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Das Bernsteinerbe

Das Bernsteinerbe

Titel: Das Bernsteinerbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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Carlotta verzog das Gesicht. »Oh, entschuldige. Habe ich etwas Falsches gesagt?«
    »Schon gut. Du konntest es nicht ahnen.«
    »Was?« Bang hob Lina den Blick. »Hast du dich etwa nicht mit Christoph getroffen?«
    Kaum hatte sie das ausgesprochen, schwante ihr etwas Furchtbares. Sie legte Carlotta die Hand auf den Arm und blickte ihr eindringlich ins Gesicht. Trotz des dämmerigen Lichts konnte sie die traurige Miene gut erkennen. »Du darfst nicht lockerlassen. Er ist der Richtige für dich. Das wird schon!«
    »Treib du es lieber nicht zu toll mit Steutner. Ein zweites Kind wirst du wohl kaum wieder gut bei anständigen Leuten unterbringen.«
    Hastig wollte Carlotta in ihre Kammer verschwinden. Lina aber vergaß vor Ärger für einen Moment, wie sie inzwischen zueinander standen, und zischte böse: »Steutner ist wenigstens ein anständiger Bursche, der weiß, was er an mir hat. Nicht so verlogen wie ihr feinen Leute, die ihr alle gern auf zwei Hochzeiten tanzt.«
    »Was willst du damit sagen?« Angriffslustig stemmte Carlotta die Hände in die Hüften. Sie war zwar kleiner und zierlicher als Lina, doch in diesem Moment schüchterte sie das nicht im Geringsten ein.
    »Na ja, was will man erwarten. So, wie es hier im Haus seit Jahren zugeht, musste es ja so kommen. Eine elende Weiberwirtschaft nenn ich das. Da fehlt einfach die starke, männliche Hand, die alles richtet.«
    »Jetzt reicht es mir aber!« Zornig stapfte Carlotta auf. »Hör mit diesen törichten Sprüchen auf. Wenn du Mut hast, sagst du mir jetzt die Wahrheit mitten ins Gesicht.«
    Schlagartig wurde Lina klar, was sie da angerichtet hatte. Eben noch war sie dank Carlottas Hilfe unbeschadet ins Haus gelangt, nun befand sie sich auf bestem Weg, deren Wohlwollen zu verspielen. Wie kam sie da nur wieder heil heraus? Sie musste rasch etwas erwidern, keine Frage. Nur konnte sie ihr schlecht auf den Kopf zusagen, was Carlotta sicher ahnte: dass sie vorhin sie selbst gemeint hatte. Angestrengt biss sie sich auf den Lippen herum, bis ihr plötzlich die rettende Idee vor Augen stand.
    »Wie du dir denken kannst, geht es um den guten Helmbrecht.«
    »Was?«
    »Lange schon treibt er wohl ein doppeltes Spiel«, fühlte Lina sich von Carlottas Reaktion bestärkt, sich für das Richtige entschieden zu haben. »Ist es zu fassen? Einerseits umwirbt er deine Mutter, derweil er drüben in der Haberbergschen Vorstadt längst eine andere Frau einquartiert hat. Eine auffallend blonde, sehr schöne Frau aus Brügge ist das übrigens. Gewiss hat sie ebenfalls einiges an Goldstücken aufzubieten, genau wie deine Mutter. Es heißt, über den Winter gedenkt er, sie zu ehelichen. Wahrscheinlich ist er allein deswegen hierher zurückgekommen.«
    »Das ist nicht wahr«, murmelte Carlotta.
    »Doch«, trompetete Lina, um sogleich erschrocken innezuhalten. Etwas stimmte nicht mit Carlotta. »Warum bedrückt dich das so?« Sie neigte den Kopf. »Ich dachte, es freut dich zu hören, dass Helmbrecht seine Heiratspläne mit deiner Mutter endlich aufgibt. Das ist doch das, was du immer wolltest.«
    »Ach, was weißt du denn schon?« Brüsk schob Carlotta sie beiseite und stürzte in ihre Kammer. Verblüfft blickte Lina ihr hinterher.
    »Was ist mit dir? Brauchst du eine Einladung? Unten in der Küche gibt es mehr als genug zu tun.« Ein lautes Schnaufen kündete Hedwigs Auftauchen an. »Los, zieh dir das gute Kleid aus und glotz keine Löcher in die Tür.« Kopfschüttelnd watschelte die Alte an ihr vorbei in Carlottas Kammer.
    Gern hätte Lina belauscht, was Hedwig dem Mädchen zu sagen hatte. Der böse Blick, den die Köchin ihr zuwarf, machte ihr indes deutlich, sich besser an die Arbeit zu machen. Sogleich hastete sie nach oben in die Dachkammer. Mit jeder Treppenstufe wurde ihr klarer, wie misslungen dieser Sonntag war. Künftig würde sie es doch wie Hedwig halten und den Teufel tun, an einem Schwendtag etwas Neues beginnen zu wollen.
    12
    C arlotta zögerte, die Stufen des Beischlags vor dem Grünen Baum hinaufzusteigen. War es nicht verrückt? Kaum war sie bereit, der Mutter Mut zu machen, endlich die Verbindung mit Helmbrecht einzugehen, tauchte die nächste Schwierigkeit auf. Unbedingt musste sie herausfinden, was es mit dieser fremden Blonden auf sich hatte, von der Lina am Vortag erzählt hatte. Nicht auszudenken, wenn durch sie ihre Pläne durchkreuzt wurden! Dabei hatte sie letztens Mathias gegenüber den Mund reichlich voll genommen. Weder hatte sie den Leipziger Kaufmann

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