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Das Bernstein-Teleskop

Das Bernstein-Teleskop

Titel: Das Bernstein-Teleskop Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Pullman
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überleben. Ich habe mich geirrt, bin aber froh, dich gefunden zu haben. Was führt euch hierher?« 
    Will schaute sich in der Höhle um. Sie saßen am Feuer und im Licht der Flammen bekam der Pelz des Bärenkönigs einen gelben und rötlichen Schein. Will fand keine Spur von den Spionen, aber gewiss waren sie in der Nähe. Doch es half nichts, er musste fragen. 
    »König Iorek«, begann er, »mein Messer ist zerbrochen -«, dann schaute er an dem Bären vorbei und sagte: »Nein, einen Augenblick.« Er zeigte auf die Wand. »Wenn Sie schon zuhören«, fuhr Will lauter fort,» dann kommen Sie hervor und zeigen Sie sich ehrlich und offen; spionieren Sie uns nicht aus.«
    Lyra und Iorek Byrnison wandten den Kopf um zu sehen, mit wem Will da redete. Der kleine Mann trat aus dem Schatten eines Felsgesims, das sich über den Köpfen der Kinder befand, und stellte sich ganz gelassen ins Licht. Iorek knurrte.
    »Sie haben Iorek Byrnison nicht um Erlaubnis gebeten, seine Höhle zu betreten«, sagte Will. »Dabei ist er ein König und Sie sind bloß Spione. Ihnen fehlt es an Respekt.«
    Lyra hörte das mit Genugtuung. Sie schaute Will vergnügt an und sah, dass seine Miene Ingrimm und Verachtung ausdrückte.
    Der Chevalier reagierte darauf mit Verdruss.
    »Wir waren offen und ehrlich zu euch«, stellte er fest. »Aber ihr habt uns getäuscht.«
    Will erhob sich. Sein Dæmon, so dachte Lyra im Stillen, müsste die Gestalt einer Tigerin haben, und bei dem Gedanken an den Zorn, den die große Raubkatze zeigen würde, zuckte sie unwillkürlich zusammen. 
    »Wir haben Sie getäuscht, weil das notwendig war«, sagte er. »Oder wären Sie etwa damit einverstanden gewesen, hierher zu kommen, wenn Sie gewusst hätten, dass das Messer zerbrochen war? Selbstverständlich nicht. Sie hätten uns mit Ihrem Gift bewusstlos gemacht, Hilfe herbeigerufen und uns dann gegen unseren Willen zu Lord Asriel gebracht. Deshalb mussten wir Sie hinters Licht führen, und Ihnen bleibt wohl nichts anderes übrig, als sich damit abzufinden.«
    Iorek Byrnison fragte, wer die kleinen Leute seien. »Spione«, antwortete Will, »ausgesandt von Lord Asriel. Sie haben uns gestern bei der Flucht geholfen, doch wenn sie auf unserer Seite stehen wollen, sollten sie sich nicht verstecken und uns heimlich belauschen. Wenn sie es dennoch tun, dann sind sie die Letzten, die von Ehre und Aufrichtigkeit reden sollten.«
    Der Blick des Spions funkelte so wild vor Zorn, dass er es wohl auch mit Iorek aufgenommen hätte, geschweige denn mit dem unbewaffneten Will. Doch Tialys war im Unrecht, und das wusste er. So blieb ihm nichts anderes übrig, als sich zu verbeugen und um Verzeihung zu bitten. 
    »Eure Hoheit«, sagte er zu Iorek, der sogleich knurrte. Der Chevalier warf hasserfüllte Blicke auf Will, schaute Lyra warnend an und hatte für Iorek nur kalten, förmlichen Respekt übrig. Sein Mienenspiel war unmissverständlich und so lebhaft, als ob ein Scheinwerferkegel auf ihn gerichtet gewesen wäre. Dann trat Lady Salmakia neben ihm aus dem Schatten. Ohne die Kinder zu beachten, ehrte sie den Bären mit einem Hofknicks.
    »Verzeiht uns«, sprach sie Iorek formell an. »Es fällt schwer, die Verstellung abzulegen, wenn man sich wie wir schon so lange unter Feinden bewegt. Aus reiner Gewohnheit haben wir, der Chevalier Tialys und ich, Lady Salmakia, versäumt, Euch die gebührende Achtung zu bezeugen. Wir begleiten diesen Jungen und dieses Mädchen, damit sie sicher in die Obhut Lord Asriels gelangen. Unsere Mission hat keinen
    anderen Zweck und ebenso gewiss ist es, dass wir keine feindseligen
    Absichten gegenüber Euch, König Byrnison, hegen.«
    Wenn sich Iorek gefragt haben sollte, wie diese Winzlinge ihm in irgendeiner Weise hätten schaden können, dann zeigte er es nicht. Bei ihm drang bereits von Natur aus kaum je eine Regung nach außen. Doch auch er verstand sich auf Höflichkeit, zumal die Lady einen feineren Ton angeschlagen hatte als der Chevalier.
    »Kommen Sie doch zu uns ans Feuer«, lud er die beiden ein. »Hier ist Essen für alle, falls Sie Hunger verspüren sollten. Aber Will, du wolltest etwas über das Messer erzählen.«
    »Ja«, sagte Will und nahm den Faden wieder auf. »Ich hätte es nicht für möglich gehalten, aber die Klinge ist zerbrochen. Nun hat Lyra durch das Alethiometer erfahren, dass du es wieder ganz machen könntest. Eigentlich wollte ic h höflicher fragen, aber nun sage ich es geradeheraus: Kannst du sie wie der ganz machen,

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