Das Begraebnis des Paten
Auf dem Schreibtisch brummte ein Laptop mit Breitbandmodem und Laserdrucker. Alles drahtlos. Papier sah man nirgendwo herumliegen. Auf dem Seitentisch stand ein altes schwarzes Telefon, vermutlich aus den Vierzigerjahren.
»Was ist jetzt mit der Billard-Partie?«
»Setz dich erst mal«, sagte Hurme. Er stellte die Schachtel auf den Tisch, klappte sie auf und schnupperte. »Der richtige Geruch. Nirgendwo anders machen sie so viel Knoblauch an die Al Capone wie im Melodi.«
»Das hält die Vampire fern«, sagte Allu.
»Ich weiß noch, wie sie angefangen haben. Damals hatte ich mir eine Pizza herbestellt, und so ein unrasierter Kerl kam mit dem Lada vorgefahren. Offene Steppjacke und Kippe im Mund. Aber die Pizza war die beste gewesen, die ich je hatte.«
»Das glaub ich.«
»Ich hab ein Angebot für dich«, fuhr Hurme fort, löste ein vorgeschnittenes Stück von der Pizza und bot es Allu über den Tisch hinweg an.
»Pizza kann ich immer essen«, sagte Allu und griff zu.
»Nee, ich meine ein berufliches Angebot.«
»Kann ich auch ablehnen?«, erkundigte sich Allu.
»Wie du willst.«
»Was passiert, wenn ich ablehne?«
»Ich glaube nicht, dass du das wissen willst.«
»Das hatte ich befürchtet.«
»Iss erst mal dein Stück Pizza, dann erzähl ich es dir. Ich esse jedenfalls. Willst du ne Cola?«
Unter dem Schreibtisch befand sich offenbar ein Kühlschrank. Hurme brachte eine Coladose zum Vorschein, warf sie Allu zu und nahm sich selbst eine. Mit der Pizza fing er erst an, als Allu sein Stück verzehrt hatte.
»Krieg ich noch eins?«, fragte Allu.
»Nein«, brummte Hurme mit vollem Mund. »Ich hab tierischen Hunger.«
Wenige Minuten später schob er Allu die Pizzaschachtel hinüber.
»Kann nicht mehr.«
»Du hast ja bloß ein Stück gegessen«, wunderte sich Allu.
»Der Hunger ist weg.«
Hurme leerte die Coladose, legte die Hände in den Nacken und lehnte sich in seinem schwarzen Chefsessel zurück. Leder knarzte auf Leder.
»Das war meine erste Mahlzeit seit fünf Tagen«, gestand Hurme und nahm sich noch eine Cola aus dem Kühlschrank. »Scheiße, was ich für einen trockenen Mund hab.«
»Bist du auf Diät?«
Hurme wehrte Allus Frage mit einer Handbewegung ab und setzte zu einem wohlüberlegt klingenden Monolog an:
»Du weißt, dass unser Business gut läuft. Du bist ein Checker, dir brauche ich nicht zu erklären, was das für ein Business ist und wie wir es machen. Du brauchst auch keine Angst vor den Bullen zu haben, das Haus hier ist schallisoliert und ich hab eine Kusine, die als Sekretärin am Gericht arbeitet, die sagt mir sofort Bescheid, wenn die Bullen eine Abhörgenehmigung oder so beantragen. Natürlich können sie uns auch ohne Genehmigung abhören, aber die Infos dürfen sie dann nirgendwo verwenden. Außerdem kämmen wir jeden Tag das ganze Haus samt Grundstück nach Mikros durch.«
»Man könnte sagen, du hast ein schönes Brot im Ofen«, sagte Allu. Er fühlte sich noch immer leicht unsicher.
»Woher weißt du das? Erja ist im dritten Monat, aber wir haben es noch keinem erzählt. Muss ich mir Sorgen machen? Bist du im Spätsommer bei uns gewesen?«
»Nein!«, sagte Allu.
»Was? Ist dir meine Alte nicht gut genug, oder wie?«
»Ich dachte, es ist Ozzys Braut.«
»Das dachte Ozzy auch«, grinste Hurme. »Aber das bleibt unter uns.«
»Ist Ozzy was passiert?«, tat Allu erstaunt.
»Als wüsstest du das nicht. Kurz bevor ich dich angerufen habe, habe ich gehört, dass sie Ozzy im Mustajärvi gefunden haben. Das ist der See bei Tuulos, falls du dich erinnerst.«
»Bei dem Gutshaus Isola.«
Hurme nickte, runzelte die Augenbrauen und beugte sich plötzlich so weit über den Tisch, dass er Allu fast berührte. Seine Glatze blinkte im Licht der Schusterlampe. Die grauen Augen rückten Allu gewaltig auf den Pelz, er drückte sich noch fester gegen die Rückenlehne.
»Du bist der einzige, der weiß, dass ich damals dort war.«
Allu schluckte.
Er hätte nicht kommen sollen. Er hätte sich über alle Berge machen sollen, weit, weit weg. Oder Leila alarmieren. Leila hätte ihn auch aus dieser Klemme gerettet.
»Ich könnte dich deswegen natürlich umlegen«, fuhr Hurme fort. »Aber vielleicht habe ich keine Lust dazu.«
Allu hielt den Seufzer der Erleichterung zurück. Noch wusste er nicht, welche Wendung die Sache nehmen würde. Hurme war unberechenbar. Er spielte gern Katz und Maus.
»Ich brauche dich nämlich. Du bist einer von außen, du hast keinen Ehrgeiz, in die
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