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Das Bernsteinerbe

Das Bernsteinerbe

Titel: Das Bernsteinerbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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wissen doch seit Jahren, was es mit der Qualität der Bernsteine aus dem Kontor in der Langgasse auf sich hat.«
    »Stimmt«, nickte Gellert so beflissen, dass selbst sein Bart bestätigend wippte. »Es wäre nicht das erste Mal, dass etwas daran faul ist.«
    »Was Ihr nicht sagt«, entschlüpfte es Boye verwundert. »Dabei haben Kepler und Helmbrecht doch erst im Nachhinein von den Tropfen bekommen, als es ihnen aus anderen Gründen schlechtging. Daraufhin aber ist es ihnen bessergegangen. Abgesehen davon dachte ich, die uralte Geschichte mit den Grohnerts und dem angeblichen Trug ist ein für alle Mal aus der Welt geschafft.«
    »Aber doch nur, weil Paul Joseph Singeknecht damals entsprechenden Druck auf die Zunftgenossen ausgeübt hat.« Gellert schaute ein weiteres Mal suchend umher.
    »Mit Geld hat der immer schon alles geregelt«, pflichtete Farenheid bei. »So wie er hält es wohl auch seine angebliche Erbin. Überaus klug von ihr, den einzigen Grohnert-Nachfahren in der Fremde zu heiraten. Damit hat sie die gefährlichsten Neider für immer mundtot gemacht.«
    »Und dann hat sie dafür gesorgt, dass er gleich nach Erhalt der Erbschaft für immer schweigt«, ergänzte Gellert. »So hat man das schon früher gern im Singeknecht’schen Haus gehalten.«
    »Wenn das alles stimmt, passt eins zum anderen, und Magdalena Grohnert ist wirklich eine echte Singeknecht: mit allen Wassern gewaschen«, resümierte Boye kopfschüttelnd.
    Carlotta meinte, ihr würde der Boden unter den Füßen weggezogen. Warum gab Boye sich so rasch geschlagen? Er hatte doch offensichtlich den Haken an der Sache gefunden: Weder Kepler noch Helmbrecht hatten die Bernsteinessenz vor ihrem Zusammenbruch erhalten! Am liebsten wäre sie zu den Herren geeilt und hätte es ihnen auf den Kopf zugesagt. So böse hatte sie selten über die Mutter und sich reden hören. Es war ähnlich jener Nacht vor Thorn, als die mitreisenden Leipziger Kaufleute Magdalena der Hexerei bezichtigt hatten, nachdem Tante Adelaide sie auf diese Idee gebracht hatte. Nicht einmal Helmbrecht war damals für sie beide eingetreten. Carlottas Finger glitten zum Bernstein, umklammerten das gute Stück. Längst hatte sie begriffen, was Magdalena an dem Talisman fand. Auch ihr blieb kaum anderes, was ihr Halt und Kraft spendete.
    »Das Beste, meine Herren, aber kommt noch«, verkündete Farenheid derweil mit unverhohlenem Triumph in der Stimme.
    »Was?«
    »Worauf wollt Ihr hinaus?«
    Gebannt schauten Gellert und Boye auf Farenheid. Der schob sich wichtig in Positur.
    »Wie eingangs schon erwähnt, solltet Ihr an die Tochter unserer guten Singeknecht-Erbin Magdalena Grohnert denken.«
    Carlotta stockte der Atem.
    »Ihr meint diese vorwitzige kleine Rotblonde, der der junge Kepler seit seiner Rückkehr aus der Fremde schöne Augen macht?«, erkundigte sich Boye dieses Mal erstaunlicherweise als Erster, um sogleich von Gellert übertrumpft zu werden: »Tja, der ehrwürdige Doktor Kepler hätte sich wohl niemals träumen lassen, dass der Nichtsnutz von Filius ihm auch noch eine schlichte Wundärztin ins Haus schleppen will.«
    »Stimmt«, pflichtete Boye bei. »Das ist wahrlich keine gute Nachricht für den persönlichen Leibarzt von Kurfürst Friedrich Wilhelm und Nachfahren des hochgeschätzten Johann Kepler. Aber schon die Großmutter des Physicus soll es mit Hexen und Zauberern gehalten haben, heißt es. Sie saß deshalb sogar im Gefängnis. So gesehen nimmt es kaum wunder, dass sich der junge Medicus für ein solch zwielichtiges Handwerk offen zeigt.«
    »Wenn es nur das Interesse an der Wundarztkunst wäre!« Farenheid hob vieldeutig die Stimme.
    »Der junge Kepler drückt sich sowieso viel zu viel mit diesem Pantzer aus dem Löbenicht herum«, stellte Gellert trocken fest. »Das ist auch so ein seltsamer Bursche, dem man nicht über den Weg trauen darf. Kaum zu glauben, dass der Kurfürst ihm das Privileg für die Apotheke gelassen hat. Die Zeiten seines Vaters, der gar vor der ehrwürdigen Fakultät mit seinem Theriak für Aufsehen gesorgt hat, sind lange vorbei. Der Junge kann da wahrlich nicht mithalten, noch dazu, wo in jeder Faser seiner Person die bäuerische Abkunft der Mutter durchscheint. Hat er sich nicht auch einmal für einige Zeit zu den Soldaten gemeldet? Mir ist, als stinke er noch immer nach Pferd, Blut und Schlachtgetümmel. Eine Schande, dass der Kurfürst das alles nicht sehen will.«
    »Ach, vergesst den jungen Kepler und diesen lächerlichen Pantzer«,

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