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Das Bernsteinerbe

Das Bernsteinerbe

Titel: Das Bernsteinerbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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ginge, oder wenigstens einen tüchtigen Schwiegersohn! Aber die Gören sind nicht einmal bereit, sich einen Mann zum Heiraten auszuwählen. Dabei sind sie alle drei weit über zwanzig. Eine Plage ist das, meine liebe Carlotta, die mich gut und gern einige Jahre meines Lebens kosten wird!«
    Er rückte sich die Brille auf der Nase zurecht. Mit einem lauten Knall stellte Friederike ihm einen Mörser und eine Schale bereit. Der Blick, den sie ihm dabei zuwarf, verriet mehr als tausend Worte.
    »Tief in Eurem Herzen ahnt Ihr gewiss, warum Euren Töchtern bislang keiner der Bewerber recht gewesen ist«, tröstete Carlotta. »Einen so guten Mann wie ihren Vater wird keine je finden. Noch dazu will keine Euch allein lassen. Allzu schlecht lebt Ihr vier schließlich nicht miteinander.«
    Friederike und der Apotheker schnaubten beide ob ihrer Bemerkung. Als sie dessen gewahr wurden, brachen sie wie auf Kommando in Lachen aus. Gern stimmte Carlotta mit ein, froh, dass das Eis wieder einmal gebrochen war.
    »Wo sind also die Töpfe mit dem in Essig gekochten Gummi?«, fragte Heydrich und sah sich suchend im Laboratorium um.
    »Den habe ich längst schon mit dem Lein- und Olivenöl gemischt, Vater. Auch Gold- und Silberglett habe ich dazugetan sowie die anderen gekochten Sachen. Alles genau so, wie du es mir gestern Abend und davor schon mindestens hundertmal aufgetragen hast.« Entgegen ihrem anfänglichen Missmut war Friederike auf einmal ganz bei der Sache. Carlotta wunderte sich nicht zum ersten Mal, wieso sie sich stets zunächst zierte, um dann mit Feuer und Flamme im Laboratorium zu experimentieren.
    »Hier seht«, eifrig schleppte Friederike einen großen Trog herbei, »die Masse aus Gummi, Wachs, Öl und all den Pulvern ist längst fertig zum Kneten. Ich werde gleich kaltes Wasser darübergießen und dann die Blumenöle daruntermischen.« Kaum hatte sie das Gefäß abgestellt, krempelte sie sich die Ärmel ihres dunkelgrünen Kleides hoch und hielt Ausschau nach einem Krug Wasser.
    »Lasst uns erst noch die Beschaffenheit prüfen«, schaltete Carlotta sich ein. »Wenn die nicht stimmt, war all die Mühe wieder einmal vergebens und die teuren Ingredienzien umsonst geopfert.«
    »Umsonst geopfert wird in der Wissenschaft nie, mein Kind«, schaltete sich eine dunkle Männerstimme ein. Erschrocken wandten die beiden Frauen die Köpfe zur Tür. Auch Apotheker Heydrich, der am Mikroskop vor dem Tisch am Fenster saß, sah erstaunt auf.
    »Doktor Kepler, welch große Ehre!« Beflissen eilte er mit ausgestreckter Hand auf den Stadtphysicus zu. Schneekristalle an dessen dunkler Kleidung und auf dem hohen Hut, den er in Händen hielt, verrieten, dass er geradewegs von der Straße ins Laboratorium gekommen war. Hochmütig übersah er Heydrichs Hand, legte den Hut achtlos beiseite und verschränkte die Arme hinter dem Rücken. Dafür stahl sich Christoph hinter seinem Rücken hervor und schüttelte dem Apotheker kräftig die Hand.
    »Gott zum Gruße, verehrter Heydrich! Schön, Euch mitten bei der Arbeit im Laboratorium anzutreffen. Eure Geschäfte gehen gut, wie ich sehe. Schließlich habt Ihr Euch tatkräftige Hilfe beschafft.«
    Schwungvoll zog er den Hut vom Kopf und verneigte sich. Beim Aufrichten streifte er Carlotta mit einem flüchtigen Blick. Sie meinte, darin ein zaghaftes Zwinkern zu erkennen, und hielt den Atem an. Nervös knetete sie die Finger, unfähig, die Augen von Christoph zu lassen. Vielleicht hatte Caspar Pantzer ein gutes Wort für sie eingelegt. Es schien dem Apotheker wichtig, sie beide auszusöhnen. Inständig hoffte sie noch auf ein weiteres, deutlicheres Zeichen, ob Christoph ihr wieder gut war, doch sein Vater schob sich unbarmherzig zwischen sie beide.
    »Ob die Hilfe wirklich so tatkräftig ist, muss sich zeigen, mein Sohn. Jedenfalls lässt mich der eben erfolgte Ausspruch sehr daran zweifeln, ob das werte Fräulein tatsächlich das nötige Verständnis für die Wissenschaft aufbringt. Nun, das nimmt mich nicht wunder. Wundärzte haben gemeinhin nichts mit Wissenschaft im Sinn, Frauen in diesem Handwerk schon gleich gar nicht.« Damit kehrte er Carlotta betont den Rücken zu und sprach Heydrich direkt an. »Nun, was experimentiert Ihr so Geheimnisvolles, mein Bester?«
    13
    D as überraschende Auftauchen des alten Keplers verwirrte den Apotheker sichtlich. Carlotta erschrak darüber, wie sehr der gelehrte Mann angesichts des hochtrabend auftretenden Medicus zusammenschrumpfte. Seit Jahren kämpfte

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