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Das Band spricht Bände

Das Band spricht Bände

Titel: Das Band spricht Bände Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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Boyd?« flüsterte er. »Wenn Sie Ihr Glas ausgetrunken haben — fallen
Sie tot um, ja?«
    Er drehte sich um und
marschierte schnurstracks zur Bar hinaus, wodurch ich mein Glas einigermaßen in
Frieden genießen konnte. Als ich das zweite zur Hälfte geleert hatte, war es
Viertel vor sieben, und allmählich zweifelte ich daran, daß Stirling Wayland
sich überhaupt jemals bei mir blicken ließ. Dann sah ich eine mir bekannte
Gestalt durch die Gästeschar kommen. Er hatte ein Gesicht wie ein Chamäleon,
erkannte ich, und aus diesem Grund hatte ich am Vorabend Schwierigkeiten
gehabt, mich daran zu erinnern. Gestern hatte sein Gesicht ausgesehen, als
gehöre es einem Butler, und nun paßte es zu einem Playboy, der die Puppen
tanzen lassen will.
    »Hallo! « Er grinste übers
ganze Gesicht, als er neben mich trat. »Erinnern Sie sich noch an mich?«
    »Na klar«, sagte ich, »aber
Chuck MacKenzie sind Sie nicht, denn vor zwei Stunden habe ich gerade mit dem
echten Chuck MacKenzie gesprochen.«
    »Ist das wahr?« Es machte ihm
offensichtlich überhaupt nichts aus. »Nun ja, wollen Sie mich nicht trotzdem
weiterhin Chuck nennen? Auf diese Weise gibt’s wenigstens keine
Verwechslungen.«
    »Meinetwegen«, sagte ich. »Was
trinken Sie?«
    »Nichts. Stirling ist zur
Ansicht gelangt, hier gehe es für eine Unterhaltung doch zu lebhaft zu, und
deshalb bat er mich, Sie abzuholen und zu ihm zu bringen.«
    »Wo steckt er denn jetzt, auf
der Insel Catalina?«
    »Sie haben wirklich eine
blühende Phantasie, Danny!« Er kicherte. »Er erwartet uns auf der Baustelle. Dort
kommt keiner mehr hin, weil niemand an die Pleite des Unternehmens erinnert
werden möchte. Eine Viertelstunde Fahrt, und wir sind dort.«
    »Ich werde mich freuen, seine
Bekanntschaft zu machen, ehrlich«, sagte ich, nachdem ich ausgetrunken hatte.
»Ich begann schon daran zu zweifeln, daß Stirling Wayland überhaupt existiert.«
    »Und ob«, sagte der Mann, der
nicht Chuck MacKenzie war. »Sie werden schon noch dahinterkommen!«
    Wir verließen die Stadt in
nördlicher Richtung und fuhren etwa acht Kilometer an der Küste entlang, dann
bogen wir nach rechts auf eine neuangelegte Straße ab, die nach ein paar
hundert Metern in einen Feldweg überging. Wir holperten ein Stückchen über Berg
und Tal, dann passierten wir eine offensichtlich funkelnagelneue Brücke, auf
deren anderer Seite >Chuck< den Wagen zum Stehen brachte. Er schaltete
die Innenbeleuchtung ein und machte es sich bequem.
    »Jetzt sitzen wir mitten auf
dem Friedhof, wo Kurt Stangers Träume begraben sind«, sagte er. »Das einzige,
was der Mensch außer einer guten Idee braucht, ist das Geld, um sie in die
Wirklichkeit umzusetzen.« Sein Zeigefinger wies plötzlich nach vorn. »Ob das
Stirling ist?«
    Ich blickte durch die
Windschutzscheibe, konnte aber in der schnell hereinbrechenden Dunkelheit
nichts erkennen. »Ich sehe niemand«, meinte ich, und im nächsten Augenblick
starrte ich in einen Revolverlauf, höchstens fünfzehn Zentimeter von meinem
Gesicht entfernt.
    »Stirling meint, ich sei noch
kaltblütiger als er«, sprach Chuck leise, »und deshalb hat er mich gebeten, die
Verabredung an seiner Stelle wahrzunehmen. Er möchte ein paar gute Antworten
auf ein paar wirklich gute Fragen haben, Danny, und wenn ich die nicht bekomme,
sind Sie ein toter Mann!«

4
     
    Er scherzte nicht, das begriff
ich instinktiv, und wo sonst mein Magen war, da fühlte ich nur eine kalte
Leere. Ich mußte mich gewaltig anstrengen, den Blick vom Revolver loszureißen,
und das war womöglich ein weiterer Fehler. Seine Miene glich einer unerbittlichen
Maske, und das matte Glimmen in seinen bösen Augen mochte bedeuten, daß es ihm
gar noch Freude machen würde, mir ein Loch in den Kopf zu schießen.
    »Ich bin überaus beeindruckt«,
sagte ich, und meine Stimme hörte sich so sorgenfrei an, als gehöre sie einem
Leichenbestatter. »Ich bitte um die Fragen.«
    »Warum haben Sie gestern abend
Alysia Ames ermordet?« fragte er mit Kanten in der Stimme. »Und was haben Sie
mit dem Tonband gemacht?«
    »Ich habe sie nicht
umgebracht«, erwiderte ich.
    Der Revolverlauf näherte sich
noch etwas, und ich mußte einwärts schielen, um ihn im Auge zu behalten. »Sie
waren von Anfang an der falsche Mann, Boyd«, sagte er. »Ich mußte aus meiner
Rolle fallen, damit Thatcher Sie nicht tot trampelte und das Band vernichtete.
Und dann mußten Sie auch noch versuchen, etwas auszuhecken. Wer ist Ihnen denn
gestern abend so schnell

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