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Das Bernstein-Teleskop

Das Bernstein-Teleskop

Titel: Das Bernstein-Teleskop Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Pullman
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sobald sie etwas über die Absichten dieser Leute hier herausgefunden haben.«
    Mrs. Coulter hatte das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen, so als hätte Lord Asriel sie in einem Ringkampf auf den Boden geworfen. Ihre Augen weiteten sich, und sie sank auf das Bett.
    »Sind Sie hier, um mir nachzuspionieren oder um mir zu helfen?«
    »Beides, und Sie können von Glück sagen, dass ich überhaupt hie r bin. Kurz nach Ihrem Eintreffen ging unten im Keller das Licht an. Gegenwärtig arbeitet dort ein Team von Wissenschaftlern. Ich weiß allerdings nicht, an was. Sie scheinen ihren Bemühungen geradezu Flügel verliehen zu haben. «
    »Sollte ich darüber geschmeichelt oder beunruhigt sein? Jedenfalls bin ich todmüde und muss schlafen. Wenn Sie hier sind, um mir zu helfen, dann halten Sie doch Wache. Und jetzt drehen Sie sich bitte um.«
    Der Lord verbeugte sich und kehrte ihr den Rücken zu. Mrs. Coulter wusch sich in dem angeschlagenen Waschbecken, trocknete sich mit dem verschlissenen Handtuch ab, zog sich aus und legte sich ins Bett. Ihr Dæmon suchte noch einmal das Zimmer ab, sah in den Schrank, hinter die Bildleiste und die Vorhänge und zuletzt durch das Fenster zum dunklen Kreuzgang hinunter. Lord Roke ließ ihn keinen Moment aus den Augen. Schließlich kroch der goldene Affe zu Mrs. Coulter ins Bett, und im nächsten Augenblick waren beide eingeschlafen.
     
     
    Lord Roke hatte Mrs. Coulter nicht alles gesagt, was er von Lord Asriel erfahren hatte. Die Verbündeten überwachten an den Grenzen der Republik alles, was sich in der Luft bewegte. Dabei hatten sie im Westen einen dunklen Fleck entdeckt, Engel vielleicht, womöglich aber auch etwas ganz anderes. Sie hatten Kundschafter ausgeschickt, bisher aber nichts in Erfahrung bringen können. Was immer dort am Horizont hing, hatte sich in undurchdringlichen Nebel gehüllt.
    Doch damit wollte der Spion Mrs. Coulter nicht beunruhigen. Die Frau war müde. Sollte sie ruhig schlafen. Geräuschlos strich er durch das Zimmer, lauschte an der Tür und blickte aus dem Fenster. Er war hellwach, seine Sinne aufs Äußerste angespannt.
    Eine Stunde nachdem Mrs. Coulter das Zimmer betreten hatte, hörte er draußen vor der Tür ein leises Kratzen, dann ein Flüstern. Im selben Augenblick fiel ein schwacher Schein durch die Ritze unter der Tür. Lord Roke zog sich in die am weitesten entfernte Zimmerecke zurück und trat hinter ein Bein des Stuhles, auf den Mrs. Coulter ihre Kleider gelegt hatte.
    Eine Minute verstrich, dann drehte sich der Schlüssel leise im Schloss. Die Tür öffnete sich einen Spalt, nicht mehr, dann erlosch das Licht draußen.
    Lord Roke konnte in dem schwachen Schein, der durch die dünnen Vorhänge fiel, noch genügend erkennen, der Eindringling dagegen musste warten, bis seine Augen sich an das Dunkel gewöhnt hatten. Schließlich ging die Tür ganz langsam weiter auf und Bruder Louis, der junge Priester, trat ein.
    Er bekreuzigte sich und schlich auf Zehenspitzen ans Bett. Lord Roke duckte sich zum Sprung, doch der Priester lauschte lediglich Mrs. Coulters regelmäßigen Atemzügen und vergewisserte sich, dass sie auch wirklich schlief. Dann wandte er sich dem Nachttisch neben dem Bett zu.
    Er zog eine Taschenlampe aus seinem Talar, bedeckte die Birne mit der Hand und knipste sie an. Ein schwacher Schein drang durch seine Finger. Suchend beugte er sich so tief über den Nachttisch, dass er mit der Nase fast die Oberfläche berührte. Doch fand er nicht, wonach er suchte. Mrs. Coulter hatte, bevor sie zu Bett ging, einige Münzen, einen Ring und ihre Uhr dort hingelegt, aber die interessierten Bruder Louis nicht.
    Er drehte sich wieder zu Mrs. Coulter um, und jetzt entdeckte er, was er gesucht hatte. Enttäuscht atmete er aus. Lord Roke wusste sofort, weshalb: Gegenstand der Suche des Priesters war das Medaillon an der goldenen Kette um Mrs. Coulters Hals.
    Lautlos glitt Lord Roke an der Fußleiste entlang in Richtung Tür. Der Priester bekreuzigte sich noch einmal, denn jetzt musste er die Frau berühren. Er hielt den Atem an, beugte sich über das Bett und - der goldene Affe bewegte sich. Bruder Louis erstarrte mit ausgestreckten Händen. Zu seinen Füßen kauerte zitternd und ratlos sein Kaninchen-Dæmon. Wenigstens Wache hätte sein Dæmon für ihn halten können, dachte Lord Roke. Der Affe drehte sich im Schlaf auf die andere Seite.
    Bruder Louis verharrte noch eine Minute lang regungslos wie eine Wachsfigur, dann näherten sich seine zitternden

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