde Juliette nie konkurrieren können. Sie schien für alles im Leben Verständnis aufzubringen. Lag es daran, dass Peter sie noch nie enttäuscht hatte? Oder hatte Caroline selbst schlimme Dinge getan?
Unvorstellbar. Juliette konnte sich einfach nicht vorstellen, dass Caroline etwas Unanständiges tat.
Oder vielleicht verklärte sie Caroline nur genauso, wie sie es mit Nathan getan hatte.
Juliette ließ den Pfannkuchenbuchstaben auf einen Teller gleiten. Dann nahm sie das Backblech aus dem Ofen und legte die bereits fertigen Buchstaben zu einem Happy zusammen.
Lucas kam in die Küche, als sie gerade das zweite P auf die Platte legte.
»Dad ist hier.«
»Das habe ich mir schon gedacht«, sagte Juliette. Sie musste sich auf die Zehenspitzen stellen, um Lucas einen Kuss auf die Stirn drücken zu können.
Er deutete mit dem Kinn auf die Platte mit den Pfannkuchenbuchstaben. »Heißt das, er kommt wieder nach Hause?«
Juliette legte den Pfannenheber ab. »Darüber haben wir noch nicht gesprochen. Jedenfalls nicht direkt. Aber ja, darüber wollen wir heute reden. Das wollt ihr doch, oder?«
»Ja. Wenn du es auch willst.« Lucas stibitzte sich ein Stückchen angebrannten Pfannkuchen, das sie abgeschnitten hatte. »Geht es nicht in erster Linie um euch? Um dich und Dad?«
Juliette nahm das A vom Backblech.
»Wir gehören zusammen, ob wir zusammen leben oder nicht. Wenn man gemeinsame Kinder hat, dann ist man Teil ein und derselben Familie, egal wo man wohnt.« Sie schluckte. »Ich wünsche mir, dass wir wieder alle zusammenwohnen.«
Juliette sagte mehr, als Lucas ahnen konnte. Max und er mussten von Savannah erfahren. Was bedeutete, dass sie auch von Tia erfahren würden. Sie würden ihren Söhnen damit eine Menge zumuten, aber die Familie auseinanderzureißen wäre noch viel schlimmer für sie. Und sie anzulügen … na ja, sie hatte erfahren, was Lügen bewirkten.
Von heute an würden Nathan und sie ein Leben ohne Lügen führen.
»So, fertig«, sagte sie. »Gib mir doch bitte mal den Puderzucker.«
»Mom, so ist es schön genug. Du brauchst nicht immer so einen Zirkus zu machen.«
Sie legte den Pfannenheber ab und schaute ihren Sohn an. »Lucas, so bin ich nun mal. Manchmal mache ich einen großen Zirkus, weil ich etwas schlimm finde, und heule mir im Bad die Augen aus. Und manchmal mache ich eben einen Riesenzirkus, weil ich glücklich bin. Das mag euch peinlich sein. Aber ich bin eure Mutter, ich liebe euch, und ich werde immer für euch da sein. Und jetzt gib mir den
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