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Das Beste aus meinem Leben

Das Beste aus meinem Leben

Titel: Das Beste aus meinem Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel Hacke
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Gezausel, manchmal eine halbe Stunde lang, denn nicht selten findet Luis nur schwer in den Schlaf.
    »Kaufen wir ihm eine Puppe!«, sagte ich. »Eine Puppe mit langen Haaren, mit denen er spielen, die er sich strähnenweise um den Finger wickeln, an denen er ziehen und die er wie einen Pinsel streichelnd über seine Wangenhaut führen kann. Ein Übergangsobjekt«, dozierte ich, »das ihm in ein Leben hinüberhilft, in dem er alleine einzuschlafen in der Lage sein wird.«
    So kam Eland zu uns, ein blondes Püppchen mit glattem Schopf damals. Jeden Abend ruft Luis: »Eland soll kommen!« Dann muss Eland antanzen, sich ins Bett neben ihn legen und sich die Haare wirbeln und zwirbeln lassen, bis sie aussieht wie Goldie Hawn nach 24-stündiger Kellerfolter durch einen geisteskranken Friseur.
    Als sie noch im Regal lag, träumte sie wohl, wie alle Puppen, von einem sanften Mädchen, das sie mit den allerschönsten Puppenkleidern ausstatten und ihr täglich die Haare waschen, föhnen und kämmen würde. Stattdessen wird sie benutzt von einem kleinen, egoistischen Mann, der nicht einschlafen kann. Ihr rissiger weißer Stoffleib ist an drei Stellen notdürftig geflickt durch hautfarbene Pflaster. Eland: eine Sklavin, verletzt an Leib und Seele, ein Wesen des Übergangs, das seine Zukunft vor Augen hat, vergessen in einer Schublade, abgelegt, verbraucht.
    Manchmal finden wir sie nicht, wenn Luis »Eland soll kommen!« ruft, suchen und suchen. Einmal trieb ich sie erst in der Garage auf, auf dem Fahrersitz des Autos. Sie wollte abhauen, ich weiß es. Ein anderes Mal lag sie im Innenhof des Hauses, neben dem Affen Opitzer. Ob sie ihn liebt? Ob sie gemeinsam weg wollten?
    Ich holte sie wieder. Gnadenlos.
    Eland. Ein Puppenschicksal. Eland wie Elend, nur mit a. Eland wie Eiland ohne i. Doch genauso klein und einsam.

Warum ich keine Katze bin
    W ir haben kein Haustier. Manchmal denke ich, es wäre schön, eine winzige Kuh zu haben, nicht größer als ein Pinscher. Sie könnte in einer Küchenecke leben und gerade genug Milch für den Kaffee geben. Ein Elefant dieses Formats wäre auch gut, würde morgens trompetend durch die Wohnung laufen und abends mit Luis in der Badewanne spielen – ach, toll!
    Dann stelle ich mir vor, selbst ein Haustier zu sein, ein verwöhnter, schraunzender, schnorzender Mops oder ein Pudel, der tagsüber, wenn Paola und Luis nicht da sind, auf dem Sofa liegt und Bücher liest. Kennt jemand übrigens den Witz vom Mann, der sich als Katze fühlt, ewig von Hunden verfolgt? Er kommt in eine Klinik. Nach drei Monaten wird er geheilt entlassen. Eine Viertelstunde später steht er wieder vor dem Psychiater, zitternd vor Angst, und sagt: »Herr Professor, Sie wissen, dass ich keine Katze bin. Ich weiß es auch. Aber sind Sie sicher, dass es der Dobermann da auf der Straße auch weiß?«
    Obwohl wir also kein Haustier haben, bekommt Paola Werbebriefe von einer Katzenfutterfirma, keine Ahnung, warum. Sie hat noch nie einen davon aufgemacht. Paola kann Post in einer Weise ignorieren, die mich wahnsinnig macht. Wer auch immer mir schreibt, egal ob eine Rechnung oder Werbepost, kann damit rechnen, dass ich den Umschlag im Hausflur mit den Zähnen aufreiße, um den Inhalt zu verschlingen. Paola legt Briefe auf den Küchenschrank und lässt sie dort. Wenn ich sie ihr unter die Nase halte, sie anflehe, die Post zu öffnen, antwortet sie, man sehe am Umschlag, ob ein Brief wichtig sei oder nicht. Dieser sei unwichtig. Wäre er wichtig, hätte sie ihn gelesen. Manchmal schmeißt sie Post ungeöffnet ins Altpapier, wo ich sie hervorziehe, öffne, lese.
    Wo war ich stehengeblieben? Bei der Post von der Katzenfutterfirma. Wieso kriegt sie diese Briefe? Hat sie heimlich einen Kater? Neulich war in der Katzenfutterpost ein Fragebogen: »Ergründen Sie das geheimnisvolle Wesen Ihrer Katze!« Paola war nicht da. Ich las und dachte: Und wenn ich eine Katze wäre? Paolas Kater? Ergründe mich!, dachte ich. Warum ergründest du mich nicht? Dann nahm ich den Fragebogen und ergründete mich selbst.
    Zum Beispiel stand da: »Sie möchten mit Ihrer Katze spielen und werfen ihr ein zusammengeknülltes Papier zu? Wie reagiert sie?«
    Wie würde ich reagieren, dachte ich. Wieso wirft sie mir zusammengeknülltes Papier zu, würde ich denken. Was steht auf dem Papier? Etwas, das ich geschrieben habe? Was!? Sie knüllt meinen Text zusammen und wirft ihn mir zu? Bin ich ein Hund, dass sie so mit mir umgeht, dächte ich. Ich wählte Antwort

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