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Das Bernstein-Teleskop

Das Bernstein-Teleskop

Titel: Das Bernstein-Teleskop Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Pullman
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der Nähe ruhig Wache stehen.
    »Die Streitkräfte des Geistlichen Disziplinargerichts haben sich zurückgezogen«, berichtete er. »Mrs. Coulter ist in der Hand von König Ogunwe, der sie zu Lord Asriel bringt.«
    »Woher wissen Sie das?«, fragte Will, noch steif vom Schlaf. »Sind Sie durch das Fenster zurück in die andere Welt gegangen?« 
    »Nein. Wir verständigen uns durch den Magnetstein-Resonator. Ich habe meinen Vorgesetzten, Lord Roke, über den Inhalt unserer Unterredung in Kenntnis gesetzt. Er war damit einverstanden, dass wir mit euch zu dem Bären gehen und ihr anschließend mit uns kommt. Wir sind also Verbündete und damit sind wir euch zu jeder Hilfe verpflichtet.«
    »Gut«, sagte Will. »Dann frühstücken wir zusammen. Essen Sie das Gleiche wie wir?«
    »Ja, danke«, sagte die Lady.
    Will holte die letzten gedörrten Pfirsiche und den kleinen Laib Roggenbrot aus dem Rucksack - alles, was ihm noch geblieben war - und teilte es unter den Anwesenden auf. 
    Freilich war das, was die Spione zu sich nahmen, kaum der Rede wert. 
    »Wasser scheint es in dieser Welt nicht zu geben«, bemerkte Will.
    »Wir müssen uns gedulden, bis wir wieder zurück in die andere Welt hinüberwechseln. Erst dann können wir etwas trinken.«
    »Das sollten wir möglichst bald tun«, sagte Lyra.
    Vorher befragte sie allerdings das Alethiometer, ob drüben in dem Tal immer noch Gefahr lauerte. Nein, lautete die Antwort, alle Soldaten seien abgezogen und die Dörfler wieder in ihren Häusern. Also konnten sie sich auf den Rückweg machen.
    Das Fenster machte in der flimmernden Wüstenluft einen befremdlichen Eindruck. Es gab den Blick frei auf schattiges Buschwerk, und die üppige grüne Vegetation sah aus wie ein Gemälde, das in der Luft hing. Die Gallivespier wollten sich das genauer anschauen und stellten erstaunt fest, dass die Öffnung von hinten gesehen nicht vorhanden war und erst sichtbar wurde, wenn man um sie herumging und sie von vorn be trachtete.
    »Ich muss es wieder verschließen, wenn wir hindurchgegangen sind«, sagte Will.
    Lyra versuchte, die Ränder zusammenzukleben, konnte sie aber nicht ertasten. Nicht anders erging es den Spionen, obgleich sie so zierliche Hände hatten. Nur Will fühlte genau, wo die Ränder waren, und klebte sie schnell und sauber wie der zusammen.
    »In wie viele Welten kannst du mit dem Messer gelangen?«, fragte Tialys.
    »In alle, die es überhaupt gibt«, antwortete Will. »Aber kein Mensch hat wohl so viel Zeit, sie alle auszuprobieren.«
    Er schwang sich den Rucksack auf den Rücken und führte die anderen auf dem Pfad durch den Wald. Die Libellen genossen die frische, feuchte Atmosphäre und schossen wie Nadeln durch die Sonnenstrahlen. Das Wogen des Blätterwerks war weniger stark, und die Luft kühl und ruhig. Umso größer war ihr Entsetzen, als sie in den Ästen das verbeulte Wrack eines Gyropters entdeckten, aus dem die Leiche eines afrikanischen Piloten, noch in seinen Sitzgurt verwickelt, heraushing.
    Weiter vorn fanden sie die verkohlten Überreste eines Luftschiffes. Rußgeschwärzte Fetzen der Leinwandbespannung, schwarze Streben und Gestänge, Glasscherben und weitere Leichen: drei verkohlte Männer, Arme und Beine verdreht und noch aufrecht und wie zum Angriff bereit. 
    Und das waren nur die Soldaten, die in der Nähe des Pfads gefallen waren. Weitere Leichen und Wracks waren oben auf der Felswand und in den Bäumen darunter zu erkennen.
    In stummem Entsetzen gingen die beiden Kinder über den Kampfplatz, während die Spione auf ihren Libellen gefasst um sich schauten. Sie waren den Anblick von Schlachtfeldern gewohnt und wussten, wie der Kampf ausgegangen war und wer die größten Verluste eingesteckt hatte.
    Oben auf dem Talhang, wo sich der Wald lichtete und der Regenbogenwasserfall begann, machten sie Halt und tranken von dem eiskalten Wasser.
    »Hoffentlich ist das kleine Mädchen wohlauf«, sagte Will. »Wir hätten dich nie da herausholen können, wenn Ama dich nicht aufgeweckt hätte. Sie ist eigens zu einem heiligen Mann gewandert und hat ein besonderes Puder besorgt.«
    »Es geht ihr gut«, sagte Lyra. »Ich habe gestern Nacht das Alethiometer befragt. Sie hält uns allerdings für Teufel und fürchtet sich vor uns. Wahrscheinlich wünscht Ama sich, sie wäre nie in den ganzen Schlamassel geraten. Aber sie ist wohlauf.«
    Alle kletterten neben dem Wasserfall die Felsen hinauf, Will füllte seine Flasche, dann marschierten sie los über die Hochebene

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