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Das Band der Wünsche: Roman (German Edition)

Das Band der Wünsche: Roman (German Edition)

Titel: Das Band der Wünsche: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Randy Susan Meyers
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herunter.
    »Wo fahren wir in den Sommerferien hin?« Max hielt ein zusammengerolltes Comic-Heft in der Hand. Lucas erschien gleich hinter seinem Bruder. Neuerdings hingen sie ihr am Rockzipfel wie fremdelnde Kleinkinder.
    Bevor sie antwortete, verstaute sie noch eine Zeitschrift in ihrer schon viel zu vollen Handtasche: die neueste Ausgabe von Allure , in der die Herausgeberin ihren Leserinnen die auf natürlicher Basis hergestellte Wimperntusche von juliette&gwynne empfahl. Drei Exemplare des Hefts bekamen sie in den Laden geliefert. Mindestens zwei würden sie an hemmungslose Kundinnen verlieren, die die Seiten herausreißen oder direkt die ganze Zeitschrift mitgehen lassen würden. Juliettes Exemplar war makellos, sie würde sich die Seite mit dem Artikel einrahmen.
    Die Werbung in Allure würde ihnen eine Lawine an Bestellungen bescheren. Juliette müsste eigentlich auf Wolke sieben schweben.
    »Der April ist noch nicht vorbei, und ihr denkt schon an die Sommerferien?« Juliette zog am Reißverschluss ihrer Tasche. Jedes Jahr kaufte sie sich eine größere Tasche, die dann auch bald wieder zu klein war.
    »Du musst das anders sehen«, entgegnete Lucas. »Es sind nur noch zwei Monate bis zu den Sommerferien. Dad würde es als ein Beispiel für die Relativitätstheorie bezeichnen.«
    »Fahren wir nach Rhinebeck?« Max’ Schlafanzugärmel waren zu kurz. Demnächst war ein neuer Pyjama fällig.
    »Können wir vielleicht später darüber reden, Jungs? Oder herrscht etwa Ferienplanungsnotstand? Wir fahren doch immer nach Rhinebeck.«
    Sie und Gwynne wechselten sich samstags im Laden ab, außer vor Weihnachten und anderen großen Festen, dann kamen beide in den Salon. Vielleicht sollte sie in den nächsten Wochen alle Samstage übernehmen.
    »Kommt Dad auch mit?« Lucas bemühte sich um einen beiläufigen Tonfall, aber seine Stimme verriet seine Anspannung. Seine Angst. War es ein Wunder? Nathan und Juliette begegneten einander im Haus wie zwei Studenten, die sich gezwungenermaßen ein Zimmer im Wohnheim teilten. Die Spannung konnte den Jungs nicht verborgen bleiben.
    »Hört zu, wir unterhalten uns heute Abend über die Sommerferien, versprochen. Dann klären wir, wann wir nach Rhinebeck fahren, was mit Sommerjobs und Ferienlager ist, okay? Aber nicht jetzt. Ich muss los und den Salon aufmachen, bevor die Frauen auf der Straße Schlange stehen.«
    »Alles klar«, sagte Lucas. »Dann beeil dich, Mom. Runzel-Alarm!«
    »Orangenhaut-Alarm!« Max sprang auf und wedelte mit den Armen, als wollte er Einsatzkräfte herbeirufen.
    Lucas setzte noch eins drauf. »Pickelkrise in Wellesley – Nachrichten um elf.«
    Ihre Witze klangen gezwungen, so als müssten ihre Söhne ihr beweisen, dass alles in Ordnung war: Siehst du, Mom, wir können dich aufziehen, genau wie immer! Juliette hatte einen Kloß im Hals.
    »Ich hab euch lieb. Sagt Dad, er soll mit euch zum Friseur gehen.«
    Max fiel ihr um den Hals, was sonst gar nicht seine Art war. »Ich hab dich auch lieb, Mom.«
    »Ich dich auch.« Lucas tätschelte ihr unbeholfen den Rücken.
    Juliette drückte Max zu fest und gab Lucas einen Kuss auf die Wange. »Denkt an den Friseur!«
    Juliette betrat den Salon, verriegelte die Tür hinter sich, bis die Angestellten kamen, und ging mit ihrem Kaffee ins Büro. Wenn sie vor allen anderen da war, konnte sie … ja, was eigentlich? Sie wusste nicht, was sie tun sollte. Was tat man, wenn das eigene Leben in Scherben zerfiel?
    Sie nahm alles von ihrem Schreibtisch und stapelte es auf dem langen, niedrigen Aktenschrank daneben. Die Möbelpolitur, die sie auf die Schreibtischplatte sprühte, erfüllte den Raum mit Orangenduft. Wie ein gewöhnlicher Umweltbanause benutzte sie Papierhandtücher anstatt eines Stofflappens. Eins, um die Politur aufzutragen. Verflucht . Eins, um sie gleichmäßig zu verteilen. Hol dich der Teufel, Nathan . Und noch eins, um den Schreibtisch zu polieren. Verdammtes Weibsstück .
    Noch ein Papierhandtuch, um das Telefon abzuwischen. Juliette stellte das Telefon, den Tacker, den Klebebandabroller und die Postablage auf den Schreibtisch und rückte alles so lange zurecht, bis es perfekt geordnet war. Zum Schluss nahm sie den silbernen Bilderrahmen in die Hand, den ihr Nathans Mutter zur Eröffnung des Ladens geschenkt hatte.
    »Familie zuerst«, hatte Gizi Juliette erklärt. »Lass nie zu, dass deine Arbeit diesen Grundsatz kaschiert.«
    Diesen Grundsatz kaschiert . Nathans Mutter benutzte gern Fremdwörter, wusste

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